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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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Diele schlagen ihnen Geräusche entgegen.
    Mein Vater ist wieder aufgetaucht; Willem macht es kurz, und Barbara verspricht, nichts zu sagen.
    Der Anlaß ist langweilig. Standpunkt und Verbindungen, und so stehen rings die Gäste; die Hälfte im Geld gealtert, die anderen zumeist teuer in Alterslosigkeit konserviert.
    Roderick ist erstaunlich rüstig; er fuchtelt mit seinem Stock, lacht; sein Sohn, Jake, ist immer noch bei den Elementarteilchen und trägt seine Anzüge von der Stange.
    Der Brauereidirektor sitzt im Rollstuhl, und seit seine Tochter die Geschäfte führt, läßt sie regelmäßig Fett absaugen und sich die Formen spritzen.
    Barbara begleitet Willem eine Weile, dann läßt sie ihn in einem Kreis um Veronika von Zerbst; Willem gibt sich geschmeidig, lacht, und dann läßt er sich lachend von Inéz herausziehen. Sie turteln ein bißchen, sie wirft den Kopf zurück, und aus dem glatten, nackenlangen Haar steigen silberne Reflexe, er riecht den Duft ihres Körpers, sie plaudern, und dann verliert er die Spanierin an einen Mäzen und seine Künstler. Willem umarmt Hector Luna, und gegen den Nachgeschmack von Ouzo und Whisky rät der Mexikaner ihm zu Limettensaft; Avocado und später Cocktails. Im Hintergrund spielt die Kapelle, Ulrike Striebeck tänzelt vorbei, Willem macht ein Kompliment und erzählt ihr vom Georgischen Schädel. Rita Schrödinger kommt dazu, und Willem erfährt, daß Hultschinek Zucker hat. Sie mußten ihm ein Bein abnehmen, das steife, sagt sie, und mit der Prothese humpelt er beinah wie früher. Laschek stößt dazu, selbstgefällig auf seine linkische Art, und Willem nimmt die Stickmeisterin, schlendert mit ihr und will wissen, was sie über die jungen Sprayer-Typen heutzutage denkt. Er verliert sie im grölenden Deutschmeister-Kreis, und dann steht Katja Bloch vor ihm. Er umarmt sie, und gemeinsam schlendern sie ans Büfett. Willem entscheidet sich für Avocado und Fisch, und danach, an der Bar, erzählt Katja von ihrem Mann. Boris, sagt sie, geht es nicht gut. Die Vergangenheit hält seine Gegenwart fest umklammert, er leidet an der Familiengeschichte. Sie schaut Willem in die Augen. Sie weiß seine Anteilnahme zu schätzen, und dann winkt sie nach Hector Luna. Bestellt sich einen Apple-Jack-Rabbit, Willem schließt sich an, nimmt vorweg noch einen Limettensaft, und so stehen sie bald da, plaudern, und manchmal bringt er Katja auch zum Lachen.
    Deutschmeisters eine Gesichtshälfte ist nach einem zweiten Schlaganfall gelähmt. Doch nicht Starre oder Sabber machen den Anblick, sondern der farbliche Schnitt, und wenn er draufgeht und dröhnt, ist es um die weiße Hälfte reduziert. Doch auch mit halber Kraft kann er noch mehr geben als die meisten, und wenn er Willem in herausfordernder Art seine taube Wange bietet, macht Willem das Spielchen mit, gibt dem Deutschmeister einen Klatscher, und es gibt immer wieder Gäste, die darauf hereinfallen. Und natürlich ist es dann Deutschmeister, der als erster in die Stille poltert.
    So hat Willem mit der Party kein Problem; er trinkt, macht einen Witz, und wo sich Gelegenheit bietet, entwirft er Standpunkte oder stellt Verbindungen her. Und sobald jemand nachhakt, holt er womöglich Zoologie oder Verhaltensforschung vor, zeigt synergetische Effekte, zeigt Kollaps auf und bündelt alles in der Naturwissenschaft – Kinderschändung, vergiftete Lebensmittel, Weltmacht oder globale Wirtschaftskrise; doch zuletzt ist es egal, wie die Phänomene benannt werden, weil die Ursache und der Weg zu den Phänomenen gleichbleiben. Und auch rings die Reaktionen bleiben gleich, wenn er seinen Blickwinkel mit Beispielen aus der Evolution belegt: Sobald er die Wege zu Überspezialisierung und Degeneration offenlegt, nicken sie, und dann wollen sie wissen, ob sich daraus Kapital schlagen läßt.
    Er stößt mit dem Kykladenreeder an, mit Visconti, und als er Karin Lund trifft, macht sie ihn mit einem Mann bekannt, der auf Schwimmbäder spezialisiert ist. In der Wüste, sagt er, und ausschließlich für Pferde, und bald vergrößert sich die Traube um diesen Mann, die Wüste erscheint mit biblischer Wucht, und er berichtet davon, wie er jedesmal vor dem gleichen Dilemma steht. Weil man zuerst eine Piste braucht, um die Raupen und Kipper anzufliegen, und wie gerade Raupen und Kipper unerläßlich sind für den Ausbau

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