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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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Glas die Wasserlinie auf, manchmal kippt der Himmel hinein. Nachdem er die Koje bezogen hat, liegt er bis in die Abendröte.
    Der mit dem Schnauzer steht am Pult. Ein Fleischerbeil liegt neben ihm, er hat die Kapitänskleider gegen Pepita getauscht. Er schiebt den Telegraphen auf Volle Kraft, nimmt das Beil und ist verschwunden. Gleich darauf steckt sein Kopf schon wieder in der Tür. Was halten Sie von einem abgängigen Franzosen zum Kükenragout?
    Es ist geschmeidiges Vorankommen und raumer Wind, wie die Ramows sagen. Der Dampfer reitet die Wellen ab, seine Nase bleibt unter Wasser, und hinten zieht er die blanke Spur. Voraus kann Willem sehen, wie der Osten sich in die Abendröte schiebt; einmal noch glimmt die Kimm, dann löst dunkle Körnung die Sphären auf, und zur Nacht spaziert er mit Fahrt, spaziert dagegen, und die Sternbilder über ihm erscheinen fremd und in nie gesehener Fülle.
    Regelmäßig steht der Schnauzbärtige in der Kombüse, und der mit der Zahnlücke trägt auf. Es gibt gut zu essen, die Männer sind entspannt, zur Koffie-Time trinken sie Gebrannten, und manchmal lachen sie bis in die Nacht.
    Der Dampfer reitet voran, Fregattvögel folgen seiner Spur, und bald scheint die See von warmer Strömung durchzogen. Glasaale treiben dahin, und morgens segeln Fische durch den Dunst. Inseln tauchen auf, Reflexionen zuerst, dann Striche vor dem Horizont, und einmal meint Willem im Fernglas tropische Vegetation zu erkennen, ein anderes Mal dann die steile Kliffküste Helgolands. Zum Abend verfärbt sich wieder die Welt, die gekrümmte Linie glüht auf, dann wächst ein schwarzes Loch in den Raum, und zur Nacht spannt sich die Milchstraße wie ein Kristallbogen.
    Der Luftdruck fällt unerwartet, milchige Transparenz unterzieht das klare Blau, und bald steht ein großer Hof um die Sonne. Der Rauch aus dem Schornstein wabert über Deck, und die Ramows verteilen Ölzeug und Südwester. Zur zweiten Koffie-Time verdunkelt von Westen her die See, und die Männer stehen mit dem Fernglas. Sie entscheiden, ein paar Grad nach Steuerbord zu ziehen, dann schließen sie die Lüfter und machen die Luken dicht. Der Himmel senkt sich herab, glattgeschliffen, ein tiefes Lila, und wie Spiralwirbel flammen manchmal Lichter dahinter auf. Sie stehen im Ruderhaus, sie haben Gurte, um sich festzulaschen. Auch die See ist glatt, voraus die Dunkelheit ein Loch, und aus dem Horizont steigen Blitze. Bald verschmiert die Kimm, bald verschmieren See und Himmel, und dann spüren sie den Wind. Erste Tropfen zerplatzen auf den Scheiben, dahinter treiben Blasen auf und Schaum. Der Dampfer stößt in eine Wolke, er wird von einer Welle hochgetragen, steigt, fällt zweimal kurz, und das Eisen zittert. Dann wird er erneut hochgetragen, seine Nase stößt aus dem Wasser, und unter ihm vertieft sich aller Raum. Als er wieder einfällt, verschwindet der Bug in Blasen und Schaum, Deck und Aufbauten werden überrollt, und hinter den Scheiben zerstäuben Himmel und See. Die Vorhänge um den Kartenraum stehen waagerecht, das Stampfen der Zylinder ist nicht zu orten. Und so sucht der Dampfer seinen Rhythmus; taucht ein, die Nase kommt wieder hoch, und aus dem Ruderhaus sehen die Männer, wie die Wellenberge sich bis über den Schornstein erheben. Manchmal wird der Dampfer noch geworfen, wird in die Tiefe gezogen, manchmal steht eine Wasserwand vor dem Ruderhaus, und die Männer hängen hinter den Scheiben wie schwerelos, oder ihre Füße schlagen auf den Boden. Das Eisen ächzt, das Eisen wird gemalmt, doch zuletzt findet der Dampfer seinen Weg und zieht geschmeidig über wogende Berge und hinein in Täler, die tief erscheinen wie ein schwarzes Loch.
    Zum Abend geht Willem in die Kombüse. Die Töpfe sind im Boden verankert, an einer Stange pendelt schweres Geschirr. Hinter den Bullaugen wechseln See und Himmel, der Kapitän steht an einem Hackbrett und pfeift. Die Mütze steckt in der Pepitahose, die Fische auf dem Brett riechen nach faulen Gurken.
    Später sitzen sie in der Messe, und der Steward serviert Backstinte. Er klettert und bremst gegen das Rollen, balanciert das Tablett mal auf einem Arm, mal auf dem anderen. Während des Essens kugeln die Stinte, die eingesteckten Servietten klappen den Männer vom Hals, klappen zurück, und abends markiert der Gebrannte in den großen Schwenkern diesen Takt. Als sie sich in die

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