Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
damit zu tun haben, mich um Grimmgour zu kümmern. Es ist Zeit für Euch, zu gehen.«
Mit Bedauern stellte Nalkaar fest, dass Rajuru die Kehrseite des Seelenfressens sehr schnell erkannt hatte und nicht leicht zu täuschen war. Dennoch hegte er eine vage Hoffnung, dass die Zeit des Leidens in den alles verzehrenden Flammen nur kurz sein würde. Rajuru war eitel. Er hatte mit Genugtuung beobachtet, wie sie sich im Spiegel betrachtete. Ihre euphorischen Gedanken waren in jenem kurzen Augenblick der Unaufmerksamkeit nicht schwer zu erraten. Bald schon würde sie ihn zu sich rufen und ihn erneut um Beistand bitten. Das hoffte er jedenfalls. Bis dahin musste er wohl oder übel die Qualen aushalten.
Er nahm den Schattendolch in beide Hände und führte die Spitze an seinen Hals. Sie fühlte sich kalt und heiß zugleich an, als sie ein Stück seiner Haut ritzte und pulvriges, getrocknetes Blut aus der dünnen Wunde rieselte. Nalkaar schloss die Augen. Mit einem kräftigen Ruck stieß er den Dolch durch seinen Hals. Ein heftiger Schmerz durchfuhr ihn. Aus allen Ecken, aus dem Boden und von der Decke des Laboratoriums sah er die Schatten kommen, die langsam auf ihn zukrochen. Selbst aus Rajurus Blicken und aus ihrem spöttisch lachenden Mund langten sie nach dem Todsänger. Ein letzter Schrei löste sich von seinen Lippen, als ihn die Schatten vollständig umschlungen hatten, ihn mit sich in ihr Reich zerrten und den Flammen übergaben.
Hoch schlugen die Flammen, züngelten heiß an der Haut des gepeinigten Todsängers entlang. Der Schmerz überwältigte ihn und ließ ihn alles andere vergessen. Er wusste nicht mehr, wer er war und warum er die Pein ertragen musste. Sein Körper wurde eins mit den Flammen. Ein endloses Meer der Schmerzen umgab und quälte ihn. Ein Sterblicher hatte das Glück, dass ihn ein Feuer verbrannte und die Qualen irgendwann ein Ende hatten. Diese Hoffnung gab es in den Flammen der Pein nicht.
Das Leiden hatte begonnen.
Und in Krawahta erhob sich ein neuer Krieger. Mächtiger, gefährlicher und grausamer als jemals zuvor. Von Hass erfüllt war sein einziger Gedanke Rache. Der Name des Kriegers war Grimmgour, genannt der Schänder.
V ORBEREITUNGEN
D ie Vorbereitungen für die Zeremonie der Vereidigung waren in vollem Gange. Schnell hatte sich in den beiden Häusern herumgesprochen, dass ein neues Band zwischen einer Orna und einem Bewahrer geknüpft werden sollte. Die Namen Elischa und Chromlion machten überall die Runde. Seit geraumer Zeit schon hatte es keine solchen Feierlichkeiten mehr gegeben. Die Grenzkriege, der Eroberungsfeldzug der Rachuren und ein Mangel an frei verfügbaren Bewahrern hatte schließlich dazu geführt, dass die Wartelisten der Orna länger und länger geworden waren. Lediglich drei Anwärter standen in wenigen Monden vor dem Abschluss ihrer Prüfungen zum Bewahrer und es war keineswegs sicher, ob überhaupt einer der Kandidaten die Aufnahme in den Stand der Bewahrer schaffen würde.
In den Häusern des hohen Vaters und der heiligen Mutter herrschte deshalb seit Langem wieder so etwas wie hektische Betriebsamkeit. Nahezu alle halfen bei den Vorbereitungen eifrig mit. Die Ereignisse der vergangenen Wochen waren nahezu vergessen oder wurden angesichts der Vorfreude über die Festlichkeiten verdrängt. Wen kümmerte da der Mord an einem Lordmaster oder die Gefangennahme eines ehemaligen Helden, wenn es weit Wichtigeres zu erledigen gab?
Beide Häuser wurden innen wie außen auf Hochglanz gebracht. Der Versammlungsplatz im Haus des hohen Vaters gefegt und feierlich mit Blumen, Fackeln und bunten Girlanden geschmückt. Das Band wurde für die Vereidigung bereitgelegt.
Die Erwartungen an eine gelungene Zeremonie waren bei den meisten Brüdern und Schwestern der Orden groß. Es war von jeher etwas ganz Besonderes, wenn eine Orna das Band mit einem Bewahrer knüpfte. Nicht nur das feierliche Ereignis selbst gab Anlass zur Freude, sondern auch das gesamte Drumherum. Es wurde mit Musik, Tanz und einem gemeinsamen Festessen richtig gefeiert. Drei Tage dauerten die Festlichkeiten. Die Vereidigung selbst nahm dabei nur wenige Horas in Anspruch.
Das Band galt als die Vollendung der langen Ausbildung und als die einzig wahre Bestimmung einer Orna und eines Bewahrers. Erst die Zeremonie machte sie zu dem, wofür die Orden standen, zu vollwertigen Hütern von Ulljans Erbe und des Gleichgewichts auf Kryson.
Eine Orna, die das Band geknüpft hatte, durfte das Haus jederzeit in
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