Kryson 02 - Diener des dunklen Hirten.epub
Kutsche helfen.«
»Ihr habt Euch viel Zeit gelassen«, meinte Nalkaar mürrisch. »Ich hoffe nur, Euer Pferd wird die Reise ins Land der Rachuren durchstehen.«
»Och, nur immer langsam und gemütlich bleiben. Wisst Ihr … ich hatte einen weiten Weg bis zu Eurem Versteck am Faraghad. Aber habt keine Sorge«, erwiderte der Kutscher ruhig und gelassen, »die alte Mähre ist unverwüstlich. Vielleicht nicht mehr die schnellste, aber sie wird Euch überall hinbringen, wohin Ihr wollt. Sie hat den Kontinent Ell schon mehrfach rauf und runter gesehen und kennt alle Wege. Nicht wahr, mein Mädchen? Ich habe Möhren, Äpfel, Hafer und Wasser auf die Kutsche gepackt. Das sollte für die Reise reichen. Gebt dem Pferd regelmäßig davon, dann wird es Euch bis nach Hause treue Dienste leisten.« Er tätschelte freudestrahlend den Hals des erschöpften Tieres.
»Euer Freund hier sieht hingegen jämmerlich aus«, setzte der Kutscher besorgt die Stirn runzelnd fort. »Um ihn solltet Ihr Euch mehr Gedanken machen als um das Pferd. Wisst Ihr … ich kannte mal einen Krieger, der hatte beide Beine in einer Schlacht verloren, aber der konnte wenigstens noch arbeiten und sich mit den Armen fortbewegen. Ein anderer hatte bei einem Minenunfall die Hände eingebüßt, aber der konnte seine Beine benutzen und lernte mit den Zehen zu essen und zu malen. Tolle, bunte Gemälde. Dieser hier jedoch …«
»Stopf dem Kerl endlich das Maul, Nalkaar«, raunte Grimmgour ungehalten, »bevor er einen Fettfleck in der Landschaft hinterlässt, nachdem ich ihn plattgemacht habe. Ich ertrage das Geschwätz nicht länger.«
»Wie Ihr seht … ihm geht es den Umständen entsprechend gut«, murmelte Nalkaar, »sofern sich das über einen Krieger ohne Arme und Beine und seiner Männlichkeit beraubt überhaupt sagen lässt.«
»Nun denn, vielleicht entspricht das der Wahrheit. Wer will ihm die schroffe Höflichkeit auch verdenken? Er hat ja Eure werte Gesellschaft«, schmunzelte der Kutscher, »da wird es ihm bestimmt an nichts mangeln. Soll ich ihn für Euch auf die Ladefläche der Kutsche wuchten?«
»Verlieren wir nicht noch mehr Zeit. Ich bitte darum«, antwortete Nalkaar.
Der Kutscher bückte sich und hob den verstümmelten Körper des Anführers der Rachuren mühelos auf die Pritsche des Wagens. Wenigstens hatte der Mann starke Arme, wie Nalkaar zufrieden feststellen musste. Der Todsänger hatte seit Tagen keine Seelennahrung zu sich genommen. Er fühlte sich schwach und hungrig, als er dem Kutscher bei der Arbeit zusah. Leise, kaum hörbar, begann er ein unscheinbares Lied zu summen.
»Was ist das für ein Lied? Es hört sich seltsam traurig an?«, fragte der Kutscher, den Kopf neigend, ohne Verdacht zu schöpfen, während er das Pferd hinter dem Wagen losband. Der Mann lauschte gebannt den sanften Klängen, die sich leise und eindringlich von den Lippen des Todsängers lösten. Eine Träne lief langsam über seine Wange. Plötzlich schüttelte er energisch den Kopf und nahm das Gespräch wieder auf, als ob nichts gewesen wäre: »… wenn ich Euch einen guten Rat geben dürfte, bevor ich mich wieder auf den Rückweg mache?«
»Nur zu, ich werde Euch nicht daran hindern können«, grummelte Nalkaar missmutig, der sich ertappt fühlte und dem der fröhlich geschwätzige Kutscher allmählich auf die Nerven fiel.
»Nehmt nicht den Weg durch den Faraghad. Das wäre zu gefährlich für Euren wehrlosen Freund. Es wimmelt darin vor Baumwölfen und allerlei unbekannten Gefahren. Das Herz des Waldes ist verhext. Pferd und Kutsche finden sich außen herum wesentlich besser zurecht. Selbst wenn die Strecke auf den ersten Blick länger erscheint. Im Augenblick habt Ihr die besten Möglichkeiten, nicht gesehen zu werden. Die Klan sind mit sich selbst beschäftigt. Ihr werdet auf diese Weise schneller und sicherer an Eurem Ziel ankommen«, riet er.
Inzwischen hatte er sich von der Pritsche der Kutsche aus ächzend auf sein Pferd geschwungen, dessen Rücken sich unter der Last des schweren Reiters deutlich sichtbar durchbog.
Nalkaar hörte sich zu seiner eigenen Überraschung bei dem Kutscher bedanken, stieg auf die Kutsche, nahm die Zügel in die Hand und fuhr los. Wieder hatte er eine Gelegenheit verpasst, seinen Hunger zu stillen. Das ärgerte ihn. Sich durch seine Nachgiebigkeit in weitere Not zu bringen, lag nicht in seiner Absicht. Allzu lange durfte er jedenfalls nicht mehr warten, sich ein geeignetes Opfer für die dringend benötigte
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