Kryson 05 - Das Buch der Macht
ihre Macht und gründete die Orden als Gegengewicht zu den magischen Brüdern. Nachdem dies vollbracht war, musste sein Geist vernichtet werden. Diese Aufgabe dachte er den Saijkalrae zu, die sie in ihrer Machtbesessenheit, ohne zu zögern, erfüllten. Ulljan starb und sein Plan ging über eine sehr lange Zeit auf. Bis zu jenem Tag, an dem die Lesvaraq wiedergeboren wurden. Er hat sie jedoch nicht dazu auserkoren, sein Erbe anzutreten. Im Gegenteil, er würde verhindern wollen, dass sie dieses Erbe jemals bekämen.«
»Ich kenne die Schriften Ulljans, soweit sie gefunden wurden und den Orden bekannt sind«, sagte Yilassa und sah die heilige Mutter dabei mit einem eigenartigen Gesichtsausdruck von der Seite an. »Eure Auslegung der Schriften ist sehr gewagt. Sie bedeutet, sich gegen die Lesvaraq zu stellen und ihnen das Erbe zu verweigern.«
»Ihr habt es erfasst«, sagte Elischa trocken.
»Ihr wendet Euch gegen Euren eigenen Sohn?«
»Ich habe ihn nach Kryson gebracht, das ist wahr«, meinte Elischa, »aufgezogen habe ich ihn jedoch nicht. Ich bin mir daher nicht sicher, ob er noch mein Sohn ist und ob er es überhaupt jemals war.«
Yilassa blieb erneut stehen und wandte sich Elischa zu, um sie direkt anzusehen.
»Wir sind zu schwach, um es mit den Lesvaraq aufzunehmen«,sagte Yilassa leise im Flüsterton. »Ich verrate Euch jetzt ein Geheimnis.«
Der hohe Vater brachte seine Lippen ganz dicht an Elischas Ohr. Die heilige Mutter konnte den schlechten Atem des hohen Vaters riechen.
»Er ist hier«, flüsterte Yilassa.
»Wer ist wo?«
»Der Lesvaraq Tomal«, fuhr Yilassa fort, »ganz nah bei mir. Ich kann seine Worte manchmal hören, wenn er spricht.«
»Was soll das bedeuten?«, fragte Elischa.
»Ihr dürft nicht so laut sprechen, heilige Mutter. Ich bitte Euch, er könnte uns hören.«
»Ich verstehe Euch nicht. Ich wüsste davon, würde er sich in den Ordenshäusern aufhalten. Seid Ihr von ihm besessen?«
»Nein«, empörte sich Yilassa, »das ist es nicht. Aber jemand, der mir sehr nahesteht, ist mit ihm verbunden.«
Der hohe Vater sprach in Rätseln. Elischa starrte Yilassa durchdringend an, als wollte sie ergründen, was in ihr vorging. Sie hatte diese Fähigkeit wie einige ihrer Ordensschwestern. Aber sie hatte sie in der Vergangenheit nicht oft eingesetzt und war aus der Übung. Doch da war etwas in den Augen Yilassas, was Elischa Angst einjagte. Große Angst.
»Das dunkle Mal«, kam ihr ein Gedanke, »der Fluch des Bluttrinkers ist zurück. Und etwas, das von Yilassa Besitz ergriffen hat und ihre Seele frisst. Ich kann es sehen ... und riechen.«
Der Geruch kam ihr bekannt vor. Unangenehm, abstoßend. Er löste dunkle Erinnerungen in ihr aus. Da verstand Elischa, dass die Wurzel allen Übels unmittelbar vor ihr stand. Yilassa war der Grund für den Verfall des Ordens. Sie war der Wirt des Bösen, besessen von der dunklen Schattengestalt, die Elischa als Gefäß kennen- und fürchten gelernt hatte. Ihr war allerdings nicht klar, was das Gefäß mit Tomal zu tun hatte. Hatten sich er und der Lesvaraq zusammengetan?
»Was treibt Ihr in den Verliesen unter dem Haus des hohen Vaters, Yilassa?«, verlangte Elischa zu erfahren.
»Ihr denkt an unsere kleinen ausgelassenen Feierlichkeiten?«, antwortete Yilassa wieder betont freundlich. »Fragt Eure Schwestern. Sie sind immer gerne bei uns gesehen und bereiten den Sonnenreitern und Bewahrern stets großes Vergnügen. Sie sind geschickt, süß und … befriedigend. Wollt Ihr nicht selbst einmal an einem unserer fröhlichen Freudenfeste der Sinne teilnehmen?«
»Sicher nicht! Ich werde Eure Orgien künftig verhindern. Aber das wollte ich nicht wissen. Habt Ihr den Fluch weitergegeben?«
»Ach«, lächelte Yilassa, »die paar Bluttrinker und Kriecher sind doch kaum der Rede wert.«
»Yilassa!« Das blanke Entsetzen stand in Elischas Gesicht geschrieben. »Wie konntet Ihr?«
Die Lage der Orden war weit schlimmer, als sich das in ihren Albträumen ausgemalt hatte. Zornig hob sie ihren Donnerdornstab und schlug ihn Yilassa gegen die Stirn. Der hohe Vater wurde überrascht, verdrehte die Augen und kippte um. Die heilige Mutter hatte nicht die Absicht, den hohen Vater zu verletzen. Weder war der Schlag stark noch sonderlich gut gezielt gewesen. Aber nun lag Yilassa zuckend und mit blutigem Schaum vor dem Mund vor ihr auf dem Boden und atmete schnell und unregelmäßig.
»Es tut mir leid«, entschuldigte sich Elischa und beugte sich mit sorgenvollem
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