Kubu und der Tote in der Wueste
mit zum Frühstück: Warum hatte man die Leiche ausgerechnet nahe an einem Wasserloch abgelegt, zu dem von der Lodge aus Touren unternommen wurden? Er vermutete, dass Bongani ihm mit seiner Süßwasser-Theorie die Antwort geliefert hatte. Es war der ideale Ort, um eine Leiche loszuwerden. Das Wasser zog das Wild an, und wo es Wild gab, gab es auch Hyänen, und Hyänen fraßen alles, sogar die Knochen.
Während er sich einen großen Teller Obstsalat nahm – der perfekte Auftakt für ein gutes Frühstück –, musste Kubu sich eingestehen,
dass noch wesentlich mehr Fragen offen waren. Seine Haut prickelte, ein Zeichen dafür, dass sein Jagdinstinkt geweckt war.
Er sah, dass Bongani allein an einem Tisch saß, ignorierte die Versuche des Kellners, ihn in seinen abgelegenen Winkel zu lotsen, und marschierte stattdessen zu dem jungen Wissenschaftler hinüber.
»Darf ich mich zu Ihnen setzen?«, fragte er. Bongani nickte mit vollem Mund und zeigte auf einen Stuhl. Er wirkte jedoch nicht besonders begeistert. Kubu stellte seinen Obstteller hin und belohnte die Aufmerksamkeit des Kellners, indem er eine große Tasse Kaffee mit heißer Milch und Vollkorntoast bestellte. Dann kehrte er zum Büfett zurück und holte sich dort Eier, Schinken, Tomaten, Pilze und gebackene Bananen. Als er wieder an den Tisch kam, hatte Bongani sein Frühstück beendet und nippte an seinem Kaffee.
»Wo sind die Mörder hergekommen, und wohin sind sie gefahren?«, fragte Kubu und machte sich ans Essen. »Sie können nicht aus der Gegend gewesen sein. Das hier ist ein Reservat.
Wie können sie hier hereingelangt sein, ohne dass jemand sie gesehen oder ihre Personalien überprüft hat?«
Das hatte sich Bongani auch schon gefragt. »Das Reservat umfasst ein riesiges Gebiet, eines der größten kontrollierten Areale der Welt. Dutzende Wege führen von den umgebenden Jagdrevieren und Viehweiden aus hinein. Wenn man sich ein bisschen auskennt, ist es einfach, ungesehen hineinzugelangen.«
Kubu schluckte diese Information zusammen mit dem letzten Stück Frühstücksspeck hinunter. Er rief den Kellner, um noch mehr Kaffee zu bestellen, änderte dann aber seine Meinung und orderte eine Portion mieliepap, Maisbrei mit Vollmilch und Honig.
»Meine Frau setzt mich zu Hause immer auf Diät«, erklärte er Bongani. »Wenn ich unterwegs bin, gönne ich mir dann ein paar kleine Extras.«
Bongani faltete seine Papierserviette zusammen und machte Anstalten, aufzubrechen.
»Wissen Sie, Ihre Süßwasser-Theorie erscheint mir äußerst plausibel. Ein fix und fertiges Leichen-Entsorgungssystem könnte ein bisschen Fahrerei wert sein. Ich habe es gestern für nicht so wichtig gehalten, deshalb haben wir am Wasserloch selbst nicht angehalten. Vielleicht war das ein Fehler. Gibt es einen Ranger, der mich rausbringen könnte?«
»Ich fahre Sie«, bot Bongani spontan und unerwartet an. »Ich habe noch keine Gelegenheit gehabt, die Wasserproben zu nehmen, die ich brauche, um herauszufinden, wieso die Tiere gerade dieses Wasser besonders mögen. Andries war zu sehr in Eile, nachdem wir die Leiche gefunden hatten. Wir können los, sobald Sie fertig sind. Ich hole den Landy und erwarte Sie draußen.« Und weg war er, ehe der verdatterte Detective sich auch nur bedanken konnte. Heute Morgen wirkte Bongani relativ locker. Wer weiß, was ihn gesternAbend so nervös gemacht hatte?
Auf der Fahrt zum Wasserloch erfuhr Kubu weitere Einzelheiten über Dr. Bongani Sibisi. Er stammte aus einer kleinen Stadt in der Kalahari namens Sojwe und war ein brillanter Schüler und Student gewesen. Nachdem er seinen Abschluss an der Universität vonBotswana gemacht hatte, erhielt er ein Stipendium der Universität von Minnesota, an der angesehenen Fakultät für Ökologie, wo er seine Studien mit einer Promotion abschloss. Sein derzeitiges Forschungsprojekt war mit dem Vorhaben des Ministeriums für Naturschutz und Nationalparks verbunden, die Belastbarkeit von Trockenregionen zu untersuchen.
»Ich bin an der Universität von Botswana angestellt, verbringe aber den größten Teil meiner Arbeit mit Feldstudien. Inzwischen kenne ich Botswana wie meine Westentasche.«
»Und diese Reisen werden alle bezahlt?«, fragte Kubu.
Bongani lachte. »Nein, nein, dafür hat die Universität kein Geld, und das Ministerium beschäftigt seine eigenen Leute. Sie öffnen mir nur die nötigen Türen, zum Beispiel in der Lodge.«
»Das muss aber viel Geld kosten«, mutmaßte Kubu, »so viel
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