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Kühlfach betreten verboten

Kühlfach betreten verboten

Titel: Kühlfach betreten verboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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neben einem schwedischen Kombi, einem Porsche 911   Targa von 1972 und einer viertausend Euro teuren Alugurke auf zwei Rädern.
    Niclas wusste sofort, wie das Geschoss hieß. Mit riesigen Augen flog er eine Runde und bekam die Klappe gar nicht mehr zu.
    »Boah ey, ein R8.«
    »R8   GT«, korrigierte ich. Eins von den dreihundertdreiunddreißig limitierten Exemplaren in echt zu sehen ist längst nicht jedem Erdling vergönnt.
    »Alukarosserie, V-1 0-Motor , 5,2   Liter Hubraum, 560   PS.   In 3,6 von null auf hundert. Mittelmotor, Trockensumpfschmierung, Kaufpreis ungefähr zweihunderttausend Euronen.«
    Jetzt standen alle Quatschklappen offen.
    »Autofahren ist nicht gut für die Umwelt, sagt meine Mami«, teilte die Zahnspange mit.
    »Die kann sich bloß kein Auto leisten«, sagte Niclas.
    »Okay, wir machen mal ein bisschen Spaß«, eröffnete ich meinen Azubis.
    Dazu muss man wissen, dass dieses Baby eine Extraausstattung hatte, die man nicht von der Stange kaufen konnte: Eine Onlineverbindung zu Papis Smartphone. Damit konnte Norbert Neureich jederzeit den Bordcomputer auslesen. Wann er wo wie schnell gefahren war, wie viele Umdrehungen sein Schmuckstückchen gemacht hatte, wie viel Sprit verbraucht, welche Durchschnittsgeschwindigkeit sich dadurch ergab und wie der Zustand von Keramikbremsscheiben und magnetorheologischem Dämpferfluid war. Da die Karre nicht zum täglichen Berufspendeln benutzt wurde, waren alle Daten im grünen Bereich   – bis auf den Spritverbrauch natürlich. Das wollte ich ändern.
    Fast jeder Angehörige eines westlichen Industrievolkes und inzwischen sogar Nachthemden-, Fellhosen- und Penisköcherträger wissen, dass man Computer hacken kann. Was die wenigsten auf dem Schirm haben, ist, dass man natürlich auch Autos hacken kann. Autos haben Bordcomputer. Diese Dinger werden üblicherweise mit einem Chip ausgerüstet, der alle Funktionen draufhat, die der Hersteller in seinen Supersonderausstattungskatalogen gegen Aufpreis anbietet. Also Fensterheber per Fernbedienung, elektronische Sitzverstellung, Reifenluftdrucksensor, die Reihe lässt sich fortsetzen. Wenn man nun den richtigen Code an der richtigen Stelle in die Software des Bordcomputers einfügt, sind alle diese bei Basismodellen geblockten Funktionen sofort verfügbar.
    Andersherum funktioniert es allerdings auch.
    Nun sind wir Geister nichts anderes als elektromagnetischeWellen, und wenn der Bordcomputer drahtlos mit dem Handy verbunden ist, wenn also beide Schnittstellen aktiv sind, kann eine kleine elektromagnetische Welle sich durchaus dazwischenschalten und für ein bisschen Unordnung in der Elektronik sorgen. Genau das hatte ich vor.
    Ich nahm Anlauf, konzentrierte mich auf die Schnittstelle und kreiselte ein bisschen herum. Die Zentralverriegelung öffnete die Türen, die Warnblinkanlage ging an und der Surroundsound blies ein basslastiges Getöse in die Garage. Immerhin hatte ich nicht die Feststellbremse gelöst, da war ich schon erleichtert, denn diese Art der Bordcomputermanipulation ist ein bisschen, äh, grobmotorisch.
    »Wie hast du das gemacht?«, fragte Bülent begeistert.
    »Geil«, kommentierte Niclas.
    »Hoffentlich hast du nichts kaputtgemacht«, murmelte Jo.
    »Das gehört sich nicht.« Logo, die Zahnspange.
    Im Haus wurde es hektisch. Licht an im Esszimmer, Licht an im Flur, Licht an in der Eingangshalle, Summen an der Garagentür, und dann stand er da, der Hausherr, auf Korkfußbetten, Handy in der Hand und ein megadämlicher Ausdruck im Gesicht.
    Er schloss die Karre auf, ich schloss sie zu. Er schloss sie auf, ich ließ ihm seinen Willen. Er setzte sich rein, ich schloss die Karre zu. Ließ den Motor an. Jetzt wurde er hektisch.
    »Lass das«, quengelte Edi.
    »Weiter!«, brüllte Niclas.
    Bülent schwieg fasziniert, Jo war unentschlossen. Ich hatte den Eindruck, dass der echte Junge in Jo die Vorstellung geil fand und genoss, der Minipädagoge jedoch Bedenken hatte. Aber heute sollte mal der echte Junge gewinnen.
    Der Audinator verfiel derweil in Panik. Er drückte aufseinem Funkschlüssel herum, haute auf jeden Knopf, von dem er sich Hilfe versprach, und vergaß nur eins, nämlich die Verbindung zu seinem Handy zu trennen. Ohne diesen offenen Kanal hätten wir keine Chance gehabt.
    Ich wollte die Karre nicht zu Klump fahren und hatte irgendwann genug Bordelektrik an- und wieder abgeschaltet, sodass mir langweilig wurde. Ich stellte alle Interventionen ein, und der Audinator beruhigte sich

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