Küss mich später: Marsden 1 - Roman (German Edition)
Augen nieder.
Ella beugte sich über den Tisch. »Ach, Schätzchen, es ist doch keine Schande, wenn du für dich sorgst und dich schützt. Eigentlich ist das ja die Aufgabe deiner Eltern, aber sie waren dazu eben nicht in der Lage, aus welchen Gründen auch immer.« Diese weisen Worte aus dem Mund einer fürsorglichen Mutter bestärkten Cara erneut in ihrem Entschluss.
Sie hob den Kopf. »Das hat Mike auch gesagt.«
»Wusste ich’s, doch, dass ich den Jungen richtig erzogen habe.«
Cara nickte. Mike war wirklich ein durch und durch anständiger Kerl.
»Aber du hast trotzdem Gewissensbisse«, stellte Ella fest. Sie ließ einfach nicht locker.
Cara seufzte. »Ich verstehe sie einfach nicht, und ich komme mir abwechselnd wie ein egoistisches Gör oder wie eine selbstgerechte Kuh vor. Mir ist immerhin klar, dass sie in einer komplizierten Welt lebt, auch weil ich in Havensbridge oft mit Frauen wie ihr zu tun habe.«
»Aber du regst dich über etwas auf, das du nicht in der Hand hast.« Ella ergriff ihre Hand.
Bei der tröstenden Geste hatte Cara unvermittelt einen Kloß im Hals.
»Ich weiß nur zu gut, wie es ist, wenn man an sich selbst und seinen Entscheidungen zweifelt«, fügte Ella leise hinzu.
»Im Ernst?« Auf Cara hatte sie bislang immer einen äußerst selbstsicheren Eindruck gemacht.
»Na, du kennst doch die Hintergründe meiner Ehe mit Simon, oder?«
Cara wusste nicht recht, worauf genau Ella anspielte. »Ich weiß, dass du vor Simon mit einem anderen Mann zusammen warst«, sagte sie vorsichtig.
»Ganz recht. Ich wurde von ihm schwanger, und er hat mich sitzen lassen«, sagte Ella unverblümt.
Cara blinzelte, überrascht von ihrer Offenheit.
»Simon war mein bester Freund, und er hat sich sofort bereit erklärt, einzuspringen und für mich zu da zu sein – sprich, er hat angeboten, mich zu heiraten und mein ungeborenes Kind zu adoptieren.«
»Und das war eine schwierige Entscheidung?«, fragte Cara.
»Ja.« Ella senkte den Blick. »Es kam mir einfach nicht fair vor.«
Cara verspürte ein Ziehen in der Brust in Anbetracht ihrer Ehrlichkeit. »Du hast Mikes leiblichen Vater wohl sehr geliebt.«
Ella nickte. »Ja, das habe ich, aber er war nicht der Mann, für den ich ihn gehalten habe.«
Ganz im Gegensatz zu Simon, dachte Cara.
»Aber auf Simon konnte ich mich verlassen. Meine Liebe zu ihm entspringt dem Bewusstsein, dass er ein aufrichtiger, solider Kerl ist, und sie wurde mit jedem Ehejahr, mit jedem Kind stärker. Ich liebe das Leben, das wir zusammen geführt haben.«
Cara lächelte. Die Marsdens waren immer ein leuchtendes Vorbild gewesen, ein Ehepaar, das man beneidete und dem man nacheiferte. »Du hast es also nie bereut?«
»Nie«, antwortete Ella ohne zu zögern. »Aber in letzter Zeit habe ich mich gelegentlich gefragt …« Sie verstummte und schüttelte den Kopf. »Ach, lassen wir das.«
»Sprich ruhig weiter«, ermunterte Cara sie, weil sie noch immer zutiefst gerührt war von Ellas Angebot. Was lag da näher, als ihr nun denselben Dienst zu erweisen?
»Nun, ich … Ich bin seit einiger Zeit mit Mikes leiblichem Vater in Kontakt«, gestand Ella ihr im Flüsterton.
»Was?!« Soweit Cara informiert war, hatte niemand etwas von Rex Bransom gehört, seit er Ella verlassen hatte. Jedenfalls hatte Mike es so dargestellt.
»Vor ein paar Wochen hat er mich via Facebook ausfindig gemacht und mir aus heiterem Himmel eine Freundschaftsanfrage geschickt. Ich war so überrumpelt, dass ich auf ›Annehmen‹ geklickt habe, ehe ich wusste, wie mir geschieht, und genau das hatte er wohl auch beabsichtigt. Danach konnte er natürlich die Familienfotos sehen, die ich gepostet habe. Er wusste, wie es uns geht und dass Mike ihm wie aus dem Gesicht geschnitten ist.« Sie sprach jetzt so leise, dass man sie kaum noch verstehen konnte.
»Und Simon weiß von nichts«, mutmaßte Cara.
Ella schüttelte den Kopf. »Er hatte gerade mit der Therapie begonnen. Und selbst wenn er gesund gewesen wäre …« Sie zitterte am ganzen Körper. »Er würde sich fürchterlich darüber aufregen, dass Rex nach all den Jahren plötzlich aus der Versenkung aufgetaucht ist und sich nach seiner Familie erkundigt hat. Wer weiß, ob ich ihm davon erzählt hätte, wenn er nicht krank gewesen wäre. Aber diese Entscheidung blieb mir ja Gott sei Dank erspart.«
»Bislang jedenfalls.« Wieder hatte Cara offenbar ins Schwarze getroffen, denn Ella lächelte wider Erwarten.
»Dir entgeht aber auch gar nichts.«
Cara
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