Kuess mich toedlich
vernünftige Teil wusste, dass er so schnell wie möglich hier raus musste, doch der neu entfachte Teil wollte bleiben. In seinem innerlichen Übermut sogar für immer!
Hier war alles, was er sich verzweifelt wünschte, und er konnte es nicht haben, ihm noch nicht einmal nahe sein. Ben stahl sich in ihr Leben und in ihre Intimsphäre und es gelang ihm nicht einmal, sich deswegen wirklich schuldig zu fühlen. Es fühlte sich absurd vertraut an, ihr näherzukommen. Sogar auf diese Art. Das alles hier war komplett verrückt.
Unvermittelt zog sich sein Herz schmerzhaft zusammen, als er mit ansah, wie selbst im Tiefschlaf weiterhin Tränen aus ihren Augenwinkeln flossen. Wie gut konnte er ihren Schmerz nachfühlen? Denn würde er wirklich schlafen, sich mehr als vier Stunden erlauben, würde er anfangen, zu träumen. Und seine Träume wären auch zum Heulen, auch wenn er glaubte, diese menschliche Fähigkeit mittlerweile verlernt zu haben. Seit seiner Kindheit oder eher seit ihm die Familie die Kindheit gestohlen hatte, hatte er nicht mehr geweint. Die einzig bewussten Tränen seines Lebens, an die er sich erinnern konnte, hatte er im Waisenhaus vergossen. Etwas, woran er in diesem Moment nicht mal ansatzweise denken wollte. Hier ging es nicht um ihn und seinen Schmerz. Hier ging es nur um sie. Aber er fühlte sich so hilflos. Er konnte nicht das Geringste tun, damit es ihr besser ging. Mit Trösten hatte er keine Erfahrungen und seine menschlichen Instinkte waren zwar da, aber sehr verschüttet. Außerdem war da noch die erschwerende Tatsache, dass Sarah schlief und nichts von seiner Anwesenheit bemerken durfte.
Wie zur Hölle tröstete man eine Frau, noch dazu eine schlafende?
Ohne Vorwarnung bewegte sich Sarah. Ben erstarrte. Eiskalter Angstschweiß trat ihm auf die Stirn. Er vermeinte, schon die Polizeisirenen heulen zu hören. Doch sie schlief weiter, hatte sich nur aus ihrer Rückenlage zur Seite gedreht. So als hätte sie sich instinktiv in seine Richtung gewandt. Sarah lag nun etwas ruhiger, den einen Arm in seine Richtung ausgestreckt. Nur ein paar Zentimeter neben dem Bettrand stand er geschockt da. Sein Herz schlug wie verrückt. Seit einer seiner Ausbilder ihm die Wasserfolter nähergebracht hatte, indem er seinen Kopf so lange in der Wanne runtergedrückt hatte, bis Ben fast ertrunken war, hatte er nicht so ein Herzrasen gehabt. Das war eine völlig unbekannte Art davon. Ben hätte die restlichen paar Jahre seines Killerlebens dafür gegeben, sich an ihre Seite zu legen, nur, um Sarah ein paar Stunden schlafend im Arm zu halten. Der Assassin kannte sich selbst nicht mehr.
Sehr auf sein Gewicht bedacht, setzte er sich langsam auf das Bett – bisher hatte er sie nur stehend betrachtet. Erst jetzt, wo er sicher war, dass sie bisher nichts bemerkt hatte, atmete er aus. Endlich trat ein entspannter, schöner Ausdruck auf ihr Gesicht. Nüchtern sagte sich Ben, dass ihr Gesicht nur so leuchtete, weil das Mondlicht auf sie fiel. Aber das Leuchten ließ ihn dennoch alles andere als kalt. Wieder kam er hoch. Dieser eine Gedanke, der lauter war als alle anderen: Er wollte sie!
Es ging nicht weg. Ben musste sie berühren. So dumm und unvorsichtig das auch war, aber er konnte nicht gehen, ohne es wenigstens zu versuchen.
Mit kaum wahrnehmbaren Bewegungen, die er so bewusst und vorsichtig wie möglich steuerte, gelang es ihm unbemerkt, sein Gewicht auf die freie Bettseite zu platzieren, ohne sie zu wecken. Erneut konnte er sich ein kontrolliert erleichtertes Aufatmen nicht verkneifen. Und als hätte es ein Teil von ihm geahnt, lehnte sich Sarahs Oberkörper kaum merklich seinem entgegen. Alles in ihm, vor allem der Mann, jubelte. Sogar ihre Wärme konnte er bereits schwach fühlen. Wie lange war es her, dass er die Wärme einer Frau genossen hatte?
Ein paar Monate. Einer dieser kurzen, halb befriedigenden One - Night -Stands, die er zum Überleben als Mann brauchte. Aber das war kein Vergleich hiermit. So etwas hatte er noch nie gefühlt. Ben brannte innerlich. Er wusste, ohne sie überhaupt je geküsst zu haben, dass sich nichts so gut anfühlen würde, wie diese Frau im Arm halten zu dürfen, und nichts damit vergleichbar wäre, tatsächlich mit ihr zu schlafen.
Sein Kopf war so berauscht von ihr und diesem Gedanken, dass er fast aus ihrem Bett gestürmt wäre, weil er sich kaum noch unter Kontrolle hatte. Das alles fühlte sich ungewohnt an. So kannte er sich nicht. Dafür hatte man ihn nie ausgebildet. Wieso
Weitere Kostenlose Bücher