Kuesse - heiß wie die Sonne Siziliens
Lebensort“ bezeichnet. Wenn es irgendeine Frau gab, die das genaue Gegenteil der verwöhnten Städterin war, mit der er verlobt gewesen war, dann war es diese bodenständige Amerikanerin. Er wollte wissen, was Isabel über sein Haus dachte. Ihre Miene verriet immer, was sie dachte. Wenn sie die Einrichtung und die Atmosphäre rustikal fand, dann würde er es sofort von ihrem Gesicht ablesen können.
Er führte sie in sein Arbeitszimmer, schaltete das Licht an und beobachtete sie unauffällig. Sie stand einfach da, nahm alles in sich auf, angefangen bei seinem Schreibtisch, der überladen war mit Papierstapeln und Akten, bis zu den weich gepolsterten Stühlen und dem niedrigen Couchtisch, auf dem sich die Fachmagazine stapelten.
Isabel schaute sich um. Den Boden bedeckte teilweise ein handgewebter Teppich mit geometrischem Muster. Der Raum war großzügig geschnitten, dabei aber behaglich. Der Duft von Leder und Holz lag in der Luft.
Dario öffnete die Fenster. Eine kühle Abendbrise strömte ins Zimmer. Von irgendwoher erklang Musik. Eine Frau sang eine Arie. Auch wenn sie die Worte nicht verstehen konnte, begriff Isabel das Gefühl in der Musik, das ihr so vertraut war, das sie tief berührte.
„Ist das aus einer Oper?“, fragte sie.
„Puccini. Mögen Sie es?“
„Es ist wunderschön. Aber es klingt so traurig.“
„Es ist traurig. Ihr Liebhaber hat sie verlassen.“
„Langsam beginne ich zu glauben, dass echte Sizilianer sehr emotionale Menschen sind.“
„Wir sind auch stolz und laut und impulsiv und leidenschaftlich.“ Seine Augen verrieten ihr, dass diese Eigenschaften alle auf ihn zutrafen. Aber sie versuchte, vernünftig zu sein. Leidenschaft und überschäumende Gefühle hatten ihr nichts als Ärger gebracht.
„Was für ein wunderbares Haus Sie haben“, sagte sie und löste ihren Blick von ihm, um die grob behauenen Deckenbalken und die breiten Bodendielen zu betrachten.
„Seit ich vor zwei Jahren hier eingezogen bin, habe ich nicht viel gemacht. Ein paar Wände habe ich rausnehmen lassen, damit die Räume größer werden.“
Das Zimmer mit seinen farbenfrohen Teppichen und den Ledersofas spiegelte seine Persönlichkeit und sein Land wider. Die körperliche Nähe zu ihm verunsicherte sie. Sie war sich seiner männlichen Ausstrahlung allzu bewusst, und spürte in jedem Moment die Stärke seines Willens. Sie ging quer durch den Raum und schaute sich einige gerahmte Fotografien an, die auf einer Kommode standen. Auf einem Bild sah man Rebstöcke, Menschen mit Weingläsern und in der Mitte einen Priester im Habit.
„Zeigt das eine Segnung der Trauben?“
„Das Bild ist einige Jahre alt, aber ja, das war an dem Tag.“
„Ich schätze, ich werde das Thema auch angehen müssen, denn ich möchte die Erwartungen der Leute erfüllen.“
„Was die Leute erwarten, ist eine Party, zu der alle aus dem Dorf eingeladen sind“, erklärte Dario. „Der Priester segnet die Trauben, und danach beginnt die große Sause. Alle stoßen auf Sie und die Ernte an.“
Sie seufzte. „Wie soll ich das schaffen? Ich glaube nicht, dass ich auch noch eine Party organisieren kann.“
„Sie riskieren eine schlechte Ernte, wenn Sie das nicht tun“, sagte er. „Es ist keine komplizierte Geschichte. Ich helfe Ihnen dabei.“
„Würden Sie das für mich tun?“
Er machte einen Schritt auf sie zu, und ein Blick in sein Gesicht ließ ihre Knie weich werden. Diesen Ausdruck hatte sie auch gestern Abend in seinen Augen gesehen, als sie dachte, er würde sie gleich küssen.
Er lächelte. Ein träges Lächeln, das sich ganz langsam bis zu seinen strahlend blauen Augen ausbreitete. Ihr Herz hämmerte, und heiß pulsierte ihr das Blut durch die Adern. Wenn er sie jetzt berührte …
Der Klang der Puccini-Arie wurde lauter. Was die Worte bedeuteten, wusste sie nicht, aber sie erkannte reine Leidenschaft, wenn sie sie hörte und wenn sie sie spürte. Die Sehnsucht in der Arie passte zum Begehren in ihrem Herzen. Das Begehren zu umarmen und umarmt zu werden. Zu küssen und geküsst zu werden. Nichts sonst.
Dieses Mal würde er sie küssen. Sie wusste es.
7. KAPITEL
Als er sich zu ihr hinunterbeugte und seine Lippen die ihren berührten, war Isabel bereit. Um die Wahrheit zu sagen, sie hatte sich nach diesem Kuss gesehnt, seit sie Dario das erste Mal gesehen hatte und noch annahm, er sei ein einfacher Arbeiter im Weinberg. Sein Kuss war so hitzig und fordernd, dass sie glaubte, zu verglühen. Sie spürte seine
Weitere Kostenlose Bücher