Küsse im Morgenlicht
es früher gewesen war...
Glücklicherweise hatte Minerva seine vier Schwestern für die komplette kommende Woche zu sich nach London geholt, sodass er und Amelia ein wenig Zeit hatten, um sich erst einmal an das Leben als Eheleute zu gewöhnen. Allein die bloße Vorstellung, jetzt, in dieser emotional so verwirrenden Phase, schon gleich frühmorgens bei der ersten Tasse Kaffee Portias und Penelopes scharfe Blicke auf sich zu fühlen, jagte Luc bereits einen Schauer des Unbehagens über den Rücken.
Er hob seine Tasse, trank einen großen Schluck und schob unwirsch die Zeitung beiseite.
Genau in diesem Augenblick kam Amelia ins Zimmer.
Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie sich zu ihm setzen würde, sondern hatte eher den Eindruck gehabt, dass sie sehr erschöpft gewesen war. Daher hatte er sie ganz bewusst nicht geweckt, sondern das warme, lebendige Bündel, als das sie an seiner Seite gelegen hatte, lieber noch weiterschlafen lassen.
Dennoch kam sie nun munter hereingeschneit, angetan mit einem hübschen, duftigen Musselinkleid, über das sich ein Muster aus zarten, lavendelfarbenen Blütenzweigen zog. Gut gelaunt und mit einem fröhlichen Lächeln begrüßte sie ihn: »Guten Morgen.«
Luc nickte lediglich und versuchte seine Überraschung darüber, sie nun hier zu sehen, rasch zu überspielen, indem er sich hinter seine Tasse duckte. Amelia wandte sich dem Buffet auf der Anrichte zu. Sogleich kam Cottsloe herbeigeeilt, um ihren Teller zu halten, während sie ihre Auswahl unter den Köstlichkeiten traf. Rasch goss der Butler ihr auch noch eine Tasse Tee ein. Dann folgte er Amelia, die sich bereits zum Tisch umgewandt hatte.
Sie steuerte geradewegs auf den Platz gleich rechts neben Luc zu.
Ein Lakai sprang eilfertig vor und zog den Stuhl für sie vom Tisch zurück. Sie lächelte. Dann setzte sie sich, wobei sie sowohl dem Lakaien als auch Cottsloe gut gelaunt für deren Mühe dankte.
Auf einen wortlosen Blick von Luc hin zogen die beiden Bediensteten sich diskret wieder zurück. Dann musterte Luc erst seine Frau und schließlich ihren großzügig gefüllten Frühstücksteller. Die Pflichten der Ehefrau, denen sie sich erst kürzlich noch gewidmet hatte, verliehen ihr offensichtlich einen gehörigen Appetit.
»Ich vermute mal, du wirst den Vormittag über beschäftigt sein - du möchtest dich sicherlich über den aktuellen Stand deiner Geschäfte informieren?« Fragend schaute sie ihn an, während sie die Gabel zum Munde führte.
Luc nickte. »Es ist jedes Mal das Gleiche. Immer wenn ich mich gerade nach Calverton Chase zurückgezogen habe, ergeben sich plötzlich irgendwelche ganz dringenden Angelegenheiten, um die ich mich unbedingt sofort persönlich kümmern muss.«
»Du verbringst den Großteil des Jahres hier, nicht wahr? Denn im Grunde lebst du doch bloß während der Ballsaison in London - und dann noch einmal ein paar Wochen gegen Ende.«
»Stimmt. Zur Ballsaison bin ich da und im Herbst, wobei ich versuche, nicht vor Ende September von hier abzureisen, lieber sogar noch später. Und bis Ende November bin ich meistens auch schon wieder hier.«
»Um an den Pirschjagden teilzunehmen?«
»Nein, eher, damit ich die Vorbereitungen für den Winter überwachen kann und um rechtzeitig da zu sein, wenn das Jagdreiten beginnt - ich jage lieber zu Pferde als zu Fuß.«
Amelia nickte. Rutlandshire und das benachbarte Leicestershire waren zwei der Hauptjagdgebiete des Landes. »Ich gehe mal davon aus, dass uns im Februar jede Menge Gäste ins Haus stehen werden.«
»Darauf kannst du wetten.« Unruhig rutschte Luc auf seinem Stuhl hin und her. »Und da wir gerade vom Reiten sprechen... ich muss mich jetzt zwar langsam an die Arbeit machen, aber wenn du möchtest, dass ich -«
»Nein, nein. Das ist schon in Ordnung. Ehe wir von London abgefahren sind, hatte deine Mutter sich sowohl mit mir als auch mit Mrs. Higgs noch einmal ausführlich besprochen. Es ist also bereits alles geklärt.« Sie lächelte. »Es war sehr nett von ihr, die Herrschaft über den Haushalt hier so freimütig und vollständig an mich abzugeben.«
Luc schnaubte verächtlich. »Sie hat doch nur darauf gewartet, endlich jemandem die Zügel übergeben zu dürfen. Jemandem, den sie bereits seit Jahren kennt und dem sie vertraut.«
Er zögerte einen Moment, dann streckte er den Arm aus und ergriff Amelias Hand. Sie legte ihre Gabel nieder, und langsam hob Luc ihre Finger an seine Lippen. Den Blick fest in ihre Augen gesenkt, küsste
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