Küstengold: Kriminalroman (German Edition)
für seine Geldüberweisungen bedankte, schrieb sie wieder deutlich alle
acht Buchstaben aus: Vladimir. Die schmerzhafte Lektion hatte bei ihr gesessen.
So machte er nur eine abfällige Handbewegung. »Gerüchte. Was sagt das schon. Alle
reden nur dummes Zeug, oder?«
Sein Gegenüber
nickte zwar, gab sich aber mit der Antwort nicht zufrieden. »Vermutlich. Alle reden
zu viel. Dummerweise kursieren diese Gerüchte genau dort, wo mit Spekulationen Geld
verdient wird: bei der Kieler Rundschau. Heute Nachmittag rief mich eine Reporterin
an und befragte mich zu allen möglichen Auf- und Anträgen von RusskiGaz in Zusammenhang
mit den vier Morden. Das ist mehr als ungünstig für mein Unternehmen, denn spätestens
am Freitag sollen wir vom Wirtschaftsministerium die Genehmigung bekommen, die Kieler
und Eckernförder Stadtwerke zu übernehmen.«
Vladimir
nickte, aber so richtig hatte er nicht verstanden, was ihm Korschunow sagen wollte.
Der legte
nach. »Vlad, was ich nicht verstehe. Die ersten beiden Morde standen nicht in der
Zeitung. Woher kann die Reporterin davon gewusst haben? Haben deine Jungs geplaudert?«
Vladimir
zuckte unschuldig mit den Schultern, denn seine Jungs hatte er eigentlich fest im
Griff. Jeder von ihnen wusste nur so viel, wie notwendig war. Warum sollten sie
auch plaudern? Sie mussten nicht arbeiten und hatten immer Geld in der Tasche. Gut,
vielleicht hätte er ihnen ab und zu ein wenig mehr abgeben sollen.
Korschunow
kam auf den Punkt. »Vlad, damit wir uns richtig verstehen. Die RusskiGaz ist ein
mächtiger Konzern. Wir arbeiten nur notgedrungen aus strategischen Gründen mit der
UniProm zusammen. Wenn an einer unserer Firmen Dreck abgeladen wird, dann muss schnell
ein Bauernopfer gefunden werden, damit wieder Ruhe einkehrt.«
Vladimir
sah Korschunow verständnislos an. Sollte das Marktwirtschaft sein?
Korschunow
wurde deutlicher. »Du liebst doch Aufträge, Vlad. Hier ist dein nächster Auftrag.
Liefere mir ein Bauernopfer. Möglichst schnell, am besten mausetot.«
Diese Sprache
liebte Vladimir nicht. Ihm passte nicht, dass er zunehmend in die Klemme geriet.
Was erwartete Korschunow? Sollte er einen seiner Jungs opfern? Nein, das kam nicht
in Frage. »Man muss einmal sehen«, antwortete Vladimir ausweichend.
»Das wird
nicht reichen, Vlad.«
Vorsichtig
schob Vladimir sein Glas zurück. »Ich muss weiter, Korschunow. Ich kann ja der Sache
einmal nachgehen.«
Korschunow
packte ihn am Arm. »Nicht vergessen, Vlad. Irgendein Bauernopfer muss her. Tot oder
lebendig, das ist mir egal.«
Vladimir
nickte und wand sich aus dem harten Griff. Mit ruhigen Schritten ging er auf den
Ausgang zu. In den Rücken schießen würde Korschunow ihn nicht. Jedenfalls nicht
er selbst. Schon gar nicht vor Zeugen.
Am Winseln
des Köters bemerkte Vladimir, dass der schon wieder in nicht ganz artgerechter Haltung
auf dem Fußboden klebte. Noch 15 lange Schritte bis zum Bürgersteig.
Als er endlich
wieder saubere Luft atmen konnte, überquerte er schnell den vierspurigen Wall und
tauchte neben dem alten Sell-Speicher auf dem Sartori-Kai in die Dunkelheit ein.
Es gab nicht mehr viele Stellen in Kiel, an denen man noch einfach so an das Hafenbecken
gelangen konnte wie hier beim Museumshafen.
Ein blasser
aufgehender Mond spiegelte sich auf der Wasseroberfläche, aber Vladimir hatte keine
Zeit für Romantik am Hafenbecken. Er fragte sich, was die neue strategische Zusammenarbeit
zwischen UniProm und RusskiGaz für ihn und seine Geschäfte zu bedeuten hatte.
Vladimir
kam eine geniale Idee. Er wusste viel. Genau genommen zu viel. Warum sollte er sich
sein Schweigen nicht bezahlen lassen? Diese Vorstellung bereitete Vladimir Vergnügen.
Verächtlich blickte er über den Wall zu den flackernden Neonröhren des Nevadas zurück.
In diesem
Moment bog eine schwarze Limousine langsam um die Ecke des alten Hafenspeichers
und stoppte auf dem Hafenvorfeld. Das fand Vladimir nicht ungewöhnlich, denn viele
gut betuchte Besucher des Rotlichtviertels stellten hier unerkannt ihre Autos ab.
Wenig später
setzte sich dieses Fahrzeug wieder in Bewegung und hielt direkt auf ihn zu. Vladimir
fluchte und griff in die Achselhöhle, um seine Waffe zu greifen. Durch einen Schuss
geriet er ins Taumeln. Wer schoss auf ihn? Warum sog ihn der Fußboden auf?
Dann wurde
er von dem schweren Wagen erfasst und wie totes Vieh über die Kaimauer geschoben.
Hamburger Recht
Seinen Besuch in Kiel hatte sich
Olli anders vorgestellt. Früher war
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