Kumpeltod: Nachtigalls achter Fall (German Edition)
zu wickeln. Danach lehnte er sich erschöpft an die Wand des
Treppenhauses. Wartete auf das Tatortteam.
War das
Chaos wirklich das Resultat des Einbruchs?
Oder
herrschte in dieser Bude nicht immer eine Grundunordnung? Möglicherweise
steckte Holzmann im Moment in einer tiefen Depression fest. Es war ihm
einerlei, wie es um ihn herum aussah, er konnte sich nicht dazu aufraffen, an
diesem Zustand etwas zu ändern. Seine Frau erwähnte einen Therapeuten. Bestimmt
wäre es sinnvoll, bei ihm nachzufragen, in welcher Verfassung Holzmann sich
gerade befunden hatte.
Die
Abbaggerungsgegner.
Ach
was, verwarf Nachtigall den Gedanken wieder, die können doch nicht alle Kumpel
umbringen, damit der Energiekonzern seine ambitionierten Pläne aufgibt.
Aber
natürlich würde Unruhe unter den Kumpeln entstehen. Wäre es dann nicht sinnvoll
gewesen, für die Öffentlichkeit ein Zeichen zu hinterlassen, durch das man die
Toten dem Kohleabbau zuordnen konnte? Bei Lichte betrachtet schien diese
Variante nicht die logischste zu sein, weder in Bezug auf ein Motiv noch auf
die Tötungsart. Nachtigall stieß sich von der Wand ab.
Peddersen
und seine Leute trampelten über die Stufen heran.
»Silke
hat schon so einiges geklärt. Zum Beispiel die Frage nach den Vormietern. Stell
dir vor, einer von denen ist heute der Wortführer der Abbaugegner. Siehst du,
da ist sie wieder, die Verbindung!«, triumphierte Wiener.
»Habt ihr auch alles schon mal
gründlich angefasst?«, fragte Peddersen sarkastisch, als er den Treppenabsatz
erreichte.
»Wir
nicht. Aber es wurde eingebrochen. Die Kollegen haben den Sachstand aufgenommen
und die Wohnung dann erst mal versiegelt. Der Mieter heißt Norbert Holzmann.
Könnte unser Opfer aus der Reha Vita sein.«
»Wie
sieht’s denn hier aus? Waren das die Kollegen oder der Einbrecher?«, erkundigte
sich einer von Peddersens Männern, die in ihren weißen Anzügen kaum
auseinanderzuhalten waren.
»Das
meiste Chaos stammt wohl vom Einbrecher. Der hat gründlich gesucht«, gab Wiener
zurück.
»Komm!«,
sagte Nachtigall nur.
Silke wartete schon im Büro.
»Da
seid ihr ja. Dr. Pankratz hat angerufen, Peter möchte ihn bitte zurückrufen.«
»Danke.«
Nachtigall fiel in seinen Schreibtischstuhl und griff nach dem Hörer.
»Hallo,
Thorsten.«
»Was?
Du kannst nicht stehen? Wie ist das denn nur passiert?«
Michael
und Silke spitzten die Ohren.
»Das
ist doch nicht dein Ernst!« Nachtigall schnaubte wie ein Stier in der
Kampfarena. »Männer! Ich habe hier einen Torso und abgetrennte Gliedmaßen,
einen Kopf – wer sagt mir jetzt, ob das zusammengehört?«
»Oh,
das ist schlecht«, flüsterte Wiener der neuen Kollegin zu. »Dr. Pankratz begleitet
unsere Fälle praktisch immer. Er gehört zum Team. Peter und er kennen sich
schon seit Jahren, wenn er nicht kommt, haben wir ein Problem.«
Silke
zog die Stirn kraus. »Ist es nicht gleichgültig, wer obduziert? Also, ich habe
gelernt, die Ergebnisse der Obduktion seien objektiv. Dann kann doch auch
jemand anderer die Leichenteile untersuchen.«
»Unser
Rechtsmediziner kniet sich in die Fälle rein. Er arbeitet mit uns zusammen, als
Partner. Gibt Tipps für die Ermittlungen, kennt sich unheimlich gut auf allen
möglichen Gebieten aus. Er ist wirklich toll. Vielleicht gehst du demnächst mal
mit.«
»Mir
macht das nichts aus, weißt du. Ich habe schon ein paarmal zugesehen und bin
ausgesprochen magenfest.«
Sie
konzentrierten sich wieder auf das Telefonat.
»Na gut.
Da kann man nichts machen. Und nun?«
»Zu
dir? Das sind ja insgesamt vier Stunden Fahrt. Ehrlich gesagt, ist das nicht so
günstig. Dr. März hat seinem Ärger schon Luft gemacht und unsere Presse ist
nicht motivierend. Wenn wir nicht schnell zu einer Verhaftung kommen, gibt es
richtig Schwierigkeiten.«
»Er
will nicht«, wisperte Silke.
»Hört
sich so an«, bestätigte Wiener.
Nachtigall
knallte den Hörer auf und fuhr sich mit den Fingern durchs Gesicht. Mit der
Gipshand natürlich nur vorsichtig.
»Dr.
Pankratz hat seinem sportlichen Ehrgeiz nachgegeben und auf das Benutzen des
Fahrstuhls verzichtet. Dabei ist er auf der Treppe gestürzt. Er kann nicht
stehen. So weit, so schlecht. Sieht nicht so aus, als könnte er heute noch
obduzieren. Er überlegt, ob er nach Hause fahren soll.«
»Das
Rechtsmedizinische Institut in Potsdam? Wir fahren hin?«, erkundigte sich
Silke.
»Nur,
wenn es wirklich nicht anders geht. Die Staatsanwaltschaft ist über die Häufung
ungeklärter
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