Kumpeltod: Nachtigalls achter Fall (German Edition)
Grendkes Untertauchen
noch jemand verschwand. Ich sitze dran. Bisher habe ich erst einen Treffer – bei
euch verschwinden wohl nicht häufig irgendwelche Leute?«
»Nein.
Und wenn sind es eher pubertierende Jugendliche. Wen hast du?«
»Einen
Achim Wintzel. Der ist an jenem Morgen ganz normal zur Arbeit gefahren und
nicht nach Hause gekommen. Seine Frau hat ihn nie für tot erklären lassen – bestimmt hofft sie noch immer, dass er auftaucht.«
»Nach
20 Jahren? Du meinst, sie würde ihn dann kommentarlos wieder aufnehmen?«
»Möglich.
Frauen tun so was – selten. Dieser Wintzel ist jedenfalls anderthalb Wochen vor
Grendke untergetaucht. Leiche wurde nie gefunden, Erpresserbriefe gab es auch
keine, es sei denn, die Frau – Erika – hätte
sie der Polizei verschwiegen. Könnte also sein, dass Lombard auf diesen Mann
gestoßen ist. Knapp zehn Jahre älter als Grendke und seine Freunde. Aber
vielleicht kannte man sich.«
»Wovon
hat sie in all den Jahren gelebt? Witwenrente hat sie wohl nicht bekommen, ohne
Todeserklärung?«
»Sie
ist wohlhabend. Das Haus gehört den Wintzels. Offensichtlich hatte sie bisher
ihr Auskommen.«
»Okay.
Wir sind gerade bei Matthias Langer. Komischer Kauz. Die Angst quillt ihm zu
den Ohren raus, wie Leberwurst aus dem eingeschnittenen, prallen Darm. Aber er
hüllt sich in Schweigen. Er hat angeblich keine Ahnung, wer hier den Tod von
Kumpeln herbeiführt. Was machst du jetzt?«
»Ich
habe noch ein Gespräch. Bis dann!« Damit war die Verbindung unterbrochen.
»Es mag ja Leute geben, die was
gegen Heiner hatten. Der war schwierig. Aber auf der anderen Seite so öde! Der
hat nie etwas unternommen, ist nicht ausgegangen, hat sich für nichts
interessiert. Wie kann man da jemanden gegen sich aufbringen? Vielleicht ist
der Norbert aus einem ganz anderen Grund gestorben. Den haben eine ganze Menge
Leute wegen seiner Finanzgeschäfte auf dem Kieker gehabt. Nach dem
Offenbarungseid ging ja nix mehr. Der eine Tod hat mit dem anderen bestimmt
nichts zu tun.«
»Kennen
Sie einen Achim Wintzel?«, erkundigte sich Wiener und die Augen Langers ruckten
von Nachtigalls Gesicht zu dem des Kollegen. Es schien, als habe Langer die
Anwesenheit des zweiten Mannes vollkommen vergessen. Jetzt zog tiefes
Erschrecken über seine Züge, das aber, am Kinn angekommen, wieder verschwand.
»Achim
wer?«
Zeitschinderei,
dachte Wiener. »Wintzel.«
»Wer
soll das sein? Noch ein Freund von Heiner?«, gab sich Langer ahnungslos. »Nie
gehört den Namen«, versicherte er noch eilig.
»Schade!«
Wiener schickte Silke eine SMS: ›Du bist auf der richtigen Spur.‹
»Wenn Sie glauben, mir könnte
ein Mörder nachschleichen, dann werden Sie doch ab sofort für meinen Schutz
sorgen, oder?«, erkundigte sich der ehemalige Freund Heiners plötzlich
kleinlaut.
Darüber
hatte Nachtigall auch schon nachgedacht. »Aber ich fürchte, wir sind zur Zeit
personell etwas unterbesetzt. Und wir haben keinen Beweis.« Dass er mit so
dürftigen Hinweisen eine Überwachung nur nach einer ausgiebigen Diskussion
genehmigt bekäme, verschwieg er vorsorglich.
Langer
wurde noch eine Nuance blasser. »Das ist nicht Ihr Ernst! Sie laufen hier auf,
faseln was von einer Todesliste, warnen mich und dann gehen Sie einfach
pfeifend wieder?« Seine Stimme überschlug sich im Diskant.
»Gab es
noch mehr engere Kollegen von Heiner Lombard?«, fragte Nachtigall ungerührt
weiter, als sei das Thema Polizeischutz damit vom Tisch.
Langer
schluckte hart.
»Natürlich!«
Er räusperte einen Kloß weg, der sich in seinem Hals festgesetzt hatte. »Da ist … « Er
zählte an den Fingern einer Hand Namen auf. Michael Wiener schrieb eifrig mit.
»Der Kai Brauner, Jakob Maurer, Christopher Brand, Susanne Schelter, Alexander
Kruger, Thomas Türmer. Den nannten alle eine Zeit lang nur TT – wie
der Flitzer von Audi. Heute ist das wohl nicht mehr.« Langer grinste breit.
»Vielleicht hat der Thomas seine Spritzigkeit eingebüßt, so im Laufe der
Jahre«, keckerte er dann.
»Wintzel?« Nachtigalls rechte
Augenbraue zuckte zum Haaransatz.
»Silke
hatte angerufen.« Wiener fasste den Inhalt für Nachtigall zusammen. »Der
einzige Name, der bisher zum Zielzeitraum passt, ist eben Achim Wintzel. Er
gilt nach wie vor als vermisst.«
»Gut.
Die Dame wird etwas überrascht sein, aber das darf uns nicht stören. Wir fahren
rasch vorbei. Danach ist Schluss für heute. Ruf bitte bei Peddersen an. Ich
will alles auf Papier, was bei Lombard und
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