Kunterbunte Tiergeschichten
ihm etwas anderes ein. Nun
versuchte er sich zu unserem Schreck als Hochspringer. „Würde er
es schaffen?“, fragten wir uns. Immer wieder rannte er auf den Zaun
zu, um kurz davor mit einem gewaltigen Satz hochzuspringen. Aber
er konnte sich noch so anstrengen, er landete immer nur im Zaun,
nie dahinter. Damit Timmi ausgeglichener wurde, unternahmen wir
nun lange ausgiebige Spaziergänge oder Fahrradtouren, und wir hatten bald, wie erwartet, einen ausgeglichenen zufriedenen Hund. Es
dauerte zwar noch eine Weile, bis wir begriffen, was unserem Hund
wirklich noch fehlte, aber es war ja noch nicht zu spät. Ein paar Mo
nate später holten wir uns einen zweiten großen Hund, einen Neufundländer, und nun hatten wir zwei glückliche Hunde, die sich wunderbar verstanden.
Liebe für’s Leben
Dorian, der Neufundländer, und seine Liebe zu den Katzen
Als Dorian noch ein Baby war, ein großes, tollpatschiges Hundebaby von acht Monaten mit treuherzigen Augen, großen Pfoten und einem wuscheligen schwarzen Fell, fing seine Liebe
zu den winzigen Katzenbabys an.
Durch einen Zufall entdeckte er das Nest mit den vier Kätzchen in der
Scheune im Stroh. Irgendjemand hatte vergessen, die Scheunentür
wieder zu schließen. Durch diesen Spalt, den er erst mit der Schnauze, dann mit der Schulter und schließlich mit dem ganzen Körper erweiterte, schlüpfte er hinein. Überall schnüffelte er herum, bis er das
Nest, das die Katzenmama in der hintersten Scheunenecke versteckt
hatte, schließlich entdeckte.
Dort lag er nun fast unbeweglich, seinen Kopf auf die Pfoten gelegt,
und beobachtete die kleinen Kätzchen mit ihrer Mama. Ab und zu
winselte er herzerweichend, und dieses Winseln machte mich aufmerksam. Ich hatte mich an diesem Tag schon öfter gefragt, wo Dorian wohl stecken könnte, hatte mir aber weiter keine Sorgen gemacht.
Schließlich ist unser Grundstück vollkommen eingezäunt. Also
musste er irgendwo im Garten sein, aber dass er sich in der Scheune
aufhielt, daran hatte ich nicht im Traum gedacht.
Da lag er also, guckte ganz verliebt die Mama mit ihrem winzigen
Nachwuchs an und rührte sich nicht von der Stelle. Ab und zu winselte er leise und leckte sich über die Schnauze. Nicht etwa, weil er die
Kleinen fressen wollte, sondern weil er Durst hatte, aber um keinen
Preis seinen Platz verlassen wollte. Die Katzenmama lag weiter ruhig
und zufrieden schnurrend bei ihren Babys und ließ sich durch den
großen Dorian nicht aus der Ruhe bringen.
So ging das von jetzt an jeden Tag. Wenn ich mal vergaß, die Scheunentür etwas offen zu lassen, kratzte er so lange daran herum und
bellte laut und fordernd, bis ich endlich herauskam und die Tür aufschob. Dann lief er schnurstracks zu dem Katzennest und ließ sich
brummend davor nieder.
Als die Kätzchen schon etwas größer waren, traute ich eines Tages
meinen Augen nicht. Aus Dorians Schnauze hing ein schwarzes
kleines Fellbündel. Hatte er etwa eine Ratte oder gar ein Kaninchen
gepackt? Ich rief ihn, und schon kam er stolz und schwanzwedelnd
auf mich zu, drehte aber kurz vor mir wieder um und verschwand in
der Scheune. Ich hatte gerade noch erkennen können, was er in der
Schnauze trug und mit zwei Zähnen vorsichtig festhielt ... ein kleines
Katzenbaby.
In der Scheune wurde er schon von der Katzenmama erwartet, die
ihm leise maunzend entgegenkam und ihr Baby in Empfang nahm.
Dann kuschelte sie sich mit ihren vier Kleinen ins Nest, um sie zu
säugen ... von Dorian sorgsam bewacht. Dorian hatte das Kätzchen
ein wenig spazieren getragen, mit Erlaubnis der Mama, ganz vorsichtig und zart. Nun hatte er es wieder unverletzt abgeliefert, sein
Babysitting war beendet.
Fast jeden Tag sah ich ihn mit dem schwarzen Katzenbaby in der
Schnauze. Mit glücklichem Gesichtsausdruck und wedelnder Rute
ging er über den Hof und durch den Garten. Unversehrt brachte er
das Kleine jedes Mal wieder zurück.
Heute, nach dreizehn Jahren, leben noch zwei von diesen ehemaligen
Katzenbabys, inzwischen alt und leicht ergraut. Es sind sein schwarzer Liebling Minka und die schwarz-weiße Muschi. Dorian mit seinen vierzehn Jahren ist nicht mehr ganz so munter. Auch er wird
langsam immer grauer, und seine Beine wollen nicht mehr so, wie
er es will. Aber seine Liebe zu Minka ist immer noch unverändert.
Jeden Morgen wartet Minka an der Haustür auf ihren großen Freund,
und sie begrüßen sich mit einem zärtlichen Stupser. Dann folgt der
gemeinsame Gang durch den
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