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Kurbjuweit, Dirk

Kurbjuweit, Dirk

Titel: Kurbjuweit, Dirk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kriegsbraut
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eine SMS an Thilo. Als sie um die
kleine Insel vor Kladow bogen, sah sie seinen Renault am Anleger stehen. Ein
schneller Kuss, eine kurze Fahrt. Die Marokkaner waren immer noch interessiert
an einem Film über die Riefenstahl. Sie freute sich für ihn, obwohl sie nicht
glaubte, dass dies der Durchbruch war. Vielleicht wünschte sie sich das auch
ein bisschen, wegen des Schluchzens. Sie fand sich gemein und verscheuchte den
Gedanken.
    Sieben
Leute waren eingeladen. Es war kein gesetztes Essen, jeder konnte sich am
Büffet in der Küche etwas holen. Sie saßen auf den Sofas, redeten und tranken.
Weit nach Mitternacht erzählte eine Frau, Anfang vierzig, die Esther als
Cutterin vorgestellt worden war, dass sie in der letzten Woche die schlimmsten
Minuten ihres Lebens durchlitten habe.
    «Oje, was
denn?», fragte Greta.
    Die
Cutterin wohnte in Hamburg und war bei einem Konzert von Morrissey, auf das sie
sich schon lange gefreut hatte. «Es begann gut, ich stand ziemlich weit vorne
und spürte gerade den Flow, wie man ihn bei einem solchen Konzert spüren muss,
und dann sagte Morrissey zwischen zwei Liedern, dass es für ihn als Veganer
seltsam sei, in Hamburg zu spielen vor all den Hamburgers.» Hämbögers, sagte
die Cutterin. «Wisst ihr, wie oft ich diesen Witz schon gehört habe?», fragte
sie in die Runde. «Tausendmal. Ich habe gerufen», sagte sie. «said that?>, hat Morrissey gesagt, und: . Sie
haben wirklich das Licht angemacht. Ich habe mich schließlich gemeldet, weil
ich dachte, dass das Konzert sonst nie weitergeht. Morrissey zeigte auf die
Sicherheitsleute am Ende der Halle und rief ihnen zu:
Wisst ihr, was dann passiert ist? Sie sind wirklich zu mir gekommen und wollten
mich rausbringen. , habe ich
gerufen. , hat Morrissey gesagt. Es war so
grässlich. Ich werde mir dieses Schwein nie wieder anhören.»
    Alle
hatten Verständnis. Thilo holte aus seiner CD-Sammlung alle CDs von Morrissey
und The Smiths heraus. Sie gingen in den Garten und versuchten, die Scheiben
von der Terrasse bis in den See zu werfen. Sie segelten sauber wie kleine
Frisbees und glitzerten dabei hübsch im Mondlicht. Sie kehrten ins Haus zurück
und saßen auf den Sofas und tranken. Es wurde nur noch wenig gesagt, mehr
gekichert. Ein dunkelroter Luftballon schwebte durch das Wohnzimmer, darauf
«Happy Birthday» in goldener Schrift. Der Luftballon war schon etwas
eingefallen und knittrig, Relikt eines Kindergeburtstages. Esther trank weiter
Rotwein. Einmal erschrak sie, weil ihr jemand von hinten ans Haar gefasst
hatte. Sie drehte sich rasch um und sah, dass es der Luftballon war. Sie gab
ihm einen Stups, er segelte davon.
    Als sie am
nächsten Morgen aufwachte, lag sie in Henriettes Zimmer im ersten Stock. Eine
Robbe schaute sie an, schwarze Knopfaugen. Hinter der Robbe lag ein pummeliges
Pferd, an der Wand hing ein Foto mit Hundewelpen. Sie war nackt bis auf einen
Slip, das kam ihr jetzt unpassend vor. Sie stand auf, zog ihr Top an und ging
zur Toilette. Als sie am Schlafzimmer vorbeikam, schaute sie hinein, die Tür
war offen. Esther blieb stehen. Greta lag nackt auf dem Bett, die Decke verbarg
nur ihre Beine. Thilo lag neben ihr, seine Hand streichelte ihren Bauch,
langsam, zärtlich. Sie kannte diese Hand, sie kannte dieses Gefühl. Die Hand
wanderte nach oben, Thilo tastete mit zwei Fingern nach Gretas linker Brust,
sanft, neugierig, als erkundete er diese Brust zum ersten Mal. Die Hand blieb
liegen, reglos. Esther sah Genuss in Gretas Gesicht.
    Sie hatte
gedacht, dass er nicht mehr mit ihr schlafen würde. Sie hatte es gehofft, und
wenn er doch mit seiner Frau schlafen würde, hatte sie gedacht, dann eher
gewohnheitsmäßig, pflichtschuldig, ein enttäuschendes und deshalb fast wütendes
Gestocher, Teil einer ausfransenden Ehevereinbarung. Von dem, was sie nun sah,
hatte sie nie ein Bild gehabt, nicht annähernd. Greta öffnete ihre Augen,
entdeckte Esther, schloss die Augen wieder. Esther ging zurück in Henriettes
Zimmer. Sie zog sich an und blickte dabei aus dem Fenster. Im Wasser vor dem
Haus schwammen kleine silberne Scheiben. Sie verließ das Haus, ohne noch einmal
in das Schlafzimmer geschaut zu haben, und lief die Straße hinunter Richtung
Anleger. Es waren ein paar Kilometer bis Kladow. Laufschritt, ihre Schuhe
hielt sie in der Hand. Sie schaute sich dauernd um und sah den Renault, bevor
Thilo sie gesehen hatte. Sie sprang

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