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Kurbjuweit, Dirk

Kurbjuweit, Dirk

Titel: Kurbjuweit, Dirk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kriegsbraut
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ermittelt. Da ist der Islam
nicht anders als das Christentum.»
    Sie hörte
Versöhnlichkeit heraus, und sofort ließ ihre Wut nach, ihre Erstarrung.
«Manchmal spreche ich mit unserem Satelliten», sagte sie, «nur in Gedanken, und
mir ist das dann auch peinlich, aber er ist da oben, um Worte und Bilder
weiterzuleiten, und ich schicke ihm Worte hinauf, die er für mich weiterleiten
soll. Da ich mich jeden Tag um ihn kümmere, kann er das ruhig mal machen, finde
ich. Gestern habe ich ihm gesagt, dass er dir sagen soll, dass ich dich liebe.»
    «Du liebst
mich?»
    «Hat er es
nicht weitergesagt?»
    «Doch.» Er
lachte. «Doch, das hat er.»
    Er stand auf,
setzte sich zu ihr. Endlich ein Kuss.
     
    Warum hat
er nicht gesagt, dass er mich liebt? Das war die Frage, über die sie auf der
Rückfahrt nachdachte. Weil er sich nicht traute? Weil er sie nicht liebte? Sie
wälzte das hin und her, als sie durch die Schlucht fuhren. Aus ihrer
Gedankentrance wachte sie erst auf, als der Wolf langsamer wurde. Sie näherten
sich dem kleinen Fluss. Esther schaute hinauf zu dem Gehöft, um zu sehen, ob
die Frau da war, aber sie war nicht da, niemand war da, die Frau nicht, die
Kinder nicht. Das Tor war verschlossen. Tauber stoppte, und sie sahen, wie der
andere Wolf langsam die steile Böschung hinunterrollte. Die Schnauze tauchte
ins Wasser, als wolle er trinken, dann war er mit allen vier Rädern im Fluss,
der Motor heulte auf, weil der Fahrer Gas gab, aber das Heulen verschwand
sofort in einem Knall, schmerzhaft laut. Esther sah einen Feuerball, die
Scheiben ihres Wolfs zersprangen, sie hörte Tauber schreien, hörte Schüsse,
hörte ein Zischen, hörte einen metallischen Klang. Das Wort «Beschuss» blitzte
in ihrem Kopf auf, sie zog das Gewehr aus der Halterung, stieß die Beifahrertür
auf und rutschte in den Sand. Tauber wollte ihr folgen, schaffte es aber nicht,
sie griff nach seiner Schutzweste, zog, «mein Bein, mein Bein», keuchte er, sie
legte das Gewehr weg, zog mit beiden Händen, Blut, Schreie, Tauber fiel
hinaus, und dann lagen sie hinter den Rädern. Sand spritzte auf, Wasser. Die
Schüsse mussten vom Gehöft kommen, das war die Richtung. Der Wolf der
Infanteristen brannte, schwarzer Rauch stieg auf, eine dichte, lange Säule. Die
Beifahrertür stand offen, aber sie konnte niemanden sehen. Sie rief, keine
Antwort, Schüsse. Sie presste sich in den Sand und schaute zu Tauber. Der band
sich mit einem Dreieckstuch das linke Bein ab. «Bist du okay?», flüsterte Esther.
Er nickte.
    «Brauchst
du Hilfe?»
    Er winkte
ab. Das Feuer wurde stärker. Sie sah, dass er etwas sagte, verstand ihn aber
nicht. Er hielt die rechte Hand an sein Ohr, Daumen und kleiner Finger waren abgespreizt.
Wieso telefonieren? Was sollte das jetzt? Gott, ja, sie musste das Tactical
Operation Center im Lager anrufen. Sie zog das Satellitentelefon aus der
Schutzweste, wählte, und während sich der Anruf aufbaute, sah sie hinüber zu
Tauber, der eine Mullbinde um sein Bein wickelte. «Bist du okay?», fragte sie
wieder.
    «Schon
gut.» Seine Stimme klang schwach, als käme sie aus dem Schlaf.
    Esther
hörte wieder Kugeln in den Wolf einschlagen, sie lauschte in das Rauschen des
Satellitentelefons hinein. Bitte, bitte, flehte sie in Gedanken, ich bin immer
so nett zu dir da oben, jetzt stell du mir eine gute Verbindung her. Es
dauerte, und dann hörte sie endlich die Stimme des wachhabenden Offiziers.
Esther gab die Koordinaten durch und einen kurzen Bericht. Sie war ruhig. «Wie
viele Aufständische sind es?», fragte der Mann. Sie wisse es nicht, sechs oder
sieben würde sie schätzen. Esther wusste nicht, warum sie diese Zahl gesagt
hatte, sie schien ihr irgendwie passend. Sie hatte niemanden gesehen. «Haben
Sie die Situation unter Kontrolle?», fragte der Mann. «Nein», sagte sie. Für
einen Moment war es still, dann sagte er, dass sie auf ihrer Position bleiben
sollten und bald Instruktionen kämen. Esther lugte hinter dem Rad hervor und
sah hinauf zu dem Gehöft. Stille, kein Mensch. Sie sah zu dem Wrack im Wasser
und rief: «Lebt ihr?» Schüsse, keine Antwort. Sie wartete, bis sich das Feuer
legte, dann schoss sie zurück. Sofort setzte noch heftigeres Feuer ein, sie
grub ihr Gesicht in den Sand. Kurz darauf hörte sie eine Stimme aus dem
Satellitentelefon, der Kommandeur des Lagers war dran. Er sagte, dass er keinen
einsatzfähigen Hubschrauber dahabe, dass sich ein Konvoi auf den Weg mache,
aber sie wisse ja, dass er erst in zwei Stunden

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