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Kurbjuweit, Dirk

Kurbjuweit, Dirk

Titel: Kurbjuweit, Dirk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kriegsbraut
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Terrine mit heißer Suppe, Säfte, Wasser. Warum
dachten die eigentlich, dass man nach einem Gefecht viel essen müsse? Sie
rührte nichts an. Der Psychologe des Lagers war da und fragte, wie sie sich
fühle. «Gut», sagte sie. Ein Sanitäter schaute sich ihren Unterarm an und
begann, mit einer Pinzette Splitter herauszuziehen. Ihr Vorgesetzter tauchte
auf, klopfte ihr auf die Schulter und wollte sofort wissen, wie es gewesen war.
Aber bevor sie etwas sagen konnte, kam der Adjutant des Kommandeurs und
forderte Esther auf, ihm zu folgen. Der Sanitäter rieb rasch etwas auf ihren
Arm und sagte, er würde sie hinterher weiter versorgen. Sie hätte gerne ihre
Mutter angerufen, sagte aber nichts. Sie war müde.
    Der
Kommandeur stand auf, als sie sein Büro betrat. Nach zwei Schritten blieb sie
stehen, nahm Haltung an und grüßte. Er grüßte mit einer schnellen Bewegung,
sein Gesicht war ernst, aber nicht unfreundlich. Er zeigte auf einen Stuhl, der
an einem Besprechungstisch stand. Dort saßen schon zwei Männer, ein Major und
der Oberstleutnant, der sie abgeholt hatte. Sie stellte sich hinter den Stuhl,
der Kommandeur verharrte an seinem Schreibtisch und las in einem Papier, das
vor ihm lag. Er sah auf, schien überrascht, dass sie noch stand und sagte:
«Bitte, setzen Sie sich.» Sie setzte sich auf die Kante des Stuhls. Der
Kommandeur trat heran und zeigte auf zwei Thermoskannen. «Kaffee? Tee?»
    «Kaffee,
bitte.» Der Major erhob sich und goss ihr Kaffee in eine Tasse.
    Der
Truppenpsychologe kam herein, schloss die Tür und setzte sich an den Tisch.
    «Das ist
Major Schrenk, mein Nachrichtenoffizier», sagte der Kommandeur und zeigte auf
einen Mann, der dick geworden war im Dienst, unsoldatisch dick, fand Esther,
die beim Frühstück hin und wieder in seiner Nähe gesessen hatte. Er aß immer
nur Obst und Joghurt. Ihr war das häufiger aufgefallen, dass man Dicke nie
richtig essen sah.
    «Oberstleutnant
Keppler haben Sie schon kennengelernt», sagte der Kommandeur.
    Esther
dachte, dass er jetzt noch den Truppenpsychologen vorstellen würde, aber das
tat er nicht.
    «Wollen
Sie rauchen?»
    «Nein.»
    «Gut.»
    «Wie geht
es Ihrem Unterarm?»
    «Gut, es
sind nur ein paar Glassplitter.»
    Der
Kommandeur stand noch einmal auf, ging zum Schreibtisch und holte die Papiere,
die dort lagen. Er legte sie vor sich hin, mit der Rückseite nach oben. Esther
hatte mehr Angst vor diesen Papieren als vor den Kugeln der Taliban. Die Hand
des Kommandeurs lag auf der Tischplatte, er blickte auf diese Hand, ohne sie
wirklich anzusehen. Dann hob er den Kopf und lächelte, aber nicht warm, fand
Esther. «Leutnant Dieffenbach, wir sind froh, dass Sie unversehrt sind.»
    Sie nickte
dankbar, weil sie dachte, dass dies von ihr erwartet würde.
    «Und wir
sind natürlich sehr betroffen, dass Hauptfeldwebel Rossenheim und
Hauptgefreiter Göll ums Leben gekommen sind.»
    «Es kam so
unvermutet», sagte Esther, «wir sind da so oft lang gefahren, und nie ...»
    Der
Kommandeur hob die Hand. «Moment», sagte er, «der Reihe nach.»
    «Entschuldigung.»
    «Ist in
Ordnung. Wir wissen, wie Ihnen zumute sein muss.»
    Wisst ihr
eben nicht, dachte sie.
    «Aber wir
brauchen hier absolute Genauigkeit, Präzision. Es ist wichtig, dass sie sich
minutiös an das erinnern, was Sie erlebt haben, und Ihre Schilderung muss
unbedingt der Wahrheit entsprechen.» Der Major nickte beipflichtend. «Ist Ihnen
das klar?»
    «Selbstverständlich,
Herr Oberst.»
    «Lassen
Sie das weg, wir müssen jetzt nicht förmlich sein.»
    Die vier
Männer sahen sie an. Der Major hatte einen Füller gezückt, der über einem
leeren Blatt schwebte, wie der Schnabel eines Raubvogels, der seine Beute schon
gesehen hat und sich gleich herabstürzen wird, dachte Esther. Aber sie
schöpfte ein bisschen Hoffnung. Wenn die Frau und die Kinder tot wären, hätte
man ihr das vermutlich gleich gesagt, wäre die Stimmung eine andere, aufgeregter,
böser. Tote Zivilisten waren das Schlimmste für diese Leute. Dann konnten sie
sich nicht mehr gut fühlen, dann konnten sie den Amerikanern nicht mehr
vorhalten, wie brutal deren Kriegsführung sei, ein Krieg gegen die Bevölkerung,
während die Deutschen alles täten, um die Bevölkerung zu gewinnen, weil nur so
dem Land langfristig zu helfen sei und so weiter. Sie hatte die ganze Zeit,
schon im Dingo, darüber nachgedacht, was sie auf keinen Fall sagen durfte und
was sie sagen musste. «Also, wir sind durch diese Schlucht gekommen

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