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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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sagte er zu dem Laskaren am Ruder, und die Sophie luvte willig an.
    »Hart über das Ruder«, fuhr er leise fort — ein Kommando, das sonst von Horizont zu Horizont widerhallte. Dann: »Fiert die Stagsegelschoten!« Er hörte das hastige Getrappel nackter Füße und das Raspeln der Leinen an den Stagen. Dann hieß es warten, warten, bis der Wind einen Strich achterlicher als von recht voraus einkam. Nun folgte, schon ein wenig lauter, der Befehl: »Großtopp rund!« Die Sophie lag jetzt im Wind und trieb etwas achteraus. Aber dann fühlte Jack den Wind seine andere Wange streicheln. »Holt dicht Vorschoten, braßt an Großtopp!« Auf dem Seitendeck rissen schattenhafte Gestalten und wetterharte Vordecksgasten an den Steuerbordbrassen. Die Luvpardunen kamen steif, die Sophie lag auf dem neuen Bug und nahm Fahrt auf.
    Bald lief sie mit gerefften Bramsegeln hoch am Wind nach Ostnordost, und Jack konnte unter Deck gehen. Er wollte vermeiden, daß aus den Fenstern seiner Achterkajüte Licht auf die See fiel; die Blenden anzubringen lohnte aber nicht, deshalb zog er den Kopf ein und betrat die Offiziersmesse. Zu seiner Überraschung fand er dort Dillon vor (gewiß, Dillon hatte jetzt wachfrei, aber Jack hätte sich an seiner Stelle trotzdem nicht von Deck gerührt), der mit Stephen Schach spielte, während der Zahlmeister ihnen Zitate aus einem Herrenmagazin vorlas, gewürzt mit seinen Kommentaren.
    »Lassen Sie sich nicht stören, Gentlemen«, rief Jack beschwichtigend, als alle aufsprangen. »Ich wäre nur eine Weile dankbar für Ihre Gastfreundschaft.«
    Sie strengten sich an, um es ihm bequem zu machen — hasteten nach Wein, nach Keksen, der neuesten Navyliste —, aber er blieb trotzdem ein Eindringling; er störte ihre entspannte Geselligkeit, ließ des Zahlmeisters Literaturkritik versiegen und beendete das Schachspiel so abrupt wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Stephen wohnte jetzt natürlich hier unten — seine Kammer war ein kleiner Verschlag hinter der Hängelampe — und sah so aus, als sei er voll in die kleine Gemeinschaft integriert. Aus unerfindlichem Grund fühlte Jack sich verletzt, er unterhielt sich noch eine Weile mit ihnen (und merkte selbst, wie gezwungen, wie bemüht höflich seine Stimme klang), ging aber bald wieder an Deck. Sobald sie oben seine hünenhafte Gestalt in der grauen Öffnung des Niedergangs sahen, zogen sich der Master und Jung-Ricketts schweigend auf die Backbordseite zurück, und Jack nahm seine einsame Wanderung zwischen Heckreling und achterem Jungfernblock wieder auf.
    Zu Beginn der Mittelwache bezog sich der Himmel, und gegen zwei Uhr morgens ließ ein leichter Schauer seine Tropfen aufs Kompaßhaus prasseln. Der Mond ging auf, ein verzerrter heller Fleck, der sich hinter den Wolken kaum ausmachen ließ. In Jacks Magen wühlte der Hunger, aber er schritt weiter auf und ab, bei jeder Wendung gewohnheitsmäßig nach Lee in die Dunkelheit spähend.
    Drei Glasen. Die ruhige Stimme des Korporals meldete alles wohlauf an Bord. Vier Glasen. Es gab so viele Alternativen, so viele überraschende Optionen für die Polacca, sie konnte hundert andere Dinge tun, statt hoch am Wind nach Sète aufzukreuzen ...
    »Was sehe ich da? Bei Regen nur im Hemd herumzulaufen, das ist doch Irrsinn!« Stephens Stimme laut hinter ihm.
    »Ruhe!« zischte Mowett, der Wachführer, dem es nicht gelungen war, Stephen abzufangen.
    »Irrsinn. Denken Sie doch an die kalte Nachtluft — an die fallende Nässe — die Fluxion der Säfte. Wenn die Pflicht von Ihnen verlangt, bei Nacht und Regen hier oben herumzulaufen, dann tragen Sie doch um Himmels willen warme Kleidung. Her mit einem wollenen Rock für den Kommandanten! Schon gut, ich hole ihn selber.«
    Fünf Glasen, und wieder ein sanfter Regenschauer. Der Rudergänger wurde abgelöst, der anliegende Kurs flüsternd bestätigt, alle Routinemeldungen wiederholt. Sechs Glasen, und die Dunkelheit im Osten wurde dünner. Schweigen lastete nach wie vor über dem ganzen Schiff. Männer schlichen auf Zehenspitzen zu den Brassen, um die Rahen zu trimmen. Kurz vor sieben Glasen räusperte sich der Ausguck fast entschuldigend und rief so gedämpft, daß man es unten gerade noch verstehen konnte: »An Deck ... Sir, ich glaube, sie ist da. An Steuerbord querab. Ich glaube ...«
    Jack stopfte sein Fernglas in die Tasche des Überziehers, den Stephen ihm geholt hatte, rannte bis zur Marssaling hinauf, klemmte sich in den Wanten fest und richtete das Glas auf die Peilung

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