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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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der Küste ...« Er gähnte gewaltig. Zwei schlaflose Nächte und ein halber Liter Priorato aus der Aimable Louise machten ihn träge, beschwerten seine Glieder wie eine warme, weiche, unwiderstehliche Decke. »Wo war ich? Oja, bei Barcelona. Dann weiter nach Tarragona und Valencia ... Nur Trinkwasser ist dabei das Problem, das große Problem ...« Mit schweren Lidern blinzelte er ins Licht und geriet ins Dösen. Wie von fern hörte er Stephens Stimme, die sich über die Topographie der spanischen Küste ausließ — Stephen kannte sich dort aus bis hinunter nach Denia, konnte ihm viele interessante Ruinen phönizischen, griechischen, römischen, westgotischen und arabischen Ursprungs zeigen, außerdem waren in den Marschen bei Valencia mit Sicherheit beide Arten von Silberreihern anzutreffen. Zwar hatten die Valencianer einen scheußlichen Dialekt und einen wirklich gemeinen Charakter, aber die begründete Hoffnung auf Flamingos ...
    Der für die Aimable Louise verhängnisvolle Sturm hatte die Schiffahrt im ganzen westlichen Mittelmeer durcheinandergewirbelt und von ihren geplanten Kursen abgebracht. Keine zwei Stunden, nachdem Jack die Prise nach Mahón verabschiedet hatte — ihre erste hübsche, profitable Prise —, sichteten sie zwei weitere Schiffe: als erstes eine Tartane mit Westkurs und dann eine Brigg im Norden, die anscheinend nach Süden lief. Die Brigg war eindeutig die bessere Wahl, deshalb gingen sie auf Abfangkurs zu ihr und behielten sie scharf im Auge: Unter Mars- und Untersegeln zog sie geruhsam ihres Wegs, während die Sophie Bram- und Royalsegel setzte und auf Steuerbordbug mit halbem Wind dahinpreschte, dabei so weit überliegend, daß ihre Lee-Speigatten ständig unter Wasser waren. Als sich ihre Kurse annäherten, sahen die Sophies mit Erstaunen, daß die fremde Brigg bis aufs Haar der ihren glich und sogar den gleichen übertrieben steilen Bugspriet hatte.
    »Das ist ohne Zweifel eine Brigg«, stellte auch Stephen fest, der an der Reling neben Pullings stand, einem großen, schüchternen Mastersgehilfen.
    »Jawohl, Sir, genau wie wir, man würde's nicht glauben, wenn man's nicht gesehen hätte. Möchten Sie durch mein Glas schauen?« Pullings wischte es mit seinem Sacktuch sauber.
    »Danke. Ein ausgezeichnetes Glas — und so klar. Aber in einem muß ich Ihnen widersprechen. Dieses Schiff, diese Brigg, ist knallgelb, wir aber sind schwarz, mit einem weißen Streifen.«
    »Och, das ist nur Farbe, Sir. Aber sehen Sie sich doch ihr Achterdeck an, es hat diese komische kleine Hütte hinten, genau wie unsere Sophie — so was sieht man nicht oft, nicht in diesen Gewässern. Und dann die Steigung des Bugspriets. Nach Themse-Vermessung hat sie bestimmt die gleiche Tonnage wie wir, vielleicht zehn Tonnen mehr oder weniger. Sie muß vom selben Reißbrett kommen, aus derselben Werft. Aber sie hat drei Reffreihen im Vorbramsegel, daran sieht man, daß sie ein Handelsschiff ist, nicht ein Kriegsschiff wie wir.«
    »Werden wir sie aufbringen?«
    »Das wäre fast zu schön, um wahr zu sein. Jedenfalls werden wir's versuchen.«
    »Die spanische Flagge, Mr. Babbington«, befahl Jack.
    Stephen wandte sich um und sah das rot-gelb-rote Tuch an der Gaffelnock auswehen.
    »Wir segeln unter falscher Flagge«, flüsterte er. »Ist das nicht höchst illegal?«
    »Hä?«
    »Ungesetzlich, heimtückisch, moralisch verwerflich?«
    »Gott behüte, Sir, das machen wir immer so, jedenfalls auf See. Aber Sie können ganz beruhigt sein, im letzten Moment setzen wir unsere eigene Flagge, noch vor dem ersten Kanonenschuß. Das gehört sich so. Da, sehen Sie — jetzt zieht er den Danebrog hoch, und ich wette mit Ihnen, er ist genausowenig ein Däne wie mein Opa.«
    Aber die folgenden Ereignisse widerlegten Thomas Pullings.
    »Dänische Prigg Clomer , Sir«, sagte ihr Skipper, ein greiser, trunksüchtiger Däne mit hellen, rotgeränderten Augen, und zeigte in Jacks Kajüte seine Schiffspapiere vor. »Kapitän Ole Bugge. Ladung Häute und Pienenwachs aus Dripoli für Parcelona.«
    »In Ordnung, Kapitän Bugge.« Jack studierte die Papiere — echte Papiere — sehr genau. »Sie werden mir gewiß vergeben, daß wir Sie angehalten haben — wie Sie wissen, ist das unser Auftrag. Lassen Sie mich Ihnen jetzt ein Glas von diesem Priorato anbieten. Er soll sehr gut sein.«
    »Mehr als gut, einfach köstlich!« Der Däne goß den roten Tropfen auf einen Zug hinunter. »Ein köstlicher Wein. Dürfte ich Sie vielleicht noch um unseren

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