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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick O'Brian
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hätten diese Galeere erbeuten können. Noch zwanzig Minuten, und wir hätten sie geentert und erobert.«
    »So? Von diesen Dingen verstehe ich nichts. Außerdem war ich zur fraglichen Zeit nicht an Deck. Aber wie ich es verstand, war es klüger, abzudrehen und den Rest des Konvois zu schützen.«
    »Klugheit ist natürlich eine große Tugend«, meinte James.
    »Tja ... Beförderung bedeutet Ihnen also eine Menge?«
    »Selbstverständlich. Jeder Offizier, der sein Pulver wert ist, sehnt sich danach, endlich seine eigene Flagge über einem Schiff setzen zu können. Aber ich sehe es Ihnen an den Augen an, daß Sie mich für inkonsequent halten. Verstehen Sie bitte meine Position: Ich wünsche mir keine Republik — ich bin für die bewährten, etablierten Institutionen und für Autorität, solange sie nicht in Tyrannei ausartet. Alles, was ich verlange, ist ein unabhängiges Parlament, in dem die verantwortungsbewußten Männer des Königreiches sitzen und das keine Pfründe mehr für Platzhalter und Platzsucher ist. Vorausgesetzt, England könnte dies gewährleisten, wäre ich vollauf zufrieden mit einem Anschluß, vollauf zufrieden mit zwei Königreichen. Ich versichere Ihnen, ich kann den Marinetoast auf den englischen König trinken, ohne daran zu ersticken.«
    »Warum löschen Sie die Lampe?«
    James lächelte. »Der Morgen dämmert.« Er nickte zu den grauen Kajütfenstern hinüber. »Wollen wir an Deck gehen? Inzwischen sollten wir schon das Hochland von Menorca ausmachen können. Und ich kann Ihnen guten Gewissens versprechen, wenn wir auf die Klippen von Fornell zuhalten, werden Sie ein paar von den Vögeln zu sehen bekommen, die wir Sturmtaucher nennen.«
    Trotzdem zögerte er, einen Fuß schon auf der untersten Stufe des Niedergangs, und blickte Stephen voll ins Gesicht. »Ich weiß nicht, welcher Teufel mich geritten hat, daß ich so voller Groll gesprochen habe.« Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn und die unglücklichen, verwirrten Augen. »Ich glaube nicht, daß ich mich jemals so gehenließ. Außerdem habe ich mich wohl nicht sehr geschickt ausgedrückt — zu plump, zu ungenau, nicht treffend genug für das, was ich sagen wollte. Hätte ich nur den Mund gehalten. Ehe ich ihn aufmachte, haben wir uns besser verstanden.«

SECHSTES KAPITEL

    DER CHIRURG MR. FLOREY war Junggeselle und bewohnte ein großes Haus hoch oben bei der Kirche Santa Maria. Mit der unbeschwerten Großzügigkeit des Unverheirateten hatte er Dr. Maturin angeboten, immer dann bei ihm zu wohnen, wenn die Sophie zur Verproviantierung oder Reparatur im Hafen lag.
    Er stellte ihm auch ein Zimmer zur Verfügung, wo er sein Gepäck und seine Sammlungen aufbewahren konnte, wenn er auf See war — ein Zimmer, das bereits das Herbarium des Garnisonschirurgen Mr. Cleghorn beherbergte, ein Konglomerat ungezählter, verstaubter Sammelbände.
    Das Haus war bezaubernd und wie geschaffen zum Meditieren. Mit der Rückseite klebte es am obersten Rand des Kliffs von Mahón, während es mit seiner Vorderfront in schwindelerregender Höhe über dem Handelskai hing, so hoch, daß aus dem lärmenden Getriebe des Hafens unten ein unpersönliches Hintergrundgeräusch für Stephens Gedanken wurde. Sein Zimmer lag auf der kühleren Nordseite und blickte aufs Meer hinaus. Die Füße in einem Becken mit kaltem Wasser, saß er am offenen Fenster und schrieb an seinem Tagebuch, während draußen Mauersegler (gemeine Fahl- und Alpensegler), schrille Schreie ausstoßend, durch die heiße, flirrende Luft sausten. Tief unter ihm lag die Sophie , klein wie ein Spielzeugschiff, am Ausrüstungskai.
    »Also ist James Dillon jetzt katholisch«, schrieb er in seiner winzigen, unleserlichen Geheimschrift. »Früher war er das nicht, jedenfalls nicht in dem Sinne, daß der Katholizismus sein Verhalten geprägt oder das Ablegen eines Diensteides für England unerträglich gemacht hätte. Er war überhaupt kein religiöser Mensch. Ist er konvertiert und hat eine Art Erweckung erlebt? Hoffentlich nicht. Wie viele heimliche Katholiken mögen wohl in Englands Diensten stehen? Ich würde ihn gerne näher befragen, aber das wäre indiskret. Ich erinnere mich an Oberst Despards Bemerkung, daß der englische Bischof Challoner pro Jahr etwa ein dutzendmal Generaldispens erteilt an Katholiken, die gelegentlich nach anglikanischem Ritus die Sakramente empfangen. Oberst T. von den Gordon Riots war ebenfalls katholisch. Bezog sich Despards Bemerkung also nur auf das Heer, nicht auf

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