Kurschatten: Ein Sylt-Krimi
Chef. Es wäre der Anschein entstanden, er hätte die Seiten gewechselt.«
»Und niemand hätte ihm mehr etwas anvertraut, weil jeder befürchten musste, dass es im Büro von Matteuer-Immobilien landete.«
»Er wäre unglaubwürdig geworden.«
Erik legte den Kopf in den Nacken und beobachtete die Möwe, die über den Stehtischen von Gosch schwebte, als suchte sie ein neues Opfer. »Ludo war sehr beliebt. Das wollte er nicht aufs Spiel setzen. Aber womit mag er Matilda Pütz betrogen haben? Hatte er sich in eine andere Frau verliebt? Oder ging es um etwas Geschäftliches?« Sören sah seinen Chef nachdenklich an. »Vielleicht ist es zu Problemen zwischen den beiden gekommen. Ludo war gegen die Aktivitäten von Matteuer-Immobilien, Matilda natürlich nicht.«
»Vielleicht hat Ludo sie im Laufe der Zeit aber auch davon überzeugt, dass Matteuer-Immobilien der Insel schadet.«
Sören war verblüfft. »Sie meinen, Matilda hat die Seiten gewechselt? Sie wollte nicht mehr mitmachen bei dem, was ihre Schwester trieb?«
Erik zuckte die Achseln. »Ich habe Corinna gestern Abend danach gefragt. Aber sie hält es für ausgeschlossen.«
»Klar! Matilda wird es ihr sicher nicht auf die Nase gebunden haben. Sie war von ihrer großen, reichen Schwester abhängig.« Sören schüttelte den Kopf und runzelte ärgerlich die Stirn. »Vielleicht würden wir mehr erfahren, wenn wir Menno Koopmann erzählen, dass die Schwester der Matteuer Ludo umgebracht und sich dann selbst gerichtet hat, weil sie mit ihrer Schuld nicht leben konnte. Möglicherweise kämen dann Hinweise aus der Bevölkerung.« Er wartete auf eine Entgegnung von Erik. Als keine kam, ergänzte er: »Aber nein! Wir müssen Corinna Matteuer schonen. Sonst wird sie von den Syltern noch mehr gehasst als ohnehin schon.«
Erik presste die Lippen so fest aufeinander, dass sie unter seinem Schnauzer beinahe verschwanden. »Zu dumm, dass wir in Ludos Büro nichts gefunden haben! Nur Belege dafür, dass er pleite war.«
»Und dass er trotzdem ein Bistro eröffnen wollte.«
Sören setzte zu einer großen Geste an, erstarrte dann aber und runzelte nachdenklich die Stirn. »Ob es wirklich das Bistro im Gesundheitshaus sein sollte? Wollte er sich das Bauprojekt zunutze machen, gegen das er protestiert hat?«
»Unmöglich«, ergänzte Erik. »So was hätte Ludo nie gemacht!«
»Es sei denn, wir haben uns alle in ihm getäuscht.«
»Sie meinen, er hat die Bestechungsgelder zurückgewiesen, dafür gesorgt, dass jeder davon erfuhr, und versucht, auf anderem Wege seine Schäfchen ins Trockene zu bringen, mithilfe von Matilda Pütz?«
Ein kurzes Schweigen entstand, dann meinte Sören: »Ich finde, wir sollten nun damit rausrücken, wer Ludo umgebracht hat. Es geht nicht an, Chef, dass Sie Ihre privaten Interessen über die dienstlichen stellen, und vielleicht bekommen wir so neue Hinweise.«
»Erst mal abwarten«, wehrte Erik ab. »Bis jetzt sehe ich keinen Vorteil darin, dieses Geheimnis zu verraten.«
»Außer für Corinna Matteuer gibt es auch keinen Vorteil, es zu verschweigen«, entgegnete Sören hitzig. Dann ergänzte er vorsichtig, als hätte er selbst Angst vor der Respektlosigkeit, die er sich nun erlaubte: »Und für Sie natürlich! Corinna Matteuer würde es Ihnen schwer verübeln, wenn Sie schuld sind, dass sie demnächst noch härter angegriffen wird.«
Erik ließ sich nicht anmerken, wie sehr ihn Sörens Worte trafen. »Bevor wir das tun, möchte ich mit Sila Simoni reden«, entgegnete er so emotionslos wie möglich. »Sie kommt morgen nach Sylt.«
Durch Sörens Körper ging ein Ruck. »Wie war sie denn so am Telefon? Ging ihr Ludos Tod am … Achtersteven vorbei?«
»Nein, sie war sehr betroffen.« Erik lächelte leicht. »Übrigens scheint sie ganz nett zu sein. Sie hat gesagt, sie will das Squashcenter fürs Erste weiterführen, und Jacqueline kann sich in Ruhe nach einer neuen Stelle umsehen.«
Eriks Handy klingelte. Nach einem kurzen Blick aufs Display nickte er Sören zu. »Eine Flensburger Nummer.«
Das Gespräch war kurz. Als Erik sein Handy wieder wegsteckte, sagte er: »Das Schriftvergleichsgutachten ist fertig. Der Abschiedsbrief wurde eindeutig von Matilda Pütz geschrieben.«
Sören seufzte auf, als hätte er auf ein anderes Ergebnis gehofft. »Also war es auf jeden Fall Selbstmord. Trotz Dr. Hillmots Beobachtungen.«
Noch einmal ging Eriks Handy. Er runzelte die Stirn, als er die Nummer im Display sah. »Kenne ich nicht. Mal sehen, wer da was
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