Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Titel: Kurschatten: Ein Sylt-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
Vom Netzwerk:
unbemerkt fotografieren können, aber Unauffälligkeit war einfach nicht ihre Stärke. Als Wiebke sich so nah wie möglich an die Hauswand drücken wollte, verfing sich ihr Fuß in der Schlaufe der Kamera, und der nächste Schritt brachte sie zu Fall. Sie schrie erschrocken auf, stieß dann mehrere sehr undamenhafte Flüche aus und erreichte damit, dass Corinna Matteuer es mit der Angst bekam und sich wieder in ihr Auto fallen ließ.

V etterich sah in seinem weißen Schutzanzug aus wie ein Eisbär, der gerade laufen lernte. Mit unsicheren Schritten tappte er herum, als wäre der Schutzanzug nicht geeignet für normale Bewegungsabläufe. Er zeigte auf den Schreibtisch, unter dem Dennis Happes Leiche gefunden worden war. »Der gehörte wohl der Zwillingsschwester. Der, die vom Balkon gefallen ist …«
    Erik nickte. »Matilda Pütz.«
    »Der Schreibtisch ist augenscheinlich durchsucht worden.« Vetterich zeigte auf eine halb geöffnete Lade, in die einige Papiere unordentlich zurückgestopft worden waren. Bleistifte, Büroklammern und zwei USB-Sticks lagen auf dem Boden.
    Erik gab ihm recht. »Da war jemand an Matildas Schreibtisch, und Dennis Happe hat ihn überrascht.«
    »So könnte es gewesen sein«, gab Vetterich emotionslos zurück, der wie immer ohne jegliche Gefühlsregung reagierte und von Heiterkeitsausbrüchen gleichermaßen unangenehm berührt wurde wie von Tränen und großer Trauer. Manchmal fragte Erik sich, wie Vetterichs Ehe sein mochte. Auch derart emotionslos?
    Er wandte sich an Dr. Hillmot, der vor dem Toten kniete. Erik gab sich große Mühe, nicht in das bleiche junge Gesicht zu sehen, das noch im Tod sympathische Züge trug. »Todesursache?«
    »Erstochen! Mit einem glatten Küchenmesser oder einem Brieföffner, wenn er sehr scharf war. So was in der Art.«
    Erik sah Vetterich an. Der wusste, welche Frage ihm
auf den Lippen lag, und schüttelte schon den Kopf, ehe Erik sie stellen konnte. »Wir haben die Tatwaffe nicht gefunden.«
    »Dann hat der Täter sie wohl mitgenommen«, meinte Erik und wies auf die Blutlache, in der Dennis Happe lag. »So viel?«
    Dr. Hillmot fand daran nichts Außergewöhnliches. »Er ist nach außen verblutet. Das kommt bei Stichverletzungen oft vor.«
    »Hat der Stich das Herz getroffen?«, fragte Erik.
    »Sieht so aus. Aber das kann ich erst mit Sicherheit sagen, wenn ich ihn mir näher angesehen habe.«
    »Also ein Täter, der sich auskannte?«
    »Kann auch Zufall sein, dass er das Herz getroffen hat.« Dr. Hillmot stöhnte laut auf, weil er seinen schweren Körper in eine andere Lage wuchten musste. »Der Täter hat mehrfach zugestochen. Außerdem habe ich leichte Schnitte an der Innenseite der rechten Hand gefunden. Er hat anscheinend versucht, das Messer abzuwehren. Also wurde er von vorne angegriffen.«
    »Nicht hinterrücks?«
    »Zunächst nicht. Der tödliche Stich kam jedoch von hinten.«
    »Und warum mehrere Stiche?«
    »Es kommt vor«, erklärte Dr. Hillmot, »dass ein Opfer nach einem Stich zunächst kaum eine Reaktion zeigt. Ein Täter, der zum Töten entschlossen ist, sticht deshalb mehrfach zu.«
    Erik nickte. »Todeszeitpunkt? Er ist noch nicht lange tot, stimmt’s?«
    Der dicke Gerichtsmediziner stöhnte leise. Dass er am Boden knien musste, schien seine ganze Kraft zu beanspruchen. Wenn er darüber hinaus noch reden sollte, schaffte er das nur, wenn er gleichzeitig sein Missfallen äußern konnte. »Ich habe die rektale Temperatur gemessen«, meinte er und stöhnte noch lauter. »Die Körpertemperatur fällt je nach Temperaturunterschied zur Umgebung in einer Stunde um 1,0 bis 1,8 Grad. Dieser Raum ist relativ gut geheizt, Dennis Happe trug einen wollenen Pullover …«
    »Das heißt also?«, fragte Erik ungeduldig.
    Aber Dr. Hillmot war noch nicht bereit, auf weitere Erklärungen zu verzichten. Er ärgerte sich oft darüber, dass Erik nur am Ergebnis seiner Arbeit interessiert war, selten an dem Prozess, der zu dem Ergebnis geführt hatte. »Sein Bizeps reagiert noch«, dozierte er und machte Anstalten, Erik diese Tatsache zu demonstrieren, indem er nach dem Arm des Toten griff.
    Aber Erik wandte sich rechtzeitig ab, und Dr. Hillmot resignierte. »Also gut. Er ist etwa zwei Stunden tot.«
    Erik drehte sich zu ihm zurück. »Also ist Dennis Happe umgebracht worden, kurz bevor die Demo hier eintraf. Vielleicht haben die Mitglieder der Bürgerinitiative was gesehen.«
    Sören betrat das Baubüro und enttäuschte Eriks Hoffnung sogleich. »Ich habe alle

Weitere Kostenlose Bücher