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Kurt Ostbahn - Schneeblind

Kurt Ostbahn - Schneeblind

Titel: Kurt Ostbahn - Schneeblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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Kopfzeile um 16 Uhr 03 vom Postamt Westbahnhof an ihn gefaxt. Die Absender sind gut drauf, sie rappen wie die Deppen, und verplempern damit meine kostbare Zeit.
    Na, wie geht‘s ahso, eh ois okee?
Oda tut uns heut das Birnderl weh?
Ein kleiner Rat von uns Experten:
Nur wer wild mischt, den trifft die Härtn!
Und noch ein Trost an unsern Kapo:
Du warst vor Ort, und mia warn a do
Nua gsehn hast nix,
oba mia di
Das wird bald anders, sag niemals nie!
    Die Veranstaltung, die bei jedem Wetter stattfinden sollte, dann aber kurzfristig wegen Schlechtwetters verschoben werden mußte, findet nun am Sonntag, dem 20. Februar statt. 22 Uhr. Henriettenplatz.
    Wir danken für Ihr pünktliches Erscheinen und freuen uns auf Ihren nächsten Besuch. The End is here to come! Now!
    Mit apokalyptischen Grüßen,
    Los Junkyard Angeles
    Erstens giftet mich, daß die Endzeit-Dillos Jim Morrison falsch zitieren, außerdem kränkt mich, daß sie mir vorgestern angeblich unerkannt vor der Nase herumgetanzt sind, und überhaupt ist das Ganze nicht mein, sondern ein Trainer-Problem. Denn die Junkyard Angeles, eine durch das texanisch-mexikanische Grenzgebiet marodierende Motorrad-Gang, hab eindeutig und nachweislich nicht ich erfunden. Sondern der Herr Trainer. Oder Robert Rodriguez. Oder die beiden gemeinsam.
    Was mich hingegen bald einmal aus der lauen Wanne und in medias res (wie Nora sagen würde) treiben wird, ist die Meldung in den lokalen Vier-Uhr-Nachrichten, daß heute gegen sechs Uhr früh eine Kassiererin des »Mondo«-Markts in der Arbeitergasse, Wien-Margareten, beim Betreten des Geschäftslokals von einem Unbekannten angefallen und mit dem Riemen ihrer Handtasche stranguliert wurde. Arbeitskollegen des Opfers konnten durch ihr pünktliches Eintreffen zu Geschäftsbeginn das Schlimmste verhindern. Der Attentäter, etwa 30 bis 40 Jahre alt, konnte unerkannt entkommen. Das Opfer erlitt einen schweren Schock, aber keine ernsten körperlichen Verletzungen. Die Kriminalpolizei vermutet, daß der Täter im engeren Bekanntenkreis der 24jährigen Gerlinde S. zu finden ist und hat diesbezügliche Erhebungen eingeleitet.
    Zirka eine Stunde später steig ich vor dem »Mondo«-Markt aus dem Taxi und in eine wadenhohe Schneewächte. Der Schneesturm von letzter Nacht hat in ganz Wien Bäume entwurzelt, Dächer abgetragen und den frühmorgendlichen Berufsverkehr zum Erliegen gebracht. Das weiß ich alles aus dem Radio. Die Aufräumungsarbeiten, weiß ich auch, sind in vollem Gange.
    Aber nicht in Margareten. Hier vorm »Mondo« siehts aus wie in der Taiga.
    Das Krätzel Arbeitergasse-Einsiedlerplatz gehört nicht zu Wiens ersten Adressen. Abgewohnte Zinskasernen und Beserlparks, deren Instandhaltung dem Gartenbauamt nicht wirklich am Herzen zu liegen scheint. Was eventuell damit zu tun hat, daß hier der Anteil der ausländischen Bevölkerung ebenso hoch sein dürfte wie jenseits des Wientals, drüben bei mir in Fünfhaus.
    In den architektonisch freudlosen Gassen gehen türkische Schneider und koreanische Friseure ihrem Handwerk nach und fuhrt der indische Greißler am Eck neben verlockend duftenden Gewürzmischungen auch Videocassetten der aktuellen Kinohits aus seiner fernen Heimat, die bekanntlich zu den drei größten Spielfilmproduzenten der Welt zählt. Die Werbeplakate in den Schaufenstern zeigen wunderschöne Frauen und Männer in prächtigen Kostümen bei Tätigkeiten, die man auch aus Hollywood kennt: schießen, stechen, würgen und Autos zu Schrott fahren.
    Apropos würgen: Ich bin jetzt, am späten Nachmittag eines Tages, dem nie wirklich das Licht aufgegangen ist, und der deshalb deutlich vor Ende seiner Dienstzeit ohne viel Dämmerung an die rabenschwarze Nacht übergibt, quasi als Hannes Kreuzschinder unterwegs. Ich war beim »Mondo« einkaufen, hab mir die breiten Arsche der Kassiererinnen angesehen und stapfe nun in der Saukälte nach Hause, nicht ohne bei meiner »Mode-Boutique« zu überprüfen, ob die Verkäuferin heute wieder eines ihrer aufreizenden, sündigen Modelle trägt.
    Das Problem mit diesem Teil von Margareten ist leider nur, daß es keinen Bedarf an Boutiquen der von Kreuzschinder beschriebenen Art gibt. Hier werden Textilien aller Art in der »Schwemme« oder im »Bazar« angeboten. Aber diese Angebote dürften nicht einmal einen Kreuzschinder auf schmutzige Gedanken bringen.
    Also dehne ich meine Nachforschungen aus, in Richtung Wiental, Schönbrunner Straße.
    Und dort werd ich bald fündig. Ein Fachgeschäft

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