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Kurz vor Mitternacht

Kurz vor Mitternacht

Titel: Kurz vor Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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anständig. Er stellte die Sache so dar, dass er bei der Scheidung der schuldige Teil war.»
    «Ich wollte nicht, dass ihr Name in den Schmutz gezogen würde», murmelte Nevile düster. «Aber ich ahnte nicht, dass jemand etwas davon wusste…»
    «Adrian schrieb mir alles kurz vor seinem Tod», gab Thomas knapp zurück. Er fuhr fort: «Sehen Sie, Inspektor, das macht ihr Motiv zunichte! Audrey hat keinerlei Ursache, Nevile zu hassen. Im Gegenteil, sie hätte allen Grund, ihm dankbar zu sein. Er wollte ihr einen großzügigen Unterhalt zahlen, was sie nicht angenommen hat. Als er sie dann bat, hier mit Kay zusammenzutreffen, hatte sie natürlich das Gefühl, dass sie nicht gut nein sagen könnte.»
    «Ja, das macht das Motiv zunichte», warf Nevile eifrig ein. «Thomas hat Recht.»
    Battles hölzernes Gesicht blieb unbeweglich.
    «Es kommt nicht nur aufs Motiv an. Vielleicht habe ich mich in diesem Punkt geirrt. Aber die Tatsachen! Alle Tatsachen weisen auf ihre Schuld hin.»
    «Vor zwei Tagen wiesen alle Tatsachen auf meine Schuld hin», sagte Nevile nachdenklich.
    Battle schien ein wenig verwirrt zu sein.
    «Das stimmt. Ich weiß wohl, worauf Sie hinauswollen, Mr Strange. Ich soll glauben, dass jemand Sie beide hasst – jemand, der für den Fall, dass der Ihnen gelegte Fallstrick nicht wirkte, einen zweiten gegen Mrs Audrey Strange gelegt hat. Nun sagen Sie mir, Mr Strange, gibt es einen Menschen, der Sie und Ihre erste Frau hasst?»
    Neviles Kopf ruhte wieder in seinen Händen.
    «Wenn Sie es so darstellen, klingt es ganz unglaublich…»
    «Ich muss mich an die Tatsachen halten. Wenn Mrs Audrey Strange eine Erklärung hat…»
    «Konnte ich etwas erklären?», unterbrach Nevile.
    Battle stand unvermittelt auf.
    «Es hat keinen Zweck, Mr Strange. Ich muss meine Pflicht tun.»
    Die beiden Polizeibeamten verließen den Raum als erste; Nevile und Thomas folgten ihnen auf den Fersen.
    Sie gingen durch die Halle ins Wohnzimmer.
    Audrey erhob sich und trat ihnen entgegen. Sie blickte Battle gerade ins Gesicht, ihre Lippen schienen lächeln zu wollen.
    Sehr sanft fragte sie: «Sie kommen zu mir, nicht wahr?»
    Battle schlug einen amtlichen Ton an.
    «Mrs Strange, ich verhafte Sie im Namen des Gesetzes. Sie sind angeklagt, am zwölften September Camilla Tressilian getötet zu haben. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass alles, was Sie sagen, gegen Sie verwendet werden kann.»
    Audrey ließ einen Seufzer hören. Ihr klar geschnittenes Gesichtchen war ruhig und rein wie eine Kamee.
    «Es ist beinahe eine Erlösung. Ich bin froh, dass es vorüber ist.»
    Nevile sprang vor.
    «Audrey, sprich nicht! Sag überhaupt nichts!»
    Sie lächelte ihn an.
    «Aber warum denn, Nevile? Es ist alles wahr, und ich bin so müde.»
    Leach atmete tief. So, das war es also. Übergeschnappt natürlich, aber das erspart viel Mühe. Er wunderte sich nur über seinen Onkel. Der sah aus, als hätte er ein Gespenst erblickt. Starrte die unglückliche Irre an, als könnte er seinen Augen nicht trauen. Na, jedenfalls war es ein interessanter Fall gewesen, dachte Leach zufrieden.
    Plötzlich, wie als grotesker Höhepunkt des Auftritts, öffnete Hurstall die Tür und meldete: «Mr MacWhirter.»
    MacWhirter kam zielbewussten Schrittes herein und ging schnurstracks auf Battle zu.
    «Sind Sie Inspektor Battle, der den Fall Tressilian bearbeitet?», erkundigte er sich.
    «Ja.»
    «Ich habe eine wichtige Aussage zu machen. Es tut mir leid, dass ich erst jetzt komme, aber es ist mir heute erst aufgegangen, dass ich am Montagabend etwas Wichtiges gesehen habe.»
    Er blickte sich um.
    «Kann ich mit Ihnen unter vier Augen sprechen?»
    Battle wandte sich an seinen Neffen.
    «Willst du hier bei Mrs Strange bleiben?»
    Leach antwortete in amtlichem Ton: «Zu Befehl.» Dann beugte er sich vor und flüsterte dem Inspektor etwas ins Ohr.
    Battle sagte zu MacWhirter: «Folgen Sie mir bitte.»
    Er führte ihn in die Bibliothek.
    «Nun, worum handelt es sich? Mein Kollege teilte mir soeben mit, dass er Sie im vergangenen Winter schon mal gesehen hat.»
    «Das stimmt», versetzte MacWhirter. «Selbstmordversuch. Das gehört mit zu meiner Aussage.»
    «Bitte, sprechen Sie, Mr MacWhirter.»
    «Im Januar unternahm ich einen Selbstmordversuch, indem ich mich vom Stark Head hinunterstürzte, und nun zog es mich irgendwie an jenen Ort zurück. Montagabend ging ich dorthin. Ich stand eine Zeit lang auf der Klippe. Ich blickte übers Wasser zur Easterhead-Bucht, und dann schaute

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