Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kurz vor Mitternacht

Kurz vor Mitternacht

Titel: Kurz vor Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
gekommen sind?»
    «Ich nehme an, dass es meine eigenen Haare sind.»
    «O nein, Ihre sind es nicht. Es sind Frauenhaare. Und am Ärmel fanden sich rote Haare.»
    «Die werden wohl von meiner Frau stammen – von Kay. Meinen Sie, dass die andern von Audrey sind? Gut möglich. Ich erinnere mich, ich verfing mich mit dem Manschettenknopf in ihren Haaren.»
    «In diesem Falle müssten sie an der Manschette sein», murmelte Sergeant Leach.
    «Was zum Teufel meinen Sie denn damit?», rief Nevile.
    «Innen am Kragen ist auch etwas Puder», sagte Battle. «Primavera Naturelle Nr. 1 – ein sehr wohl riechender und sehr teurer Puder. Aber es hätte keinen Zweck, wenn Sie mir erzählen würden, dass Sie ihn zu benutzen pflegen, Mr Strange, denn ich würde Ihnen nicht glauben. Und Mrs Kay Strange benutzt Orchid Sun Kiss. Mrs Audrey Strange benutzt Primavera Naturelle Nr. 1.»
    «Ja, und?», fragte Nevile.
    Battle lehnte sich vor.
    «Damit meine ich», erwiderte er langsam, «dass Mrs Audrey Strange bei irgendeiner Gelegenheit den Rock anhatte. Sie haben doch auch den Handschuh gesehen, nicht wahr? Es ist tatsächlich ihr Handschuh – der rechte; hier ist der linke.»
    Er zog den zweiten Handschuh aus der Tasche und warf ihn auf den Tisch. Der Handschuh war zerknittert und trug rostbraune Flecken.
    «Was ist darauf?», fragte Nevile mit erschrockener Stimme.
    «Blut, Mr Strange», antwortete der Inspektor bestimmt.
    «Und beachten Sie bitte, dass es der linke Handschuh ist. Mrs Audrey Strange ist Linkshänderin. Das fiel mir als Erstes auf, als ich sie mit der Kaffeetasse in der rechten und mit der Zigarette in der linken Hand am Frühstückstisch sitzen sah. Außerdem liegt das Schreibmaterial auf ihrem Schreibtisch auf der linken Seite. Es passt alles zusammen. Der Knauf von ihrem Kamingitter, die Handschuhe vor ihrem Fenster, ihre Haare und ihr Puder auf dem blauen Rock. Lady Tressilian wurde an der rechten Schläfe verletzt, aber ihr Bett stand so, dass niemand auf der andern Seite hätte stehen können. Daraus lässt sich schließen, dass ein Schlag mit der rechten Hand sehr schwer zu führen gewesen wäre, hingegen hätte ein Linkshänder den Streich sehr leicht führen können…»
    Nevile lachte zornig.
    «Wollen Sie damit sagen, dass Audrey die alte Dame umgebracht hat, um sie zu beerben?»
    Battle schüttelte den Kopf.
    «O nein. Es tut mir leid, Mr Strange, aber Sie müssen die Dinge so sehen, wie sie sind. Dieses Verbrechen richtet sich in allererster Linie gegen Sie. Möglich, dass Mrs Audrey Strange den Gedanken erwog, Sie umzubringen, doch das genügte ihr nicht. Sie sollten als Mörder gehängt werden. Sie wählte den Abend, als Sie mit Lady Tressilian einen Streit hatten. Sie holte Ihren Rock und zog ihn an, damit er Blutspuren abbekam. Sie ließ Ihren Golfschläger am Tatort zurück, da sie wusste, dass er Ihre Fingerabdrücke trug, und sie beschmierte das Ende mit Blut und Haaren. Sie war es, die Ihnen den Gedanken in den Kopf setzte, hier mit ihr zusammenzutreffen. Was Sie rettete, war eine Kleinigkeit, mit der sie nicht hatte rechnen können – die Tatsache, dass Lady Tressilian nach Barrett klingelte, und dass Barrett Sie das Haus verlassen sah.»
    Nevile hatte das Gesicht in den Händen vergraben.
    Er stöhnte: «Das ist nicht wahr! Das ist nicht wahr! Audrey hat nie einen Groll gegen mich gehegt. Sie ist der anständigste, treueste Mensch mit einem durch und durch lauteren Herzen…»
    Battle seufzte.
    «Es gehört nicht zu meiner Aufgabe, mit Ihnen zu streiten, Mr Strange. Ich wollte Sie nur vorbereiten. Ich habe den Haftbefehl gegen Mrs Strange in der Tasche. Sie sollten sich nach einem Verteidiger für sie umsehen.»
    «Das ist unsinnig, vollkommen unsinnig!»
    «Liebe schlägt leichter in Hass um, als Sie ahnen.»
    «Das ist unsinnig!»
    Thomas mischte sich ein, seine Stimme klang ruhig und gefasst.
    «Nehmen Sie sich zusammen, Strange. Begreifen Sie denn nicht, dass Sie Audrey nur helfen können, wenn Sie alle Ritterlichkeit beiseite lassen und mit der Wahrheit herausrücken?»
    «Mit der Wahrheit? Meinen Sie…»
    «Ich meine die Wahrheit über Audrey und Adrian.»
    Thomas wandte sich an die beiden Polizeibeamten.
    «Sie müssen wissen, Inspektor, Sie sind über die Zusammenhänge falsch unterrichtet. Nevile hat Audrey nicht verlassen, sondern sie verließ ihn. Sie ging mit meinem Bruder Adrian durch. Dann kam Adrian bei einem Autounfall um. Nevile verhielt sich Audrey gegenüber außerordentlich

Weitere Kostenlose Bücher