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Kurzer Abriss meines Lebens in der mongolischen Steppe

Kurzer Abriss meines Lebens in der mongolischen Steppe

Titel: Kurzer Abriss meines Lebens in der mongolischen Steppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hulova
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anfing, er jedoch musste jeden Tag unseren Anblick ertragen. Vielleicht erinnere zumindest ich sie auch an Schönes, aber Nara sicher nicht. Von dem russischen Najmaatschin, der Sardinen verkaufte, hatte mir noch Munchtsetseg erzählt, als ich ihr mit dem Kumys half. Es war Abend, Majdar saß eine Zeitlang bei uns und ging dann wortlos hinaus in die kalte, sternenübersäte Steppe.
    Mama hatte Papa durch einen Zufall kennen gelernt. Großmutter, als sie schon knapp vor dem Sterben war und nur dann und wann wütend etwas aus ihrem Schlupfloch hervorzischte, sagte, alles hätte ganz anders sein sollen.
    Hätte sie gewusst, dass das Mädchen, das an ihrem Ger sein Pferd zügelte und ein wenig Wasser und Reis wollte, Papas Frau wird, hätte sie die Hunde auf sie gehetzt, und statt der Suppe hätte sie ihr einen Brei aus Argal gegeben. Aber da wusste Großmutter schon nicht mehr, was sie redet, und Mama war es egal.
    Mama zog damals mit ihrem Ger, Schartsetseg, Gerle und Onon, alle außer Gerle waren jünger als sie, nach Bajan Ölgij zu den Kasachen, um Teppiche zu kaufen.
    Mamas Familie war nie sehr tüchtig, es ging ihnen ziemlich schlecht, und sie gedachten, in Bajan Ölgij für ein paar Tugrik einzukaufen und dann in der Hauptstadt weiterzuverkaufen. Daraus wurde letztlich nichts, weil so billig, wie sich das Ogoj,
Mamas Vater, vorgestellt hatte, niemand seinen Teppich hergab. Als sie aber auf dem Rückweg wieder bei Dolgormas Ger hielten, blieben sie zwei Nächte, und Papa und Mama wichen die ganze Zeit keinen Schritt voneinander. Mama ging nur zum Schlafen zu ihren Leuten, ins Gästeger, aber sie schlief ohnehin nicht sehr viel, weil sie lieber ein Stück weiter weg mit Papa in der Steppe saß und sie das stundenlang aushielten.
    Ein gemeinsames Ger hatten sie ein Jahr später.
    Großmutter Dolgorma knirschte mit den Zähnen, aber Ogoj war froh, seine Tochter so gut untergebracht zu haben, und dass es ihn nichts gekostet hatte, und weil Mama heimwollte, verließ Papa seine Region.
    Sie bekamen Magi, dann kam ich, dann musste Papa zur Grenzwache, und dann zog Großmutter zu uns. Dank einer Herde ihrer besten Kaschmirziegen bewachte er die Grenze unserer Mongolischen Volksrepublik nur ein einziges Jahr. Papas Oberleutnant kam auf seine Kosten. Aber trotzdem. Zwölf Monate in einer einsamen Holzbude mit rotem Stern, nur mit einer Maschinenpistole und einem ewig besoffenen Iwan. Rundherum Stacheldraht und daheim dann ein frisches drei Monate altes Baby.
    Munchtsetseg sagte, es wäre ein Najmaatschin mit Sardinen irgendwoher aus Werchojansk gewesen. Das ist komisch, weil, als ich mir diese Stadt auf der Landkarte in der Aeroflot-Wartehalle heraussuchte, gab es bei Werchojansk weit und breit kein Meer. Vielleicht war es Magadan, oder Mama hat wieder einmal geflunkert.
    Sie säugte mich vor dem Ger, als er gerade vom Fuß der Roten Berge heranritt. Er hätte was zu verkaufen und würde eine Suppe nicht verschmähen. Mama bediente ihn, und
dann hat er sie wahrscheinlich zu Boden geworfen und es ihr gemacht. Das wusste Munchtsetseg nicht genau. Aber Nara hat helles Haar, das sieht jeder. Andererseits isst kein richtiger Mongole Fisch. Niemand aus unserer Familie und auch niemand, den ich kenne. Der Mongole isst, wofür er selbst sorgt, und die Fische gehören keinem. Das müsste dieser verfluchte Najmaatschin doch eigentlich gleich gemerkt haben, sobald sein Gaul mit dem Huf sein erstes Brandzeichen in unseren heiligen Boden setzte.

    Heim fuhr ich schließlich doch. Ausgerechnet Mergen und mir sagen, was ich zu tun hätte. Tss! Der Bahnhof war voller Kibitkas, und zu uns fuhren gleich mehrere davon. Auf der Südroute über Charchorin.
    Zu Purew war gerade ein Vetter aus Darchan gekommen, so war er froh, dass die Liege in der Küche für ein paar Tage frei wurde, und für unterwegs brachte er mir einen Sack mit Chuuschuurs. Ein Glück, dass ich ihn und Erka hatte, das sagte ich ihm aus dem Fenster am Busbahnhof. Gelber Blume werde ich nie vergessen, dass sie uns miteinander bekannt gemacht hat.
    Der Fahrer sagte, wir würden dreizehn sein. Schlussendlich waren wir achtzehn, die fuhren, und alle schleppten noch allerlei Geschenke mit, Plastiklavoirs und Schalen, Schuhe, Drahtrollen, und immer weitere Mongolen stiegen nach und nach zu, und so war ich erleichtert, als wir da waren.
    Der Himmel war trüb, dunkle Wolkenschatten huschten wie die Flügel großer Vögel über die Steppe.
    Großmutter sagte, Unglück könne man

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