Kurzer Abriss meines Lebens in der mongolischen Steppe
gesagt. Ich warf ihr einen alten Deel und Stiefel mit Yaksenkeln aufs Bett, dass sie mir hier bloß nicht in der Stadtkluft herumzockelt, und ihre nach oben verdrehten Augen erwiderte ich mit einem entsprechenden Blick. Das wichtigste ist, das Mädel bleibt in Trab und hat keine Zeit für Unfug. Ich werd ihr geben, das grauhaarige Alter zu missachten.
Ich wollte, dass wir es gut miteinander hätten, und daher kochte ich noch vor ihrer Ankunft einen Topf Ziegensuppe und wärmte im Dampf so viele Buuz, wie sie nur ein junger Körper vertragen kann. Tuuleg zog ich was Besseres an, und von Dordsch kaufte ich einen Sack Tabak, damit er Zerstreuung hätte und Dolgorma nicht mit seiner Verdrossenheit nervte. Und für alles der reinste Undank. Ich hatte wirklich
Interesse gehabt, und die Familienbande zu festigen, dazu sind alte Frauen schließlich da. So viele Enkel habe ich nun auch wieder nicht. Sie aber spazierte die ganzen zwei Monate mit zusammengebissenen Zähnen und mit dem empörten Blick eines zornigen Kindes herum.
Ich sprach von der Verwundbarkeit dummer junger Mädchen, sprach von Dzaja, die sich kleidete wie eine Dame, aber unfähig war, sich einen tüchtigen Mann einzufangen, ich sprach von den kurzen Röcken, in denen man sich einen Schnupfen holt, sprach vom anständigen Leben einer ordentlichen Frau, darüber, dass allein ein solches Leben Früchte trägt, saftig und voller Kernchen, Kinder, die ihren Papa kennen. Ich sprach vom Beten und gefalteten Händen, die helfen, wenn alles andere schon den Dienst versagt. Ich sprach vom Glück, und Dolgorma wollte nichts davon hören. Als hätte sie Kiefernstöpsel in den Ohren gehabt. Unbelehrbar. Ein Mädchen, das keine Erziehung hat. Aber ich gab nicht auf. Ich holte das Stirnband meiner Mutter aus der Schachtel und erzählte von den Frauen, die im Alter allein bleiben, weil sie es sich nicht zu richten verstehen, erzählte von den Winterabenden, die einen genauso unter die Decke locken wie junge Windbeutel, und davon, dass eine Frau sich immer auf den Beinen halten muss, ich erzählte auch davon, wie man sich, wenn sich ein Kind einstellen soll, an den Mann drücken und ihn unter der Decke zwischen den Schenkeln berühren muss. Sogar davon sprach ich, ich bin kein schamhaftes altes Weib, und was ich weiß, sage ich. Ich wollte für sie der gute hohle Baum sein, in den hinein sie sich ausreden konnte, ich wollte einfach auch, dass all meine guten Ratschläge jemand hört. Aber nein. Dolgorma ließ ihre Augen die Gerwand hinauf- und hinunterwandern, und Tuuleg stopfte sich eine Reihe Zigaretten. Eine neben
der anderen, damit er am nächsten Tag Ruhe hätte. Die Reihe der Röllchen, die hell wie die ausgebleichten Schwellen der Baikal-Amur-Magistrale waren, vergrößerte sich und damit auch mein Eifer. Viel fehlte nicht, und ich hätte ihr absolut alles gesagt. Auch dass ich die Baikal-Amur-Magistrale nur von Fotos kenne und froh bin darüber. Als ich mich aber zu Dolgorma umsah, schlief sie.
Ich lasse mich nicht entmutigen. Aus meinen Worten sprechen Jahre inmitten von Ziegen, Winterabende ohne Argal, Hunderte geflickter Deels, Tausende rechtschaffener Talgsuppen.
Nächsten Sommer werde ich ihr alles von neuem wiederholen.
Mit Tsetsegma und Zula ist es auch nicht weit her. Batdschar kann ruhig den Kopf schütteln, er ist ein Mann, aber die Mädchen sollten nicht die Äuglein verdrehen. Dabei gab es mit Ojuna nie Probleme. Der Topf, aus dem die Töchter ihrer Mütter trinken, ist halt ein anderer. Als sie klein waren, waren sie hinter mir her wie die Ameisen hinter Zucker. Sie kamen zu mir, um Bonbons zu essen. Ich hatte immer genug in meinen Taschen. Wenn sie jetzt zu mir kommen, und das ist nicht oft, schütte ich sie in eine Schale. Sie trommeln wie Hagelkörner auf Blech, aber die Mädchen wollen sie nicht. Ich weiß nicht, womit ich sie ködern soll. Es bereitet mir Sorgen, dass sie immer noch da sind, dass keine Männer sich die zwei geholt haben. Ich schaukelte in ihrem Alter schon Magi in der Wiege, und sie hängen immer noch Ojuna am Hals. Dass uns das bloß keine Schande einbringt.
Ojuna und Najma sind reinblütig. Keine Erliiz. Ariuna ist nie fremdgegangen, Tsoboo hat auf sie aufgepasst, und Ojuna
ist hundertprozentig von Tuuleg. Ein unbefleckter Stammbaum.
Als Zula und Tsetsegma noch klein waren, hatten sie runde Bäckchen und waren zum Anbeißen wie alle anderen. In dem Maß, wie sie größer wurden, ging es aber den Bach hinunter. Schönheiten
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