Kuss der Nacht - Band 02
untersuchen, wissen Sie erstaunlich wenig über ihre Fähigkeiten. Das hier schon vergessen?«
Er ließ seine Augen grün aufleuchten. Ihr Licht fiel auf Dons Gesicht. Der sah weg.
»Der Bannblick der Untoten. Wie oft habe ich mir gewünscht, selbst die Fähigkeit zu besitzen, jemandem auf diese Weise die Wahrheit entlocken zu können, ohne die Konsequenzen natürlich.«
»Nun ja, Macht hat eben ihren Preis, und der muss bezahlt werden. Soll ich dich loslassen, Kätzchen, damit du ihm den Schädel einschlagen kannst?«
Bones schien völlig ungerührt zu sein. Ich starrte Don an. Mir fiel auf, dass wir die gleichen Augen hatten. Warum hatte ich das zuvor nie bemerkt?
»Für das, was du mir angetan hast, sollte ich dich tatsächlich umbringen, aber das werde ich nicht. Zufällig verstehe ich besser als die meisten anderen, wie es ist, Rache nehmen zu wollen. Man neigt zu überstürztem Handeln, schickt zum Beispiel die eigene Nichte auf lebensgefährliche Missionen, um an seinen Bruder heranzukommen. Außerdem«, ich zuckte mit den Schultern, »bist du abgesehen von meiner Mutter der einzige Blutsverwandte, den ich noch habe. Komm mit oder bleib hier, mir ist es egal, aber wenn du mitkommen willst, mischst du dich nicht ein. Schaffst du das?«
Don erhob sich. »Ja.«
Tate und Juan standen immer noch vor der Tür.
»Ist alles in Ordnung, Cat?«, wollte Tate wissen. Er warf einen Blick auf Bones, der die neugierigen Mitarbeiter mit geübtem Blick musterte.
»Vorerst schon. Tate, du und Don, ihr könnt helfen. Fangen wir mit dem Naheliegendsten an. Wo ist das Team? Die Männer wissen, was ich bin und wo ich wohne. Nachdem wir uns hier umgesehen haben, gehen wir zu ihnen.«
»Wir haben alle dreißig herkommen lassen, sie sind im Trainingsraum, allerdings bewaffnet, Cat. Wir werden sie in Gruppen rausbringen müssen, damit sie den guten Herrn Dracula nicht gleich abstechen.« Das hatte Tate mit einem vernichtenden Blick in Richtung Bones gesagt, der zum Schrecken der Belegschaft ganz Vampir geworden war und jeden Einzelnen beschnupperte.
»Glaubt ihr, ich würde mir wegen eines Zimmers voller Sterblicher ins Hemd machen?«, gab Bones zurück. »Sie können ihre Spielsachen behalten; dann bekommen sie eine wertvolle Lektion erteilt. Sie sind nicht Cat, wie gut sie sie auch trainiert haben mag.«
Juan war verdutzt. »Er kann es mit allen aufnehmen, auch wenn sie mit Silber bewaffnet sind?«
Ich hätte es gerne abgestritten, denn immerhin hatte ich die Männer hart trainiert, doch sie waren schlicht und einfach noch keinem so mächtigen Vampir wie Bones begegnet. Schon gar nicht in einem abgeschlossenen Raum, auch wenn er die Größe eines Fußballfeldes hatte.
»Ja. Aber muss das wirklich sein, Bones? Zeitlich gesehen? Und du bringst niemanden um; das sind meine Leute.«
»Zeitlich gesehen ist es so am effizientesten. Ich nehme sie mir alle auf einmal vor, das geht schneller als Gruppe für Gruppe. Der Schuldige wird es am erbittertsten auf mich abgesehen haben. Oder sich in die Hosen machen, eins von beiden. In diesem Raum sind alle sauber - hier ist kein Überläufer. Sorgt Euch nicht um Eure Getreuen, Robin Hood; sie müssen noch nicht sterben.«
»Ich will dabei sein.« Dons Gesicht drückte starkes berufliches Interesse aus. »Ich habe noch nie einen Meistervampir in Aktion gesehen. Immer nur das blutige Endergebnis.«
»Und da liegen Sie wieder falsch«, stellte Bones fest. »Sie haben Cat bereits jahrelang beim Kampf beobachten können, also haben Sie schon eine Meistervampirin in Aktion gesehen. Nur schlägt ihr Herz noch.«
Unser Trainingsraum war mehr als eine bloße Turnhalle. In ihm gab es einen riesigen Hindernisparcours mit Kletterseilen, herunterfallenden Trümmern, Wassergräben und jeder Menge Platz zum Laufen. Bei der trüben Notbeleuchtung, die den Raum nur schwach erhellte, war Bones im Vorteil. Er bestand darauf, dass wir in Dons Kabine warten sollten, von wo aus man den besten Überblick hatte. Er wollte verhindern, dass ich im Kampfgetümmel von einem Messer verletzt oder angeschossen wurde. Natürlich wurde es ein spektakuläres Schauspiel. Als sein bleiches Gesicht im Flackerlicht auftauchte, wurden Schreie laut, dann folgte hektisches Durcheinander, dem sogar ich nicht ganz folgen konnte.
»Christos«, keuchte Juan beeindruckt. »Er fliegt ja.«
Bones bewegte sich mit riesigen Sprüngen, die Gesetze der Schwerkraft schienen für ihn nicht zu gelten. Er warf sich mit seinem ganzen
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