Kuss des Apollo
waren irgendwie alberne Szenen, mit diesem Hermes … So hieß er doch, der Gefolgsmann von Zeus, nicht? Und sein Gelaber mit der Jungfer, der Alkmene. Der musste ja auch in einer anderen Aufmachung auftreten, als … als … Wie heißt der Feldwebel von Amphitryon?«
»Feldwebel ist gut«, sagte Frobenius und lachte. »Der heißt bei Kleist Sosias. Na ja, so eine Art Adjutant ist er ja, und er kommt nach Hause, um den Sieg seines Herrn zu melden, und findet sich selbst da vor.«
»Deswegen habe ich mir ja später den Film angesehen. Ihr habt schon recht, wenn Amphitryon und Zeus von einem Schauspieler gespielt werden, ist das wirklich einfacher. Obwohl ich nicht einsehe, dass die beiden Männer im Aussehen identisch sein müssen.«
»Wieso bitte nicht?«, fragte Will.
»Zeus ist schließlich ein Gott. Es müsste ihm doch ein Leichtes sein, in Alkmenes Augen so auszusehen wie ihr Mann. Darauf kommt es doch nur an. Für das Publikum, das im Theater sitzt, kann er ja ruhig anders aussehen. Das Wunder der Verwandlung ist eigentlich nur für Alkmenes Augen bestimmt.«
»Da hast du recht«, sagte Herbert beeindruckt. »Auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen.«
»Noch einen kleinen Cognac?«, fragte Kitty.
»Für mich gern«, sagte Jana. »Ich habe zwei Stück Kuchen gegessen, das ist mir lange nicht mehr passiert.«
»Ach, überhaupt diese Götter«, sagte Kitty, während sie die Gläser füllte. »Die sind ja alle ziemlich üble Burschen. Denkt nur mal an unseren Wotan!«
»Wie kommst du denn auf den?«, fragte Will amüsiert.
»Der ist doch von der gleichen Art. Er hat seine Fricka auch ständig betrogen. Die Walküren sind ja wohl alle von ihm gezeugt. Na, und die Wälsungen? Wie sind die denn zustande gekommen?«
»Dank Wagner wissen wir wenigstens etwas darüber. Sonst ist es um die germanische Überlieferung, gemessen an der griechischen, ja eher bescheiden bestellt. Da müsste man mal nachforschen«, sagte Jana.
Herbert hob abwehrend die Hände. »Bitte nicht. Mir genügen die alten Griechen.«
»Und wisst ihr, was mich am meisten an all diesen Geschichten ärgert?«, sagte Kitty, die Cognacflasche in der Hand. »Dass wir Frauen in all diesen alten Geschichten immer die Dummen sind. Wir werden gebraucht und missbraucht, die Männer gehen krähend ihrer Wege. Von Emanzipation hatten die früher keine Ahnung.«
Die drei anderen lachten, Kitty blickte sie triumphierend an. Doch Jana sagte: »Wenn wir denn bei Kleist bleiben, wie ist denn das mit Penthesilea. War die emanzipiert genug?«
Höchst zufrieden und satt bis obenhin, spazierten sie kurz darauf ins Hotel zurück, mit einem kleinen Umweg dem Hund zuliebe.
In bestem Einvernehmen und mit guter Laune verbrachten sie den Rest des Osterurlaubs. Im Stillen waren sie ganz froh, dass Sebastian nicht mehr dabei war, von dem Film mochten sie nicht ständig reden. Ob und wie und wann er gedreht werden sollte, blieb ungeklärt.
Doch er wurde gedreht. Es verging mehr als ein Jahr bis zur ersten Klappe. Zunächst wurden einige Aufnahmen mit der von Sebastian gewünschten Besetzung in den Studios der Bavaria gedreht.
Frobenius hatte einen Kooperationsvertrag mit einer griechischen Produktionsfirma geschlossen, das erleichterte die Aufnahmen auf der Insel Delos.
Sie wohnten zunächst auf Mykonos, wo es genau so zuging, wie Sebastian es beschrieben hatte. Sie siedelten nach Naxos über, dort fühlten sie sich wohler, die Unterbringung war komfortabler, nur dauerte die Überfahrt nach Delos länger.
Aber die Dreharbeiten verliefen sehr unbefriedigend.
Das Lachen des Zeus
Die Stimmung am Set war verheerend. Das lag auch an den beiden Hauptdarstellern, Susanne Conradi und Walter Burckhardt. Sie konnten einander nicht ausstehen. Sie waren Profis, beide berühmt genug, um den anderen gelten zu lassen, aber es gab keine Harmonie zwischen ihnen. Sie hatten vor vielen Jahren, als sie noch am Anfang ihrer Karriere standen, einen Film zusammen gedreht, der ein Flop geworden war, und das hatten beide nicht vergessen, jeder gab dem anderen die Schuld daran.
Die Conradi war höchst erfolgreich im Fernsehen, hatte allerdings auch Rollen übernommen, die ihr nicht lagen, besser gesagt, in die sie nicht hineinpasste. Ab und zu musste sie unfreundliche Kritiken einstecken. Und beliebt war sie bei ihren Kollegen sowieso nicht.
Burckhardt hatte selten gefilmt, hauptsächlich Theater gespielt, in den letzten Jahren an den besten Bühnen, von Romeo über den Ferdinand
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