Kuss des Tigers - Eine unsterbliche Liebe
jahrhundertelang in Zoos und Zirkussen gelebt, schon vergessen? Und ich esse … keine … Affen!«
»Hm.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust und starrte zornig zurück. Er warf mir einen Blick zu, stampfte dann fort und ging vor einer anderen Statue in die Hocke.
Gereizt fauchte er: »Der dort ist ein Makake, der ist in Indien beheimatet, und dieser haarige Affe ist ein Pavian, der stammt auch von hier.«
»Und welchen nehme ich nun? Es muss einer der letzten beiden sein. Die anderen beiden Affen sind nicht von hier, also wird es wohl einer von diesen sein.«
Ren beachtete mich gar nicht, sondern besah sich die Affengruppen unter dem Sockel. Da rief ich: »Pavian.«
Er stand auf. »Warum er?«
»Sein Gesicht erinnert mich an die Statue von Hanuman.«
»Okay, dann versuch’s.«
»Was soll ich versuchen?«
Er verlor die Geduld. »Keine Ahnung! Tu das, was du immer tust mit deiner Hand.«
»Ich weiß nicht, ob das diesmal klappt.«
Er zeigte auf den Affen. »Na gut, dann reib ihm den Kopf wie einer Buddhastatue. Wir müssen irgendwie herausfinden, was der nächste Schritt ist.«
Ich sah Ren stirnrunzelnd an, der unverhohlen wütend auf mich war, ging dann zur Pavianstatue und berührte zögerlich den Kopf des Tieres. Nichts geschah. Ich tätschelte ihm die Wangen, strich ihm über den Bauch und zupfte an seinen Armen, dem Schwanz … Nichts. Ich tippte ihm auf die Schulter, da spürte ich, wie sich die Statue ein wenig bewegte. Ich tippte ihm auf die andere Schulter, und der Sockel schwang zur Seite und legte eine Steinbox mit einem Hebel frei. Ich griff hinein und zog den Hebel. Zuerst passierte nichts. Dann spürte ich, wie meine Hand heiß wurde. Die Symbole auf meiner Hand traten deutlich hervor, und der Hebel erzitterte, drehte sich und sprang aus der Führung.
Ein Grollen erschütterte den Boden und das Wasser im Becken begann abzufließen. Ren packte meine Arme und riss mich an seine Brust, während er uns hastig vom Beckenrand entfernte.
Das rechteckige Becken barst in zwei Teile. Beide Hälften schoben sich voneinander weg. Das Wasser spritzte gegen Felsen und Steine, während es gurgelnd in das gähnende Loch stürzte, das dort klaffte, wo einst das Becken gewesen war.
Etwas begann, von da unten aufzutauchen. Zuerst glaubte ich, dass nur das Licht auf dem nassen Stein reflektierte, doch das Licht wurde zunehmend heller, bis ich einen Zweig ausmachte, der aus dem Loch ragte und mit funkelnden goldenen Blättern bedeckt war. Weitere Äste kamen zum Vorschein und dann ein Stamm, der wuchs und wuchs, bis ein ganzer Baum vor uns stand. Die Blätter versprühten ein weiches gelbes Licht, als hingen Tausende von goldenen Christbaumkugeln an den Ästen, durch die eine leichte Brise zu gehen schien.
Der Baum war etwa vier Meter hoch und mit kleinen weißen Blüten übersät, die einen süßlichen Duft verströmten. Der Stamm erhob sich aus einem großen Steinbehälter, der auf einem festen Steinsockel saß. Es war der schönste Baum, den ich je gesehen hatte.
Ren nahm meine Hand und führte mich vorsichtig zu dem Baum hin. Er streckte den Arm aus und befühlte ein goldenes Blatt.
»Er ist wunderschön!«, rief ich.
Ren pflückte eine Blüte und roch daran. »Ein Mangobaum.«
Wir bewunderten beide den Baum. Ich war überzeugt, dass mein Gesicht ebenso von Ehrfurcht ergriffen war wie seines.
Rens Ausdruck wurde weicher. Er machte einen Schritt auf mich zu und wollte mir die Blüte ins Haar stecken. Ich drehte mich weg, gab vor, es nicht bemerkt zu haben, und strich über ein goldenes Blatt.
Als ich ihm im nächsten Moment einen flüchtigen Blick zuwarf, war sein Gesichtsausdruck wie versteinert und die weiße Blüte lag zertreten am Boden. Mein Herz pochte schmerzhaft, als ich die wunderschönen Blütenblätter verloren im Schmutz liegen sah.
Wir umrundeten den Baum, betrachteten ihn von allen Seiten. Ren rief: »Dort! Siehst du? Da hängt eine goldene Frucht!«
»Wo?«
Er zeigte zur Baumspitze, und tatsächlich, eine goldene Kugel baumelte sanft an einem Ast.
»Eine Mango«, murmelte er. »Natürlich. Das macht Sinn.«
»Warum?«
»Mangos sind einer der Hauptexportartikel Indiens. Sie sind ein Grundnahrungsmittel für unser Land. Vielleicht sogar die wichtigste natürliche Ressource, die wir haben. Die Goldene Frucht von Indien ist also eine Mango. Das hätte ich mir denken können.«
Ich blickte zu den hohen Ästen empor. »Wie gelangen wir dorthin?«
»Kletter auf meine
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