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Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)

Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)

Titel: Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. L. Grey
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des Barkeepers windet. Täte es jetzt nicht so weh, ich würde glatt lächeln.
    »Tut mir leid«, grunze ich. »Ich hab’s verdient. Frieden?«
    Sie hört auf, sich zu wehren, und der Barkeeper lässt sie zögernd los. »Keinen Mist mehr, okay? Sonst fliegt ihr hier raus!«, warnt er uns, als er zurück hinter die Theke geht.
    Rhoda hilft mir hoch, ihre Armmuskeln straffen sich, die Haut darüber spannt sich seidig. Wir nehmen unsere Biere mit ans andere Ende der Kneipe, wo es dunkel und leer ist, und setzen uns in eine schmuddelige schwarze Kunstledernische. Die Band oben vergeht sich gerade an einem miserablen Heavy-Metal-Cover und der Sänger schreit, damit man nicht mitkriegt, was für eine grässliche Stimme er hat. Rhoda hat immer noch nichts gesagt, und ich frage mich, ob ich ihre Gefühle ernsthaft verletzt habe.
    »Tut mir leid. Ehrlich. Ich hab das nicht so gemeint. Ich hatte nur ...«
    Sie schweigt weiter, lächelt nur vage, als ob sie gar nicht zuhört.
    »Ich hatte nur das Gefühl ... weißt du ...«, versuche ich.
    Sie sieht aus, als wollte sie etwas sagen, aber sie tut es nicht. Stattdessen trinkt sie einen Schluck Bier und schaut aus dem Fenster.
    »Ich weiß, dass du keine ...«, beginne ich und reite mich immer tiefer hinein. »Und überhaupt, vorher war es dir doch auch immer egal, wie ich dich genannt habe. Wir haben uns oft gestritten in ... dort. Wir sind doch noch Freunde, oder?«
    Nichts. Sie spielt nur an ihrer Bierflasche herum.
    »Ich hab deine Gefühle verletzt, stimmt’s?«
    Sie nimmt einen großen Schluck und stellt die Flasche ab, und plötzlich ist sie wieder lebendig. »Du Flachwichser. Du könntest nicht mal die Gefühle einer beschissenen Fliege verletzen. Da musst du dich schon mehr anstrengen. Ich bin schon übler beschimpft worden. Von Leuten, die es auch so gemeint haben.«
    Ich lächle erleichtert. »Du siehst gut aus. Mehr wie ...«
    »Wie ich?«
    »Ja.«
    »Was macht dein Kopf?«
    »Tut weh, danke.« Ich reibe mir mit der Hand über den Hinterkopf und meine Finger berühren den Schorf unter meinem Ohr. Die Wunde verheilt gut. »Was ist heute passiert? Bist du okay?«
    »Wie meinst du das?«
    »Du siehst traurig aus.«
    »Nein, wirklich nicht. Ich ... na ja ... ich hab dir doch gesagt, dass ich seit Ewigkeiten nicht mehr mit meinen Eltern geredet habe?«
    »Ja.«
    »Ich hab sie heute angerufen.«
    »Oh, gut. War es okay?«
    »Ja, war es. Ich ...« Sie trinkt noch einen Schluck Bier.
    »Das ist gut. Freut mich für dich«, sage ich, als mir klar wird, dass sie nicht mehr erzählen will.
    »Musst du arbeiten?«
    »Nee. Hab doch gekündigt.«
    »Gut. Lass uns heute Abend einen draufmachen«, sagt sie und legt die Hand auf mein Bein. Dann dreht sie sich zu mir und küsst mich, streicht mit ihrer Hand über meinen Oberschenkel, immer näher an meinen Schritt, stoppt aber jedes Mal kurz vorher. Einen Moment lang mache ich mir Sorgen, dass sie das Messer in meiner Hosentasche ertastet und mich fragt, woher ich es habe. Aber nur für einen Moment. Ihr Mund schmeckt nach Zigaretten, Bier und Gin. Und ich kann schmecken, dass ihr Leben hart war, kann schmecken, dass es rau war. Ich schmecke das Blut von ihrem Zahnfleisch, ich schmecke ihren Schmerz: Das ist Rhoda, nicht irgendeine Shoppingqueen, kein aufgebrezeltes Schoßhündchen, keine Bridge spielende Vorstadtmutter.
    Meine Hand gleitet über ihren Rücken, unter ihr T-Shirt, streichelt ihre Narben, als ihre Hand schließlich auf meinem Schwanz landet. Ich knöpfe ihre Hose auf, und sie beißt mich in die Zunge und zieht meinen Reißverschluss herunter. Wir befummeln uns und versuchen, uns gegenseitig das Leben auszusaugen, und mein Kopf pulsiert, als ob er jeden Moment explodiert. Jeder Nerv schreit und ist lebendig wie selten zuvor, und ich knete mit meiner Hand ihre Narben, mische das Narbengewebe mit ihrem lebenden Gewebe, verschmelze es und sie und mich, und mein Finger ist in ihr, und sie pumpt mich, und ich komme über ihre Hand, über meine Hand, auf ihr T-Shirt. Sie sackt über meine Schulter, ihr Hals feucht an meinem, die Narbe in ihrem Gesicht reibt sich an meinen Bartstoppeln. Es ist mächtig, es ist schmerzhaft, es ist real: Es ist das, was wir sind.
    »Ich dachte, du würdest ... du würdest dich verändern. Dass du ... wie sie ... wirst«, keuche ich.
    Sie bläst mir ihren Atem ins Ohr, hält mich weiter fest. »Du hörst nicht zu, oder?« Sie holt noch einmal Luft, als wollte sie etwas sagen, lässt es dann aber.

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