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Labyrinth der Spiegel

Labyrinth der Spiegel

Titel: Labyrinth der Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukianenko Sergej
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verschaffen können.«
    »Nein, du würdest in einer anderen Welt landen. Die Berge werden sich nämlich bis zum Schluss gegen einen solchen neuen Zugang wehren. Schließlich verlieren sie ihre Freiheit, wenn man sie anbohrt.«
    Ich verstehe sie, sehr gut sogar, aber ich hasse diesen vorauseilenden Pessimismus.
    »Du designst ganz bestimmt neue.«
    »Beim nächsten Mal werde ich mir das Meer vornehmen«, erwidert Vika nur. »Das Meer, den Himmel und Inseln.«
    »Vergiss dann aber nicht wieder den Notausgang.«
    »Räume leben nach ihren eigenen Gesetzen.« Vika steht auf. »Möglicherweise gibt es einen Ausweg, Ljonja. Als ich diese Berge geschaffen habe, da habe ich das Programm auf allen offenen Servern nach anderen Landschaften suchen lassen. Ich habe hier und da ein paar Brocken geklaut
…« Sie lächelt verlegen. »Und damit Schlupflöcher hinterlassen. Winzige Dinger allerdings nur. Sollten wir eines von ihnen finden, kämen wir hier weg.«
    »Das klingt schon besser.«
    Und schlimmstenfalls habe ich ja immer noch den Warlock. Auch wenn ich den nur ungern einsetzen würde: Unsere Feinde könnten die Spur des Virus entdecken.
    »Und jetzt sollten wir zusehen, die Hütte möglichst weit hinter uns zu lassen«, übernimmt Vika das Kommando. »Bis zum Einbruch der Dunkelheit bleiben uns noch rund fünf Stunden. Falls es unsere Feinde nämlich doch schaffen sollten, das Häuschen wiederaufzubauen, wäre es klüger, nicht mehr in der Nähe zu sein.«

01
    Wir machen erst Halt, als die Sonne hinter den Bergen verschwindet und der orangefarbene Widerschein der Wolken erlischt. Gut zehn Kilometer haben wir zurückgelegt. Das dürfte reichen. Und nachts sollten wir lieber nicht durch die Berge klettern, das ist nur was für Selbstmörder.
    Wir brauchen eine Viertelstunde, um Holz zu sammeln. Davon gibt es zum Glück genug, schließlich befinden wir uns an der Grenze von Wald und Bergwiesen. Der Loser und ich, wir schleppen eine vom Wind entwurzelte kleine Kiefer heran, brechen – auch wenn wir uns dabei die Arme aufkratzen – die Äste ab und errichten daraus eine Art Unterstand.
    »Das reicht, Jungs«, entscheidet Vika. Sie zündet sich eine Zigarette an und entfacht anschließend geschickt das Feuer.
    Das Abendessen ist rein symbolisch, Himbeermarmelade und Cracker. Dem Loser ist das jedoch schnurzegal, er kaut alles mit dem Appetit eines elektrischen Fleischwolfs. Mir dagegen bleibt jeder Bissen im Halse stecken.
Ich würde gern ein ordentliches Stück gebratenes Fleisch mit scharfer Soße und grünen Erbsen essen und dazu ein paar Fläschchen kaltes Bier trinken. Schließlich ist das alles zum Greifen nah! Ich bräuchte nur die Tiefe zu verlassen und erneut in sie einzutauchen – und schon könnte ich in den Alten Hacker oder die Drei kleinen Schweinchen gehen.
    Wortlos wechseln Vika und ich einen beredten Blick.
    Keine Ahnung, ob sie von Schweinebraten und Bier oder von Forellen und Weißwein träumt. Aber ganz bestimmt träumt sie nicht von Crackern mit Marmelade. Wir taugen nun mal nicht zum Karlsson auf dem Dach.
    »Schmeckt’s dir, Loser?«, erkundigt sich Vika.
    »Mhm.«
    »Was isst du denn sonst?«
    »Alles Mögliche.«
    Daraufhin platzt ihr die Hutschnur. »Hör mir jetzt mal gut zu!«
    Der Loser zieht die Hand von dem Päckchen mit Crackern weg und sieht sie fragend an. Vika und ich sitzen auf einer Seite des Lagerfeuers, er auf der anderen. Eine konfrontative Verteilung.
    »Wir haben ein Problem«, beginnt Vika. »Und dieses Problem bist du. Vielleicht begreifst du nicht, was hier eigentlich vor sich geht … deshalb werde ich es dir jetzt erklären. Wenn ich etwas Falsches sage, korrigier mich, ja?«
    Der Loser nickt. Wenn du auf jemanden Druck ausübst, ist es das Wichtigste, ihm die Möglichkeit zum Einspruch zu lassen. Wenigstens formell.

    »Du bist im Labyrinth gelandet und konntest es nicht mehr verlassen. Stimmt’s? Leonid hat eine Unmenge Zeit und Geld geopfert, um dich da rauszuholen. Und er hat es ja auch geschafft. Stimmt’s?«
    Nicht ganz, denn das Labyrinth hat meine Arbeit ja anfangs noch bezahlt. Aber ich schweige – und der Loser nickt brav.
    »Ljonja hat dich gerettet und zu mir gebracht. Er hätte eine Belohnung bekommen, eine sehr große sogar, wenn er dich ausgeliefert hätte, aber das hat er nicht. Daraufhin ist er zum Verbrecher erklärt worden, nach dem jetzt im ganzen Netz gesucht wird. Bei dem Versuch, dich zu schnappen, haben unsere Feinde mein Etablissement in Schutt

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