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Labyrinth der Spiegel

Labyrinth der Spiegel

Titel: Labyrinth der Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukianenko Sergej
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nicht herausrücken will, sondern weil ihm einfach nicht klar ist, was genau ich wissen will, denn normalerweise redet er ja mit gut instruierten Leuten, die jede Andeutung verstehen.
    »Könnten Sie mir nicht alles von Anfang an schildern, Willy?«
    »Wie gesagt, er ist vor neununddreißig Stunden in das Level gekommen«, fängt er an. »Bei den fünf Versuchen, es zu durchlaufen, ist er jedes Mal umgebracht worden. Sehr schnell.«
    »Vom Dämon?«
    »Nein, beim Dämon, da wurde er einfach … peng, peng! Von anderen Spielern. Schließlich hat er sich da hingehockt und ist sitzen geblieben. Wir haben Anatole geschickt, der den Loser auch zum Ausgang gebracht hat. Dabei wurden jedoch beide getötet. Daraufhin ist Anatole ein zweites Mal ins Level gegangen, aber sie hatten erneut kein Glück. Der Spieler wurde getötet, worauf Anatole sehr wütend geworden ist. Er hat alle umgenietet, die ihm vor die Flinte kamen …« Guillermo lacht selbstgefällig. »Heute sollten es die beiden Diver zusammen versuchen. Ich werde mal ihren Bericht anfordern, ja?«
    »Ja«, antworte ich, ohne den Blick vom Bildschirm zu lösen. Ein junger Mann im Overall und mit einer Pistole.
Was an ihm hat den Mann Ohne Gesicht in Panik versetzt? Warum ist er der Ansicht, hier geschehe etwas, das es noch nie gegeben hat? Warum bietet er mir für diese simple Aufgabe den Orden der Allmächtigkeit an? »Ist sonst noch etwas Merkwürdiges passiert, Willy?«
    Ich hege die zarte Hoffnung, es müsse noch einen zweiten Zwischenfall geben.
    »Nein.«
    »Nichts?«
    »Nicht das Geringste!« Guillermo breitet die Arme aus. »Wir passen schließlich auf unsere Kunden auf. Wir haben alles im Labyrinth unter Kontrolle.«
    Ich blicke auf den Bildschirm und warte.
    »Also …«, murmelt Aguirre mit einem Blick auf den Bericht. »Also … Am Morgen haben sie noch zweimal versucht, ihn rauszuholen. Und mittags … dreimal. Jedes Mal ist es schiefgegangen.«
    »Und Sie wollen behaupten, das haben Sie bisher nicht gewusst?«, kann ich mir eine giftige Bemerkung nicht verkneifen.
    »Wir überwachen unsere Mitarbeiter schließlich nicht«, entgegnet Guillermo stolz. »Bislang kann von einer kritischen Situation ja auch noch keine Rede sein.«
    Gut, da hat er Recht. Trotzdem beschleicht mich ein vager Verdacht. Wer ist er, dieser Spieler, der in solchen Schwierigkeiten steckt? Der Präsident der Vereinigten Staaten? Der Papst? Dmitri Dibenko?
    »Wer ist er?«, frage ich laut.
    Guillermo zuckt die Achseln. »Das wissen wir nicht.«
    »Sie kontrollieren Ihre User nicht?«

    »Wir sind ein Vergnügungspark, nicht der KGB«, erwidert er von oben herab. »Eine solche Information kann nach außen dringen. Meinen Sie etwa, es würde den verehrten Herren Konzerndirektoren oder einen arabischen Scheich freuen, wenn sie in den Zeitungen einen Artikel über ihren Besuch in einer 3-D animierten Welt lesen?«
    »Was soll denn schon dabei …«
    »Sie würden über so einen Artikel vielleicht hinweggehen. Aber der Mann von der Straße wird lachen. Und die Herren Direktoren lieben es überhaupt nicht, wenn man über sie lacht!«
    »Können Sie ihn manuell abschalten?«
    »Und wie?«
    In der Tat, wie? Selbst wenn man die Verbindung eruieren könnte, über die der Loser ins Labyrinth gekommen ist, und sie trennen würde, brächte das nichts. Der Mann würde im Nichts hängen oder die Welt um ihn erstarren wie eine Fotografie, je nachdem, wofür sich sein Bewusstsein entscheidet. Es wäre, als stülpe man einem Ertrinkenden eine sichtundurchlässige Haube über – um ja die anderen Schwimmer nicht zu erschrecken.
    »Aber Sie könnten seine Verbindung herauskriegen?«, beharre ich.
    »Das ist sehr kompliziert.« Guillermo weist mit einer theatralischen Geste auf die Stadt vor seinem Fenster. »Dort gibt es zweitausendundsechsunddreißig … verzeihen Sie, es sind nur noch zweitausendundfünfunddreißig Spieler. Das sind zweitausendundfünfunddreißig … nein, zweitausendundsiebenunddreißig! … Telefonverbindungen. Sie werden über achtundzwanzig Hauptserver an die
Levels weitergeleitet, um dort von unseren und gemieteten Rechnern in allen Kontinenten bearbeitet zu werden. Über vier Satelliten synchronisieren wir den Datenaustausch. Zu uns ins Labyrinth kommen Abonnenten, aber auch nicht registrierte User, die sich über eine der siebenhundert Telefonnummern unseres Unternehmens einwählen.«
    »Verstehe«, sage ich. Man könnte die Verbindung des Losers zwar trotzdem

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