Lacunars Fluch, Teil 3: Wüstensöhne
dieser Körper ist. Wir sterben, aber wir sind zusammen.«
»Zusammen mit einem Esel. So habe ich es mir nicht vorgestellt«, versuchte Caelian einen letzten Scherz, aber es kratzte in seinem Hals, und er begann zu husten.
»Wir wollen versuchen zu schlafen. Vielleicht ist es uns vergönnt, im Schlaf zu sterben.«
Caelian schmiegte sich an den Eselskörper und wurde von Jaryn umarmt. Es war eine völlig verrückte Situation, aber irgendwie wurde er ruhig. »Ja, schlafen«, murmelte er und schloss die Augen.
13
Rastafan stand mit verschränkten Armen in der Werkstatt des Hofbildhauers Othmor und betrachtete die aus Gips gefertigte Büste, die ihn selbst darstellen sollte. »Gute Arbeit«, brummte er, »obwohl mir die Figur mächtig schmeichelt. Aber was soll das? Habe ich Euch einen Auftrag dazu erteilt?«
»Oh gottgleicher …«
»›Mein König‹ genügt«, unterbrach ihn Rastafan ungnädig. »Habt Ihr den Erlass nicht zur Kenntnis genommen?«
»Oh gottgl… – mein König, ich arbeite hier Tag und Nacht mit meinen Gehilfen und weiß von nichts.«
»Dann will ich es dir persönlich sagen, und ich hoffe, du verbreitest es auch unter deinen Gehilfen: Die Anrede lautet ›mein König‹ oder ›Herr‹. Weder Edelgeborener, Erhabener oder Gottgleicher oder was es sonst für alberne Verherrlichungen geben mag. Habt Ihr das verstanden?«
»Ja Herr«, murmelte Othmor gehorsam, doch in seinen Blicken spiegelte sich kein Verständnis für diesen Befehl.
»Und nun zu meiner Frage: Weshalb habt Ihr diese Büste angefertigt?«
Othmor war unsicher geworden. Zögernd erwiderte er: »Es ist notwendig geworden, weil doch die Büsten Dorons, des Erha… – unseres verstorbenen Königs nun nicht mehr den langen Pfad zum göttlichen Licht säumen dürfen. Ich habe daher ein Modell hergestellt, das bei Gefallen in allen gewünschten Materialien ausgefertigt werden kann.«
Rastafan wusste nicht, ob er darüber zornig werden oder lachen sollte. »Pfad zum göttlichen Licht – nannte man ihn so? Ist dir diese Notwendigkeit selbst eingefallen?«
»Oh nein, mein König. Lamandrion, der königliche Bewahrer, hat es angeordnet.«
»Es gibt einen Bewahrer? Was bewahrt er denn?«
»Er ist zuständig für die Befolgung der Hofetikette.«
»Das ist ein bemerkenswertes Amt. Und er ordnete es an, ohne mich zu fragen?«
»Aber Herr, mit solchen Dingen hat man niemals gewagt, den göttlichen Doron zu belästigen. Er ging stets davon aus, dass seine Beamten das Richtige tun. Alles lief in geregelten Bahnen, ohne den Herrscher mit alltäglichen Fragen zu behelligen.«
Rastafan nickte grimmig.
Was ihn von jeglicher Verantwortung freisprach
, dachte er,
und seinen Höflingen erlaubte, zu schalten und zu walten, wie sie wollten, wenn nur die Fassade stimmte.
»Hat es sich noch nicht herumgesprochen, dass euer König nicht mehr Doron, sondern Rastafan heißt?«
Othmor begann zu zittern. Ein so langes und widerstreitendes Gespräch hatte er noch nie mit einem Vorgesetzten führen müssen. Auch hatte Doron sein Wort niemals an einen gewöhnlichen Untergebenen gerichtet. Was sollte, was durfte er dem König erwidern?
»Herr, Eure Diener« – und damit meinte er alle Palastangehörigen – »müssen sich erst daran gewöhnen, dass Ihr Euch anders …«
»… dass ich nicht Doron bin? Das stimmt. Und je eher das geschieht, desto besser. Also sage Lamandrion, er soll sofort bei mir erscheinen. Und diese Büste da wirfst du auf den Müll.«
Othmor erbleichte. »Das wäre ein Sakrileg«, flüsterte er.
Rastafan begann der arme Kerl leidzutun. Er wusste es schließlich nicht anders. »Hm. Also gut. Deine Arbeit soll nicht vergeblich gewesen sein. Gieße das Modell in Bronze. Ich werde es in meinen Gemächern aufstellen. Schließlich sieht es recht annehmbar aus. Mit den Büsten Dorons könnt Ihr verfahren, wie Ihr wollt. Nur der Gang wird freigemacht. Ich werde noch darüber nachdenken, wie man ihn besser nutzen kann.«
Othmor entfernte sich erleichtert und unter tiefen Verbeugungen.
Wenn sie mir doch aufrecht entgegenträten
, dachte Rastafan ärgerlich,
dann würde es mir leichter fallen, sie nicht dermaßen zu verachten.
Er begab sich auf sein Zimmer, in dem er zwanglos alle empfing, mit denen er zu reden hatte. Kurze Zeit später erschien Lamandrion. Er war ein großer, fetter Mann mit einem Doppelkinn. Die spärlichen Haupthaare trug er sorgfältig gekräuselt. An seinen Wurstfingern trug er kostbare Ringe, und um
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