Lacunars Fluch, Teil 3: Wüstensöhne
Folge haben.«
»Ein Gemetzel?«
Caelian nickte. »Zwischen den Schwarzen Reitern und den Anhängern Mabraonts. Männer wie Radomas stehen nur ungern in der zweiten Reihe. Ich will ein Jahr lang mit Laila das Futter teilen, wenn er nicht anstrebt, Lacunar zu werden.«
»Ja«, meinte Jaryn nachdenklich, »da magst du recht haben. Ich frage mich nur, ob unsere Unschlüssigkeit angebracht ist. Was ich sagen will, ist, dass gewisse Dinge geschehen müssen, damit sich erfüllt, was die Götter beschlossen haben und was unser Verstand noch nicht begreift.«
»Du willst sagen, ein Aufstand wäre zu begrüßen?«
»Nein, aber vielleicht unvermeidlich. Nicht wir werden ihn aufhalten, dazu sind wir weder in der Lage noch berufen. Aber dass die Prophezeiung sich erfüllt, das ist meine Bestimmung, der darf ich mich nicht entziehen. Und ich fühle, dass Alathaias Tempel mit dem Baum und seine Priesterin Usa einen wesentlichen Teil dazu beitragen werden. Dich betrifft das nur am Rande, und ich kann dich nur bitten, mir dabei zur Seite zu stehen.«
»Du weißt, du kannst auf mich zählen. Was tun wir?«
»Wir werden Usa morgen wieder einen Besuch abstatten. Und wir nehmen die Schriftrollen mit.«
28
Einige hielten Radomas für einen Draufgänger, einen Streithahn und Raufbold, und sicher war er von allem etwas, nur eins war er nicht: dumm. Dass es den Bruder seiner Frau gerade jetzt danach gelüstete, sein liebes Schwesterlein zu besuchen, wo in Jawendor unter bizarren Umständen ein Thronwechsel stattgefunden hatte, glaubte er keine Sekunde. Lacunar hatte einen Neffen, der war jetzt König von Jawendor. Und Lacunar hatte einen Sohn, der war etwa zur gleichen Zeit in seinem Haus abgestiegen. Bei den Schluchten der Unterwelt! Da wollte ihm der Fürst eine Laus in den Pelz setzen. Radomas wusste noch nicht, wo sie ihn beißen würde, aber bevor sie es tat, musste er sie zerquetschen. Und um sie zu zerquetschen, musste er sie fangen. Das bedeutete, er musste herauskriegen, was die beiden Mondpriester bei ihm suchten.
Er beauftragte Hanim damit, Jaryn und Caelian zu bespitzeln. »Folge ihnen unauffällig, lausche an Türen und Fenstern. Ich weiß, dass du das sowieso mit Vorliebe tust. Ich will wissen, was die beiden hier wollen und überhaupt alles, was sie so miteinander plaudern. Jede Kleinigkeit ist wichtig.«
»Ich weiß, dass sie morgen wieder den Tempel aufsuchen wollen, Herr.«
»Dann musst du dich da auch herumtreiben. Lass dir etwas einfallen. Aber wehe, du lässt dich erwischen. Maeva darf auf keinen Fall erfahren, dass ich ihren Bruder beobachten lasse.«
»Noch etwas ist mir aufgefallen«, zischelte Hanim zwischen seinen Pferdezähnen hindurch. »Der Freund wollte unbedingt die Satteltaschen selbst auf sein Zimmer tragen. Wer weiß, was drin ist, nicht?«
»Hm, das ist auffällig, du hast recht.« Radomas tätschelte ihm den Kopf. »Bist ein kluges Bürschchen. Du darfst dir heute Abend die kleine Sudita in dein Bett holen.«
Über Hanims Gesicht breitete sich ein beängstigendes Grinsen aus. »Oh, danke Herr, vielen Dank!«, stammelte er.
Radomas befürchtete, er werde gleich anfangen zu wiehern. »Und was die Taschen angeht: Wenn die beiden außer Haus sind, siehst du dich in ihrem Zimmer um. Schau nach, was sie dabeihaben, aber lasse alles so, wie es war. Sie sollen nichts merken. Du sagst mir nur, was du gefunden hast.«
Hanims Bückling fiel so schwungvoll aus, dass es ihn fast von den Beinen riss.
Am nächsten Tag nach dem Essen, nachdem Jaryn und Caelian das Haus verlassen hatten, um Usa zu besuchen, öffnete Hanim mit einem Zweitschlüssel die Tür zu ihrem Zimmer und begann zu suchen. Zwei Satteltaschen waren nicht eben klein, und weil er sie nicht fand, wusste er, dass man besondere Mühe darauf verwandt hatte, sie zu verstecken. Natürlich war es möglich, dass sie die Taschen nicht im Haus aufbewahrten, aber das hielt er für unwahrscheinlich, denn es wäre sehr unbequem gewesen, für Dinge des täglichen Bedarfs jedes Mal über den Hof zu gehen und sich dort den Blicken der Dienerschaft auszusetzen. Nein, die Taschen mussten hier sein.
Hanim setzte sich auf das Bett und dachte lange nach, doch endlich fiel ihm ein, wo reiche, aber dumme Leute gern ihr Geld versteckten. Er räumte den Läufer beiseite und fand tatsächlich eine lockere Diele. Er hob sie an, erblickte die Taschen und bleckte seine langen Zähne. Er war doch ein pfiffiger Bursche, und die kleine Sudita würde ihm heute Nacht
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