Lady Almina und das wahre Downton Abbey: Das Vermächtnis von Highclere Castle (German Edition)
Kupfertöpfe war!«
Der Earl und die Countess nahmen vier Mahlzeiten am Tag ein: Frühstück, Mittagessen, Tee und Abendessen. Folglich waren täglich viel Geschirr und Speisereste abzuräumen, ganz besonders nach einem Diner mit Gästen. Wenn Lord und Lady Carnarvon in Highclere Castle weilten, waren sie selten ohne Besuch, doch selbst an einem ruhigen Tag muss das Arbeitsaufkommen immens gewesen sein. Zuweilen unterliefen Fehler. Dorothy Wickes arbeitete unter Lady Almina als Küchenmagd und erzählte Jahre später einem Neffen von dem Tag, als sich die Hausherrin über Eichenblätter im Kohl beschwerte. Am darauffolgenden Tag bereitete Almina den Kohl selbst zu, doch Dorothy war zu Streichen aufgelegt und fügte später heimlich ein paar Eichenblätter hinzu. Es gab keine weiteren Beschwerden.
Die Köchin besaß als Zeichen ihres Rangs ein eigenes Wohnzimmer. Der Verköstigung wurde in Highclere ein hoher Wert beigemessen. Der Köchin waren drei Küchenmädchen und eine Tellerwäscherin unterstellt. Neben der Hauptküche gab es zwei Spülküchen und eine Vorratskammer, die auch Raum für Tätigkeiten wie das Einkochen von für den aktuellen Speiseplan nicht benötigten Lebensmitteln bot. Es gab eine Menge Utensilien zu verstauen, von Bratpfannen über Töpfe bis zu Einmachgefäßen und Fischkesseln, zu denen jeweils eigenes Kochgeschirr für Lachs und Steinbutt gehörte. Verschiedene Gefäße wurden für die Zubereitung von Vorspeisen, Gelee mit Sauce mousseline, Fruchtcocktails und Pasteten verwendet, die alle höchst ansprechend angerichtet wurden.
Punkt 20 Uhr meldete Streatfield, das Abendessen sei angerichtet. An einem ruhigen Abend reichten zwei Diener für den Service aus, waren jedoch zehn oder mehr Gäste im Haus, versahen vier Angestellte den Dienst und mussten dafür ihr Haar pudern – eine Sitte, die bis 1918 beibehalten wurde. Eine Tellerwäscherin erinnerte sich daran, welch langen Weg die Diener zurückzulegen hatten, um die Gerichte in den Speisesaal zu bringen. »Wurde ein Soufflé gereicht, höre ich Mrs Mackie noch immer an der Durchreiche flehentlich bitten: ›Lauf, lauf, lauf!‹. Manchmal brachte der Butler auf einem Silbertablett eine Nachricht des Lords, in der er das Essen kommentierte. Mrs Mackie nannte diese Botschaften ihre ›Liebesbriefchen‹«.
Der Earl und die Countess aßen bescheiden. Lord Carnarvon liebte türkische Zigaretten, die er zum Brandy rauchte, und Zigarren in einer Männerrunde im Speisezimmer. Die Damen tranken im Salon Kaffee. Almina schätzte es nicht, wenn sich ein Diner zu lange hinzog, da das Personal noch abdecken, Geschirr spülen und die Vorbereitungen für den nächsten Tag treffen musste.
Da bei der Zubereitung der Mahlzeiten reichlich Bratenfett übrig blieb, kamen Bewohner aus der Umgebung mit Behältnissen vorbei, die Minnie Wills, die 1902 ihren Dienst als Küchenmädchen in Highclere Castle begann, gegen die Bezahlung von ein oder zwei Penny mit der nahrhaften Brühe füllte. Die Münzen wurden in einer Holzschachtel gesammelt und zu Weihnachten unter den Bediensteten aufgeteilt.
Am Ende eines Arbeitstages kamen die Bediensteten schließlich zu einem warmen Abendessen im Gesinderaum, der direkt unterhalb des Speisesaals lag, zusammen. Der große Raum wurde von einem im 17. Jahrhundert gefertigten, massiven Refektoriumstisch aus Eiche dominiert. »Unser Essen war ebenso gut wie die im Speisesaal servierten Gerichte«, bekundete Mrs Hart, die lange in Highclere Castle lebte und dort als viertes Hausmädchen angefangen hatte. Sie erinnerte sich daran, im Gesinderaum tanzen gelernt zu haben und dass oft zu Klaviermusik gesungen wurde. Die Hausmädchen beschlossen den Tag bei heißem Kakao im Wohnzimmer der Bediensteten, einem vom Gesinderaum getrennten und viel gemütlicheren Zimmer, das mit Sesseln ausgestattet und gerahmten Drucken dekoriert war.
Es wäre jedoch töricht, das Leben der Hausangestellten zur Idylle hochzustilisieren. In einigen großen Häusern wurden zum Beispiel weibliche Bedienstete, die einen Verehrer hatten, sofort aus dem Dienst entlassen – eine Maßnahme, die heute barbarisch erscheint. Vermutlich herrschte in Highclere diesbezüglich eine liberalere Einstellung vor, denn es wurden zahlreiche Ehen zwischen Angestellten geschlossen. Die Bezahlung war geringfügig, doch da Kost und Logis frei waren, konnten mit Teilen des Lohns Rücklagen gebildet werden. Der Dienst in einem Haushalt wie dem der Carnarvons wurde gemeinhin
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