Lady Chatterley (German Edition)
sie mit gehetzten Augen. Aber selbst jetzt noch war er fürsorglich – er ließ sie sich bequem hinlegen, ganz bequem. Doch er zerriß ein Band ihrer Wäsche, denn sie half ihm nicht, lag nur reglos da.
Auch seinen Körper hatte er vorn entblößt, und sie fühlte seinen nackten Leib, als er zu ihr kam. Einen Augenblick lang war er ruhig in ihr, geschwellt und bebend. Dann, als er begann, sich zu bewegen, im jähen, hilflosen Orgasmus, wellten neue, seltsame Schauer in ihr auf. Wellten wellend, wellend, wie flatterndes Übereinanderzüngeln sanfter Flammen, sanft wie Federn, liefen aus in helleuchtende Spitzen, herrlich, süß und alles in ihr schmolz, zerfloß. Wie Glocken war es, die schwangen, immer höher schwangen, empor zum Gipfel. Sie lag da, war sich der wilden kleinen Schreie nicht bewußt, die sie am Schluß ausstieß. Aber es war zu schnell vorüber, zu schnell, und sie vermochte nicht mehr durch eigenes Bemühen zu ihrem Ende zu kommen. Dies war anders, anders. Sie konnte nichts tun. Sie konnte ihn nicht halten und ihre eigene Befriedigung von ihm erzwingen. Sie konnte nur warten, warten und stöhnen, als sie spürte, wie er sich zurückzog, sich aus ihr zog, sich zusammenzog und es zu dem schrecklichen Augenblick kam, da er ganz aus ihr gleiten und fort sein würde. Während doch ihr Schoß offen war und weich und sanft nach ihm schrie – wie eine Seeanemone unter der Flut, nach ihm schrie, daß er wieder zu ihr komme und ihr Erfüllung bringe. Bewußtlos vor Leidenschaft, klammerte sie sich an ihn, und er glitt nie ganz aus ihr, und sie fühlte, wie seine weiche Knospe sich in ihr regte und seltsame Rhythmen sie durchspülten, mit seltsamer, rhythmischer, wachsender Bewegung, schwollen, schwollen, bis sie ihr ganzes klaffendes Bewußtsein überfluteten, und dann begann wieder die unsagbare Bewegung, die keine wirkliche Bewegung war, sondern reiner, immer tiefer strudelnder Wirbel des Empfindens – tiefer und immer tiefer trichterten sie sich durch ihr ganzes Gewebe und ihr Bewußtsein, bis sie ein einziges, sattes, konzentrisches Fließen des Gefühls war, und dalag und schrie, in unbewußten, unartikulierten Schreien. Die Stimme aus der tiefsten Nacht, das Leben! Fast scheu hörte es der Mann unter sich, als sein Leben in sie überfloß. Und als es versiegte, versiegte auch er und lag ganz still, nichts mehr wissend, und langsam löste sie ihre Umklammerung und ruhte reglos. Und sie lagen da und wußten nichts mehr, nicht einmal einer vom andern, ganz verloren. Bis er endlich zu sich kam und seine schutzlose Nacktheit gewahrte, und sie sich bewußt wurde, daß sein Leib sich der engen Nähe zu ihr entzog. Er löste sich von ihr; aber tief in sich spürte sie, daß sie es nicht ertragen könnte, wenn er sie unbedeckt ließe. Er mußte sie nun für immer bedecken.
Er löste sich schließlich von ihr und küßte sie und deckte sie zu und zog sich wieder an. Sie lag und sah in die Zweige der Bäume hinauf, unfähig, sich zu rühren. Er erhob sich, knöpfte seine Hose zu und sah sich um. Undurchdringlich und schweigsam war alles, und eingeschüchtert lag der Hund dort, mit der Schnauze auf den Pfoten. Er setzte sich wieder auf den Reisighaufen und nahm ohne ein Wort Connies Hand.
Sie wandte sich um und sah ihn an. «Diesmal waren wir zusammen da», sagte er.
Sie antwortete nicht.
«Es ist gut, wenn es so ist. Die meisten Menschen lassen ihr Leben dahingehen und lernen es nie kennen», fuhr er mit fast träumerischer Stimme fort.
Sie sah in sein nachdenkliches Gesicht.
«Nie?» wiederholte sie. «Bist du glücklich?»
Er sah zurück in ihre Augen. «Glücklich», sagte er. «Ja, aber laß gut sein.» Er wollte nicht, daß sie spreche. Und er neigte sich über sie und küßte sie, und ihr war, als müsse er sie für alle Zeit so küssen.
Schließlich richtete sie sich auf.
«Kommen die Menschen nicht oft zur gleichen Zeit?» fragte sie mit kindlicher Neugier.
«’ne ganze Menge niemals. Du kannst das an ihren borstigen Blicken sehen.» Er sprach, ohne es zu wollen, und bedauerte, daß er angefangen hatte.
«Bist du so auch schon mit anderen Frauen gekommen?»
Belustigt sah er sie an.
«Ich weiß nicht», sagte er, «ich weiß nicht.»
Und sie wußte, er würde ihr nie etwas sagen, das er ihr nicht sagen wollte.
Sie betrachtete sein Gesicht, und die Leidenschaft für ihn regte sich in ihren Eingeweiden. Sie stemmte sich dagegen, sosehr sie konnte, denn es bedeutete den Verlust ihres
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