Lady in Rot (German Edition)
das!“, stieß er aus.
So hatte Laura ihn bisher noch nicht erlebt. Aus Xaviers ganzer Haltung sprach eine ungeheure innere Anspannung, er wirkte wie ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch. Unwillkürlich fühlte sie mit ihm und verspürte den Wunsch, ihm tröstend über das zerzauste schwarze Haar zu streichen. Seine gereizte Reaktion verriet ihr, dass ihn die Begegnung mit Scheich Zahir mehr aufgewühlt hatte, als er es vermutlich erwartet hatte. Denn trotz seines Reichtums, seiner Macht und aller Bewunderung, die ihm die Frauen entgegenbrachten, war der große Playboy heute Nacht in dieser Situation ganz allein.
Und was geht dich das an?
„Möchtest du vielleicht auch einen Drink?“, erkundigte sich Laura unbeirrt, wobei sie sich einredete, dass der trostlose Ausdruck in Xaviers dunklen Augen wohl jeden gerührt hätte.
„Kein Wasser. Und ich kann auch die verdammten Melonen-Cocktails, die man uns zum Dinner serviert hat, nicht mehr sehen. Wenn du es genau wissen willst, dann könnte ich jetzt einen richtigen Drink gebrauchen.“ Er beobachtete skeptisch, wie sie zielstrebig auf den großen, antiken Sekretär zuging. „Was hast du vor?“
„Dir zu deinem Drink verhelfen.“ Lächelnd öffnete Laura die versteckte Bar und enthüllte eine beachtliche Auswahl an verschiedenen alkoholischen Getränken. „Ich fühle mich ein wenig wie die gute Fee mit dem Zauberstab. Malik hat es mir übrigens verraten. Was hättest du denn gern? Wein? Bier? Champagner?“
„Keinen Champagner“, erwiderte er sofort.
Also gab es anscheinend noch keine Aussöhnung mit dem verschollenen Vater zu feiern. Laura nahm es schweigend zur Kenntnis und griff nach einer Flasche kharastanischem Wein. „Sollen wir den probieren?“
„Warum nicht?“ Xavier entkorkte die Flasche und schenkte den tiefroten Wein in zwei Kristallgläser ein, von denen er eines Laura reichte.
Sie nippte vorsichtig. Der Wein war sehr süß und schwer, aber vielleicht war es genau das, was Xavier jetzt brauchte – oder sie. „Du liebe Güte, ist der stark!“
„Schmeckt er dir?“
„Sehr süß, fast wie ein Likör. Aber der Wein interessiert mich jetzt weniger. Erzählst du mir von deiner Begegnung mit dem Scheich?“
Xavier trank nachdenklich einen Schluck von dem Wein. „Ich vermute, an deiner Stelle wäre ich auch neugierig“, meinte er deutlich freundlicher, aber immer noch ausweichend.
Sehr neugierig, dachte Laura. Sie setzte sich auf einen der Diwane und blickte erwartungsvoll zu Xavier auf. „Wie ist er denn?“
„Sehr alt“, antwortete Xavier nach kurzem Zögern. Er suchte Lauras Blick und entdeckte dort nichts als aufrichtiges Mitgefühl.
„Du hattest dir gewünscht, er wäre stark und männlich – ein Mann in der Blüte seiner Jahre? Ein Mann, mit dem dich etwas verbinden könnte?“, fragte sie vorsichtig.
Er schüttelte den Kopf. „Nein, natürlich nicht. Ich hatte ihn mir nur nicht ganz so alt vorgestellt. Ich bin dreiunddreißig, und er ist schon über achtzig. Er war also fast dreißig Jahre älter als meine Mutter!“
„Ist das so schlimm?“
Ihm war klar, dass seine Reaktion nicht vernünftig war. „Nein, aber vielleicht wird einem diese Tatsache besonders hart vor Augen geführt, wenn man dem Alter so unvermittelt gegenübersteht.“ Hatte es ihm die Endlichkeit seines eigenen Lebens bewusst gemacht? Wie schnell die Jahre vergingen?
„Du klingst zornig“, bemerkte Laura feinfühlig,
„Ja, ich bin zornig“, bekräftigte er schroff. „Na und?“
„Du solltest dich entscheiden, worüber du zornig bist.“
Seine Mundwinkel zuckten spöttisch. „Seit wann arbeiten Anwälte auch als Amateurpsychologen?“
„Warst du dein ganzes bisheriges Leben nur von Jasagern umgeben, Xavier?“, fragte sie unerschrocken. „Oder kannst du die Vorstellung einfach nicht ertragen, dass jemand eine andere Meinung haben und damit richtigliegen könnte?“
Ihre Offenheit verblüffte ihn, und das Mitgefühl in ihren grünen Augen berührte ihn mehr, als ihm lieb war. Xavier hatte sich eingebildet, gegen Empfindungen dieser Art immun zu sein, und begriff nun, dass er es ganz offensichtlich nicht war. War es denn so schlimm, sich einzugestehen, dass ihn die ganze Erfahrung mehr erschüttert hatte, als er es für möglich gehalten hätte?
„Vielleicht hast du recht“, räumte er ein. „Diese Geschichte ist so alt wie das Leben selbst … Meine Mutter war eine junge Schauspielerin in Paris, als der Scheich sie zum ersten Mal sah.
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