Lady meines Herzens
sich, warum Jennings ihn nicht darauf aufmerksam gemacht hatte.
»Sie sehen kampfbereit aus«, begrüßte von Vennigan ihn.
»Das bin ich. Betrachten Sie sich als gewarnt.«
»Vielen Dank. Sie sollten wissen, dass ich heute ebenfalls in schlechter Stimmung bin.«
Sonst war bei Harry Angelo immer viel los, und etwa ein Dutzend Männer maßen sich zu jeder Stunde im Fechten. Heute waren Brandon und sein Gegner allein. Vermutlich lag das an der Sommerhitze, die schwer auf jedermann lastete. Brandon hatte das Gefühl zu ersticken.
Aber das lag nicht nur an der hohen Temperatur. Brandon fühlte sich hin- und hergerissen zwischen jenem wundervollen Kuss, den er gestern Abend Sophie hatte stehlen dürfen, und der empörenden Nachricht, die sein Sekretär ihm heute in der Früh überbracht hatte. Seine Begierden, seine Verpflichtungen, seine Wünsche, seine Werte – all das rang in ihm um Vorherrschaft, und die Anspannung war so heftig, dass er glaubte zu explodieren.
Er wusste, er hätte mehr darauf achten müssen, Sophie aus dem Weg zu gehen.
Doch er liebte jede Minute in ihrer Gegenwart.
Und wenn er sie verlor …
Aber wenn er Clarissa heiratete, wäre er zukünftig vor jeglicher Gefühlsaufwallung sicher. Wenn er Sophie verlor, bevor die Sache aus dem Ruder lief, hatte er unter Umständen noch eine Chance. Soweit es ihn betraf, waren sie bisher nicht zu weit gegangen. Sie hatten sich nicht geliebt oder einander ihre Liebe gestanden. Wenn sie das täten, würde es ein neues Davor und Danach geben. Er fürchtete dieses Danach wie ein Kind die Dunkelheit. Diese Angst war völlig irrational, hartnäckig und intensiv.
Ja, Brandon war heute in der richtigen Stimmung für einen Fechtkampf. Er wollte sich auf das Geräusch der aufeinanderkrachenden Degen konzentrieren, wollte die Klingen kreuzen und seinen Gegner in die Ecke drängen. Im Moment wollte er über nichts anderes nachdenken.
»Bereit?«, fragte von Vennigan und nahm die Kampfhaltung ein.
Brandon brachte sich in Position. Mit seiner bemerkenswerten und berüchtigten Fähigkeit, sich zu kontrollieren, zwang er sich jetzt, keinen Gedanken mehr an Sophie oder die Neuigkeiten zu verschwenden, die Spencer ihm eröffnet hatte. Dann nickte er knapp. Ja, er war bereit.
Zunächst bewegte sich keiner der beiden Kontrahenten, sie standen einander in der perfekten Verteidigungshaltung gegenüber und versuchten, eine Lücke in der Deckung des anderen auszumachen.
»Haben Sie von Clarissa gehört?«, fragte von Vennigan schließlich. Er machte einen Ausfall nach vorne, um Brandons Parade zu prüfen.
»Clarissa?«, erwiderte Brandon. Er brachte seinen Degen vor seinen Körper, um von Vennigans Angriff abzuwehren.
»Ihre Verlobte«, erinnerte dieser ihn ironisch.
»Sie meinen wohl Lady Richmond«, korrigierte Brandon ihn. Er landete einen Schlag gegen die Klinge seines Gegners und zwang ihn mit einer Reihe brutaler Schläge zurück. Beinahe hätte er einen Treffer gelandet, wenn der junge Prinz nicht so flink auf den Beinen gewesen wäre. Die Worte klangen aus seinem Mund bitter, auch wenn er über die Gründe lieber nicht nachdenken wollte.
»Das wäre wohl die formell korrekte Anrede. Aber ich muss dann immer an ihre Mutter denken, und mir ist es lieber, nicht an sie erinnert zu werden.«
»Da sind wir wohl einer Meinung«, stimmte Brandon zu.
»Und Clarissa hat es mir erlaubt, sie mit dem Vornamen anzusprechen«, fügte von Vennigan hinzu. Er bewegte sich knapp außerhalb von Brandons Reichweite vor und zurück und versuchte, ihn zu einem Angriff zu provozieren.
»Gibt es etwas, das Ihre Ehre als Gentleman Sie zu erzählen zwingt?« Dann sagen Sie es gleich, denn die Klingen sind schon gezogen.
» Nein. Meine Gefühle gehen nur mich etwas an. Und sie.«
»Ihre Gefühle kümmern mich nicht«, erklärte Brandon ihm rundheraus. Er startete einen erneuten Angriff und drängte von Vennigan gegen die Wand. Erste Schweißtropfen erschienen auf der Stirn des jungen Prinzen.
»Aber Sie sorgen sich um die Reinheit Ihrer Zukünftigen«, sagte von Vennigan. Etwas an der Art, wie er das sagte, machte Brandon neugierig.
»Sogar sehr«, antwortete er, obwohl er dafür ziemlich besondere und eher unsentimentale Gründe hatte.
Und dann zögerte er. Sollte er eine bestimmte Information mit seinem Gegner teilen, oder sie lieber für sich behalten?
Brandon war ruhelos und aufgewühlt, und die ganze Angelegenheit war ohnehin schon so kompliziert, da konnte eine weitere
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