Lady meines Herzens
dass die Antwort seine Mutter zufriedenstellte.
»Ich erwähne das nur, weil deine Hochzeit mit Clarissa in weniger als zwei Wochen stattfinden soll. Wenn du sie nicht heiraten willst, aus welchem Grund auch immer …« Seine Mutter verstummte.
»Ich habe mein Wort gegeben. Die Verträge sind bereits unterzeichnet«, sagte er. Es klang selbst in seinen Ohren endgültig, und er hoffte, damit das Gespräch beenden zu können.
Er hatte sein Wort gegeben und die Verträge unterzeichnet, darum gab es zu dem Thema nichts mehr zu sagen. Es sei denn, Spencers Bericht könnte den Verdacht bestätigen … Nein, er würde seine Hoffnung und seine Zukunft nicht an die Gerüchte knüpfen, die in einer kleinen Stadt fern von London kursierten.
Brandon konnte allerdings nicht länger leugnen, dass er sich leidenschaftlich in Sophie vernarrt hatte. Aber wie Roxbury gesagt hatte, war diese Vernarrtheit ein typisches Symptom bei Junggesellen vor ihrer Hochzeit. Er war nicht gerade der Typ Mann, der in Panik verfiel oder eine Heidenangst vor der Ehe hatte. Er runzelte die Stirn, weil ihm aufging, dass diese beiden Tatsachen nicht zusammenpassten. Was es auch war, was er für Sophie empfand, es war jedenfalls kein Grund, die »Hochzeit des Jahres« abzusagen.
Die Kutsche hielt vor dem Anwesen der Richmonds.
»Guten Abend allerseits!«, grüßte Lady Richmond, nachdem sie und Clarissa in der Kutsche Platz genommen hatten. Sofort begann sie, angeregt über das Wetter zu plaudern. Alle waren sich einig, dass es heute wärmer war als gestern.
»Sie sehen heute besonders hübsch aus, Lady Clarissa«, sagte Brandon. Und es stimmte. Etwas an seiner Verlobten war anders als sonst. Vielleicht trug sie das Haar heute anders, aber er vermutete, es müsste wohl das zarte Erblühen romantischer Gefühle sein, das sie so strahlen ließ.
Seine zukünftige Frau erlebte ihre erste Romanze mit einem anderen Mann. Brandons Miene verfinsterte sich. War es sein Herz oder bloß sein Stolz, der bei dieser Vorstellung rebellierte? Er wusste es nicht.
»Ich danke Ihnen«, antwortete sie fröhlich und faltete die Hände züchtig im Schoß. Ihr Lächeln und ihr ganzes Verhalten erinnerten ihn wieder daran, dass sie die perfekte Duchess abgeben würde.
»Sie hat heute den ganzen Tag mit Miss Harlow korrespondiert«, sagte ihre Mutter.
»Kommt sie heute Abend auch?«, fragte Brandon. Selbst im gedämpften Licht der Kutsche konnte er erkennen, wie sich die Augenbrauen seiner Mutter erstaunt hoben.
»Davon hat sie nichts gesagt«, antwortete Clarissa.
»Ihr habt so viele Briefe ausgetauscht und nicht ein Wort über den heutigen Ball verloren? Merkwürdig …« Lady Richmond war verwirrt. Brandon ging es kaum anders.
Er hatte nicht gewusst, dass die beiden Frauen in der kurzen Zeit eine so enge Freundschaft geschlossen hatten. So eng, dass sie zahllose Briefe im Laufe eines Tages austauschten! Aber so waren die Frauen. Ein Mann mit gesundem Menschenverstand, wie er es war, hielt sich nicht damit auf, das seltsame Verhalten der Frauen zu entschlüsseln.
»Wie war der gestrige Musikabend?«, fragte Lady Hamilton. »Wie schade, dass ich nicht daran teilnehmen konnte.«
»Wegen einer Migräne konnte ich der Einladung ebenfalls nicht folgen«, antwortete Lady Richmond. Sie machte eine Pause, damit die anderen ihr Mitgefühl bekundeten. »Alle haben davon geschwärmt.«
»Ich habe gehört, der Prinz von Bayern sei dort gewesen. Ist jemand von euch ihm vorgestellt worden?«, wollte Lady Hamilton wissen.
»Meine Tochter hat neben dem Prinzen gesessen! Auch wenn er Deutscher ist, nun ja. Sie wissen ja, wie die Deutschen sind«, sagte Lady Richmond.
Das wusste niemand, aber es fragte auch keiner nach.
»Wie war er?«, erkundigte sich Lady Hamilton stattdessen bei Clarissa.
»Er ist nicht so, wie ich es erwartet hätte. Aber er ist … unterhaltsam«, antwortete sie. In der Dunkelheit der Kutsche glaubte Brandon zu erkennen, wie sie errötete.
Wenn sie sagte, der Prinz von Bayern sei unterhaltsam, meinte Clarissa eigentlich, dass er aufregend, schneidig, irritierend und unendlich faszinierend war und noch ungefähr eine Million andere Eigenschaften in sich vereinigte, die in ihr eine Million neue, herrliche Gefühle weckten. Wenn man bedachte, dass sie sich erst gestern kennengelernt hatten …
Erst vierundzwanzig Stunden lag die erste Begegnung zurück. Trotzdem hatten sie in dieser kurzen Zeit Dutzende Briefe gewechselt, und Clarissa wusste mehr über
Weitere Kostenlose Bücher