Land der guten Hoffnung
stellen, konnte ich nur spekulieren.
„Ich habe das Ganze nie als sportlichen Wettkampf unter Lösegeldzahlern betrachtet, Helm. Und ich glaube Herr Carsten auch nicht.“
„Ich nehme an, Sie haben es nicht selber im Koffer übergeben, sondern die bereits etablierten und bewährten Investitionsrouten ins südliche Afrika genutzt.“
Er musterte mich ernst. „Lassen wir das. Wir schweifen ab. Kommen wir zum Wesentlichen zurück. Wir sind Geschäftsleute, Helm, keine Aufrührer. Ich weiß, was Ihnen angesichts des Waffenlagers durch den Kopf geht. Aber wir haben nichts mit Gruppierungen wie der Farmers ’ Force zu tun, die sich als Kriegskabinett einer weißen Interimsregierung aufspielt und von einer neuen Burenrepublik träumt. Und auch nicht mit Söldner-Firmen, wie immer sie auch heißen mögen: Executive Outcomes oder Defense Systems Limited.“
„Haben die sich nicht sowieso schon vor geraumer Zeit ins Ausland verzogen?“
„Darüber, wo diese Leute ihr Hauptquartier und ihre Filialen haben, und was dabei tatsächlich als Kommandozentrale fungiert, möchte ich jetzt nicht spekulieren. Aber wie auch immer. Es ist gar nicht von der Hand zu weisen, dass in diesem Land auch heutzutage noch - oder schon wieder -einheimische Kampfbünde existieren. Aber ohne uns! Und was die Zukunft Südafrikas angeht, so hören Sie doch bitte nicht auf das Geschwätz von einem Sturm, der sich ankündigt. Meine Prognose ist positiv!“
Egal, ob ich ebenfalls dieser Meinung war - eins musste ich Stamm lassen: Er wurde seiner Rolle als geistiger Vater der Zusammenarbeit mit Bertrand voll gerecht.
Kapitel 24
Am nächsten Morgen brachte mich der Helikopter zurück ins Hugenottental.
Es war ein strahlender Tag, der die Tour für jeden Touristen zum Highlight gemacht hätte. Mir hingegen gingen zu viele Dinge durch den Kopf, die mich ablenkten. Noch bevor wir auf einem verlassenen Sportfeld bei Franschhoek - neben dem Wishbone fürsorglich meinen Wagen geparkt hatte - landeten, war ich zu einem Entschluss gekommen.
Mir blieb eine Woche Zeit, meinen Gegenspielern einen Strich durch die Rechnung zu machen, und ich benötigte dazu einen möglichst neutralen Stützpunkt. Deshalb erklärte ich meinen fiktiven Aufenthalt in Mosambik für beendet und beabsichtigte Docs Winzerfreund im nahen Paarl aufzusuchen. Ich bildete mir keinesfalls ein, damit einer latenten Überwachung zu entkommen. Aber der Ortswechsel, so hoffte ich, würde mir mehr Unabhängigkeit bringen und meine Konzentration erleichtern. Außerdem erinnerte mich im Quartier Français zuviel an Rena Carsten.
Diesmal musste ich nach dem Aussteigen geduckt und im Höllenlärm unter den laufenden Rotoren hindurch zu meinem Mietauto joggen, während sich mein Lufttaxi wieder in die Höhe schraubte und langsam entschwand.
Wenige Minuten später war die beschauliche Ruhe des Tals wieder hergestellt. Kein Mensch war zu sehen. Ich stieg ein und fuhr zum Hotel, das nicht einmal einen Kilometer entfernt lag.
Ich startete die Musikkassette, die im Abspielgerät steckte. Das Stück, das Roy Orbison gerade sang, war She’s A Mystery To Me. Ich konnte es nicht ertragen und drückte vehement EJECT.
Nachdem ich meine Sachen gepackt hatte, warf ich noch einen Blick aus dem Fenster meiner Dachetage in den Innenhof.
Der Pool lag verlassen in der aufkommenden Mittagshitze. Und doch sah ich für einen Moment etwas im Becken schwimmen, das wie ein gelber Ball aussah. Ich starrte hin, bis Renas Kopf langsam aus dem Wasser auftauchte, und sie über die Granitstufen auf den Rasen stieg. Sie war nackt, und ihre aufreizende Figur kam gut zur Geltung - bis ich die Augen fest schloss und der Sinnestäuschung ein Ende machte.
Auf der Veranda im Erdgeschoss saßen neue Gäste, ein älteres Paar. Vermutlich hatte sich Wishbone um Renas Rechnung, ihr Gepäck und ihren Mietwagen gekümmert. Der Stammesfürst war ein zuverlässiger Handlanger.
Bevor ich meine Unterkunft verließ, schaute ich noch einmal in die Runde. Ich hatte tatsächlich etwas vergessen.
Die beiden Ausgaben des Romans von Laurens van der Post lagen zwischen diversen Magazinen und Prospekten auf dem Tisch und waren deshalb leicht zu übersehen. Eilig nahm ich die Bücher an mich. Eher beiläufig ließ ich die Seiten der englischen Ausgabe schnell unter meinem Daumen ablaufen, als hoffte ich, beim Durchblättern einen letzten versteckten Zettel zu finden, der die Schnitzeljagd fortsetzen würde.
Einen Zettel fand ich zwar nicht,
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