Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond
kann mir vorschreiben, was ich zu tun und zu lassen habe.«
»Dann bitte ich dich, bei uns zu bleiben und nicht nach Iónador zurückzukehren«, sagte Yvolar versöhnlich.
»Was soll das Gerede?«, blaffte Alphart. »Wenn sie unbedingt gehen und in ihr Verderben rennen will, lass sie ziehen. Für eine hochwohlgeborene Dame haben wir ohnehin keine Verwendung.«
Sie wandte den Kopf und schaute ihn aus blitzenden Augen an. »Ach, so siehst du das, Wildfänger!«
»Allerdings.«
»Ich verstehe«, sagte Rionna und ließ die drei Männer einfach stehen und schritt davon. Alphart, Leffel und der Druide tauschten konsternierte Blicke, ehe sie ihr folgten. Den Leichnam Morkars ließen sie zurück – der Wald würde sich um ihn kümmern.
Sie waren gut eine weitere Stunde auf den Überresten der Königsstraße unterwegs, als sie ein Schnauben vernahmen. Kurz darauf entdeckten sie Morkars Pferd. Er hatte es an den Stamm einer Eiche gebunden, in der Nähe der alten Straße, und war dann zu Fuß weitergeschlichen.
Rionna näherte sich dem nervösen Tier und tätschelte seinen Hals, worauf es sich ein wenig beruhigte. »Wir werden es mitnehmen«, entschied die Prinzessin.
Alphart nickte nur.
»Und diesmal wird es nicht an die Wölfe verfüttert«, mahnte Rionna streng.
Der Wildfänger grinste schief. »Prinzessin, ich bin nicht ganz so hartherzig, wie Ihr glaubt.«
»Dann muss ich mich sehr in dir täuschen«, beschied sie ihm schnippisch.
Sie verließen den Wald und folgten weiter der alten Straße, deren brüchiges Band nach Südwesten führte. Bei den Ruinen des Turmes Astar nächtigten sie, während Yvolar über ihren Schlaf wachte. Eigentlich wollte auch Alphart Wache halten, doch eine Stunde vor Morgengrauen konnte er die Augen nicht mehr länger offen halten und schlief ebenfalls ein.
Als er wieder erwachte, war die Sonne bereits aufgegangen. Verärgert darüber, dass er eingeschlafen war, sprang er auf.
Leffel kauerte neben ihm, die Kappe tief ins schläfrige Gesicht gezogen, und fror erbärmlich in der Kälte des Morgens. Yvolar hockte ein Stück entfernt auf einem Steinquader, der einst zum Turm gehört hatte, und kaute auf einer Schwarzwurzel, die sein karges Frühstück darstellte.
Aber wo war Rionna?
Gehetzt blickte sich Alphart um, konnte die Prinzessin jedoch nirgends entdecken. »Wo ist sie?«, rief er laut.
»Wer?«, fragte Yvolar.
»Wer wohl? Das Frauenzimmer!«
»Auch dir einen guten Morgen«, erwiderte der Druide gelassen.
»Wo sie ist, will ich wissen!«
»Fort«, sagte Yvolar mit ruhiger Stimme. »Bei Anbruch der Dämmerung hat sie sich davongeschlichen. Das Pferd hat sie mitgenommen.«
»Und du hast sie einfach ziehen lassen?«
»Natürlich.«
»Verdammt, alter Narr!«, schrie Alphart. »Warum hast du sie nicht aufgehalten?«
»Wer kann schon den Wind halten? Oder die Vögel daran hindern, nach Süden zu fliegen?«
»Was soll das nun wieder bedeuten? Wir müssen ihr nach und sie aufhalten. Sagtest du nicht selbst, dass ihr in Iónador Gefahr droht?«
»Und sagtest du nicht, dass sie ruhig gehen solle und wir ohnehin keine Verwendung für sie hätten?«
Alphart blieb eine Antwort schuldig – dass der Druide seine eigenen Worte gegen ihn wandte, ärgerte ihn, aber er konnte nicht widersprechen.
»Die Zukunft: ist schwer vorauszusehen, mein ungestümer Freund«, erklärte Yvolar, »denn sie ändert sich mit jeder unserer Entscheidungen. Was Rionna auch zustoßen mag, es liegt nicht in meiner Hand.«
»Aber in meiner«, entgegnete der Wildfänger trotzig. »Rionna hat ihr Leben für uns gewagt, und ich werde sie nicht einfach in ihr Verderben rennen lassen.«
»Mut und Tatkraft bestimmen deine Worte«, sagte der Druide anerkennend. »Aber es ist zu spät. Die Prinzessin hat ihre Entscheidung getroffen, du kannst ihr nicht mehr helfen.«
»So? Und warum nicht?«
»Weil sie auf dem Pferd längst über alle Berge ist; du kannst sie nicht mehr einholen. Und weil wir einen dringlicheren Auftrag zu erfüllen haben.«
»Dringlicher? Was könnte dringlicher sein, als einem Freund in Not zu helfen?«
»Seht!«, rief Leffel plötzlich, der schweigend dabeigesessen und sich aus dem Streit herausgehalten hatte, weil er es sich weder mit dem Jäger noch mit dem Druiden verscherzen wollte. »Die Erntefeuer wurden entzündet!« Er deutete nach Westen, wo zwischen den Hügeln dunkle Rauchsäulen aufstiegen. Sie verschmolzen am Himmel mit dem matten Grau der Wolken.
Yvolar sprang von dem
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