Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen
daran, dass ich mich auf den Weg machen und versuchen werde, Erwyn zu befreien.«
»Mux der Kobling ist dabei«, ließ sich der kleine Gnom vernehmen, der dem Wortwechsel bislang schweigend beigewohnt hatte, »dann sind wir immerhin schon zwei.«
»Drei«, verbesserte Yvolar. Der Druide wirkte noch immer müde und erschöpft, und sein Gewand und der Umhang hingen durchnässt und schmutzig an ihm herab, aber seine Züge strahlten wieder die alte Würde aus.
»Du?« Alphart machte große Augen. »Sagtest du nicht selbst, alle Hoffnung wäre dahin?«
»Die Worte unseres jungen Freundes…« – er streifte Leffel mit einem dankbaren Blick –, »… haben mich eines Besseren belehrt. Die Hoffnung ist erst dann verloren, wenn wir sie endgültig fahren lassen – und noch ist es bei mir nicht so weit.«
»Nein? Was muss denn noch geschehen, damit du einsiehst, wie sinnlos all das hier ist?«
»Wappne deinen Geist, Wildfänger. Die Verzweiflung, die aus dir spricht, ist Muortis’ Werk. Um ein Haar hätte sein Nebel des Todes unser Ende bedeutet, hätte nicht unser treuer Gefährte hier…« – diesmal schenkte er Leffel ein anerkennendes Lächeln –, »… die Flamme der Hoffnung neu ins uns entfacht.«
»In dir vielleicht, alter Mann – in mir nicht.«
»Denke an jene, die ihr Leben gegeben haben, um das deine zu bewahren, Wildfänger, und an die Freundschaft deiner Gefährten. Und dann komm zu dir und erkenne, dass dunkle Magie deine Gedanken verwirrt und getrübt hat.«
Zuletzt hatte die Stimme des Druiden einen beschwörenden Tonfall angenommen, der sie bis in den letzten Winkel von Alpharts Bewusstsein dringen ließ. Und plötzlich hatten sowohl der Wildfänger als auch der finstere Walkar das Gefühl, aus tiefem, traumdurchjagtem Schlaf zu erwachen, obwohl sie die Augen nie geschlossen hatten.
»Potztausend!«, stieß Alphart verblüfft hervor. »Der Gilg hat recht! Noch ist nichts verloren. Wir müssen versuchen, den Jungen zu befreien. Wir müssen den Spuren der Trolle folgen, solange sie im Schnee noch zu sehen sind!«
»Muortis ist uns einen Schritt voraus gewesen«, stimmte Yvolar zu. »Er wusste von Dochandars Existenz, deshalb hat er uns nicht als ernsthafte Bedrohung erachtet. Nun jedoch werden wir etwas tun, was er nicht erwartet.«
»Nämlich?«
»Wir werden in unserer Mission fortfahren!«
»Wie denn ohne den Sylfenbengel?«
»Indem wir uns aufteilen«, gab der Druide zur Antwort. »Ein Teil von uns wird das magische Horn suchen, der Rest wird sich um die Befreiung Dochandars kümmern.«
»Weisheit spricht aus deinen Worten«, erwiderte Mux prompt, »so sind zugleich wir an zwei Orten. Also lass, ich bitt dich schön, den Gilg und mich zum Gipfel gehn.«
»Nichts anderes hatte ich vor«, erwiderte Yvolar. »Walkar wird euch begleiten, während der Jägersmann und ich uns in Muortis’ dunkles Reich begeben.«
»Du willst, dass ich mit dir komme?«, fragte Alphart.
»Fürchtest du dich?«
»Niemals.« Der Wildfänger schüttelte den Kopf.
»Also ist es beschlossen.«
»Verzeih, Meister Yvolar«, meldete sich Leffel zu Wort. »Aber es ist meine Idee gewesen, Erwyn zu befreien. Müsste ich da nicht mit euch kommen?«
»Aufrichtigkeit spricht aus deinen Worten, Leffel, und ein großes Herz. Dennoch ist meine Entscheidung bereits gefallen. Alphart wird mich begleiten.«
»Und du denkst, dass wir wirklich eine Chance haben?«, erkundigte sich der Wildfänger skeptisch.
»Immerhin haben wir die Überraschung auf unserer Seite. Muortis denkt, sein Plan wäre gelungen und wir alle hätten uns längst in den Tod gestürzt. Er rechnet nicht damit, dass wir einen Befreiungsversuch unternehmen werden, und diese Tatsache müssen wir zu unseren Gunsten nützen.«
»Und anschließend treffen wir uns auf dem Gipfel?«, fragte Leffel hoffnungsvoll.
»So sei es. Der Bund der Gefährten wird sich auflösen, um sich zu einem späteren Zeitpunkt wieder zu vereinen.« Die Züge des Druiden nahmen einen seltsamen Ausdruck an, während er diese Worte sprach, sodass sich Alphart unwillkürlich fragte, was das nun wieder bedeuten mochte.
»Alles in Ordnung, alter Mann?«, erkundigte er sich.
Ein wehmütiges Lächeln glitt über die faltige, von der Kälte gerötete Miene des Druiden. »Einst«, sagte er dann, »wird eine Zeit kommen, in der man behaupten wird, nichts von dem hier wäre wirklich geschehen. Die Menschen werden aufhören, an ihre Mythen zu glauben. Aber das ist nicht von Belang, meine
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