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Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Titel: Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Iónador zu den Talseiten hin schützte. Galfyn kam der Gedanke, dass sie seit Menschengedenken die ersten Waldkrieger waren, die sich im Inneren der Goldenen Stadt aufhielten, und dass es seine einstigen Todfeinde waren, die draußen zum Angriff bereitstanden und sich darauf verließen, dass er seinen Auftrag ausführte, und die Worte des Druiden kamen ihm in den Sinn.
    Wir alle, die wir hier stehen, hatte Yvolar gesagt, erleben eine Wende der Zeiten.
    Wie recht hatte der Alte gehabt…
    Schon wollte Galfyn losstürmen, auf die hölzerne Treppe zu, die zum Wehrgang hinaufführte. Einer seiner Falkenkrieger hielt ihn jedoch zurück.
    »Was ist?«
    »Dort«, sagte der Clansmann und deutete zu dem Turm hinauf, der sich über der Mauer erhob – tatsächlich war dort der Schatten eines Erls zu sehen.
    Vermutlich haderte der Unhold mit seinem Schicksal, zum Wachdienst verdonnert worden zu sein, denn sein Blick war keineswegs nach außen gerichtet, sondern auf das Häusermeer der Stadt, wo seine Kumpane nach Herzenslust saufen und fressen konnten. Wenn Galfyn einfach drauflosgestürmt wäre, hätte der Erl ihn mit Sicherheit entdeckt und Alarm gegeben.
    »Danke, Freund.« Der Häuptling nickte dem Krieger zu und wandte sich dann an die Bogenschützen. Die Schlangenmänner zielten, aber der Erl stand so ungünstig, dass die Zinnen seinen Körper deckten und nur sein Kopf zu sehen war.
    »Geben wir ihm etwas, worüber er sich ärgern kann«, meinte Galfyn und las einen Stein vom Boden auf, den er kurzerhand zur Turmplattform hinaufwarf.
    Der Erl zuckte zusammen, als es neben ihm klickerte. Ein mürrisches Grunzen von sich gebend, das sich wie eine Verwünschung anhörte, beugte er sich über die Brüstung, um zu sehen, was los war.
    Kaum verließ er jedoch den Schutz der Zinnen, steckte bereits ein Pfeil in seiner Brust.
    Er wollte schreien, aber ein zweites Geschoss durchbohrte im nächsten Moment seinen Hals, sodass es bei einem heiseren Stöhnen blieb.
    Sich an die durchlöcherte Kehle greifend, verlor der Erl das Gleichgewicht und kippte vornüber vom Turm. Mit einem hässlichen Geräusch schlug er unten auf und blieb reglos liegen.
    Galfyn verharrte noch einen Moment, um sich zu vergewissern, dass keiner der anderen Unholde etwas von dem Geschehen bemerkt hatte. Aber außer dem geistlosen Grölen der betrunkenen Erle und dem dumpfen Schlag der Trommeln war nichts zu hören.
    »Weiter!«, zischte der Häuptling schließlich und stürmte seinen Männern voran auf die hölzerne Treppe zu. Sie folgten ihm in kleinen Gruppen, die Stufen hinauf und in Richtung Haupttor.
    Der Wehrgang war so breit, dass zwei Fuhrwerke nebeneinander darauf hätten fahren können, und die Zinnen, die die Mauer krönten und von fern betrachtet so filigran aussahen, waren jede so breit und hoch wie ein Mann. Galfyn wunderte es nicht mehr, dass seine Vorfahren gescheitert waren bei dem Versuch, Iónador einzunehmen – und im Nachhinein schalt er sich einen Narren, dass er geglaubt hatte, die Goldene Stadt in die Knie zwingen zu können.
    Herras hatte recht gehabt.
    Auch was seine Rache betraf…
    Die Männer bewegten sich so lautlos, wie sie es in den dichten Gehölzen des Dunkelwaldes gelernt hatten. In Windeseile huschten sie an der Brustwehr entlang, jenseits derer sich die gefrorene Fläche des Spiegelsees erstreckte, die im Mondlicht stumpf zu schimmern schien. Dahinter, im fahlen Schein nur noch schemenhaft zu erkennen, lagen die Hügel, hinter denen sich die vereinte Streitmacht der Menschen verbarg, zuvorderst die Reiterei Iónadors, die darauf wartete, auf stampfenden Hufen in die Stadt ihrer Väter zurückzukehren.
    Als Galfyn in die andere Richtung blickte, sah er im Schein der Feuer, die überall in der Stadt brannten, geplünderte Häuser und mutwillig zerstörte Bauwerke. Unrat lag allerorts herum, und die Unholde johlten und grunzten, während sie ihren leichten Sieg feierten.
    Obwohl Iónador nicht seine Heimat war und obwohl Galfyn dazu erzogen worden war, die Goldene Stadt zu hassen, erfüllte ihn der Anblick mit Entsetzen.
    Wie alle primitiven Kreaturen dachten die Erle nicht an das, was der nächste Tag bringen würde – und diese Sorglosigkeit würde sich bitter rächen…
    Die Waldkrieger huschten lautlos über den Wehrgang.
    Ein Erl, der auf der Mauer Wache hielt, verlor seinen Kopf, ehe er auch nur einen Laut von sich geben konnte, und ein weiterer Unhold wurde mit Pfeilen gespickt. Endlich kam das große Tor in Sicht.

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