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Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Titel: Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Deckung, von wo aus sie den Hof gut überblicken konnten. Falls einer der Erle die eindringenden Menschen entdeckte, würde er einen Pfeil in die Kehle bekommen, bevor er Alarm schlagen konnte. Wenn allerdings mehrere Unholde gleichzeitig Verdacht schöpften oder die Eindringlinge bemerkten, würde Galfyns Mission zu Ende sein, noch ehe sie richtig begonnen hatte…
    Die Erle jedoch waren abgelenkt. Johlend tanzten sie um ihre Feuer, von denen das nächste nur einen Steinwurf entfernt war. Keiner von ihnen schaute in Richtung des Brunnens, dazu waren die grässlichen Kreaturen viel zu sehr damit beschäftigt, ihren Sieg zu feiern, zu saufen und sich zu balgen. Wachen waren nicht aufgestellt worden – wozu auch, wenn man den Feind bereits geschlagen wähnte?
    Ein grimmiges Grinsen huschte über Galfyns blau bemaltes Gesicht, als er lautlos aus dem Brunnen kletterte, die Klinge zwischen den Zähnen. Auch er huschte in Deckung und wartete, während immer mehr von seinen Kriegern dem Zisternenschacht entstiegen.
    Endlich waren sie vollzählig – vierzig Mann, zum Äußersten entschlossen.
    Nur Fyrhack war noch in der Zisterne verblieben. Dort würde er ausharren, bis er entweder das Signal zum Angriff erhielt – oder unverrichteter Dinge wieder den Rückzug antreten würde, nämlich dann, wenn der Versuch, das Haupttor zu nehmen, gescheitert war.
    In kleinen Gruppen zu je fünf oder sechs Mann schlichen die Eindringlinge weg vom Brunnen. Sie bewegten sich ebenso lautlos wie schnell, und die huschenden Schatten, die über die Fassaden der umliegenden Häuser geisterten, gaben ihnen eine zusätzliche Tarnung. Schon hatte der erste Trupp die schmale Gasse erreicht, die zur Stadtmauer führte, und bezog dort Stellung, um den Weg der Kameraden zu sichern. Trupp für Trupp langte auf diese Weise auf der anderen Seite des Innenhofs an, ohne dass die Erle Verdacht schöpften – oder?
    Der Gedanke, die Arglosigkeit der Unholde könnte nur gespielt sein und es sich in Wirklichkeit um eine Falle handeln, überkam Galfyn, aber er verdrängte sein Misstrauen sofort wieder. Die Erle waren einfältige Kreaturen. Zudem verließen sie sich darauf, dass Klaigons Verrat funktioniert hatte und das Heer der Menschen vernichtet war.
    Nun – sie würden eine Überraschung erleben…
    Endlich waren alle Krieger in der Gasse angelangt, und Galfyn gab das Zeichen zum Weitermarsch. Sich zu beiden Seiten des Weges in den Schutz der Hausmauer duckend, bewegten sie sich vorwärts – und erhielten plötzlich ungebetene Gesellschaft. Aus dem Eingang eines Gebäudes, das wie die meisten Häuser der Außenbezirke schon bessere Zeiten gesehen hatte, trat – oder besser torkelte – ein Erl.
    Es war das größte Exemplar, das Galfyn bislang zu sehen bekommen hatte, und dabei so feist und vollgefressen, dass es den Anschein erweckte, jeden Augenblick platzen zu müssen.
    Der Unhold stockte, als er die Eindringlinge erblickte. In seinen Schweinsaugen flackerte es, und seine spitzen Ohren zuckten, während sich sein Rüssel in unverhohlener Abscheu kräuselte. Dann erst schien seinem vom Saufen benebelten Verstand zu dämmern, was er da sah. Seine Pranke griff nach dem rostigen Schwert an seinem Gürtel, er öffnete das Maul zu einem gellenden Schrei – aber er blieb stumm.
    Der große Erl wankte.
    Ungläubig starrte er auf den Pfeil, den einer der Schattenkrieger abgeschossen hatte und dessen Schaft aus seiner Brust ragte. Der Erl bleckte die Hauer und verzog das Maul, was wohl ein spöttisches Grinsen sein sollte.
    Dann brach er zusammen.
    Galfyns Männer waren erleichtert; man konnte sehen, wie die Furcht aus ihren Gesichtern schwand. Zu kämpfen und dabei vielleicht das Leben zu lassen war es nicht, was die Waldkrieger schreckte. Was ihnen zu schaffen gemacht hatte, war die angeborene Furcht vor allem Übernatürlichen. Die Erkenntnis jedoch, dass die Erle trotz ihres grässlichen Aussehens keine Dämonen waren, keine Abkömmlinge einer anderen Welt, sondern Wesen aus Fleisch und Blut, die man mit normalen Waffen töten konnte, beruhigte die Männer und gab ihnen Zuversicht für den bevorstehenden Kampf.
    »Vorwärts!«, zischte Galfyn und eilte weiter. Den getöteten Erl ließen sie zurück – falls er gefunden wurde, würde man annehmen, dass er mit einem anderen Unhold Streit gehabt und den Kürzeren gezogen hatte.
    Sie erreichten das Ende der Gasse.
    Vor ihnen, nur noch zwanzig, dreißig Schritte entfernt, erhob sich der Mauerring, der

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