Land der Sehnsucht (German Edition)
muss das wirklich sein?“ Während Claire den Raum verließ, runzelte die alte Dame ihre blasse Stirn. „Er wird die Gelegenheit nutzen, um mir einen Vortrag darüber zu halten, dass ich kein junges Mädchen mehr bin.“
Jack bewunderte das Rückgrat der Frau. „Es ist kein sauberer Bruch, Madam, aber ich habe solche Brüche schon gesehen. Hoffentlich verheilt er schnell.“
Sie lächelte zu ihm hinauf. „Sind Sie auch noch Arzt, Mr Brennan?“
Er senkte kurz den Kopf und drehte den Hut in seinen Händen. „Bestimmt nicht, Madam. Aber wenn man allein in der weiten Prärie ist, sind Ärzte manchmal rar. Ich habe dabei einiges gelernt.“
Ihr Blick verriet, dass sie verstand, was er meinte. „Ich denke, es wäre gut, einen Mann wie Sie hier zu haben, Mr Brennan. Hätten Sie nicht Interesse, sesshaft zu werden und auf unserer kleinen Ranch hier zu arbeiten?“
„Vielen Dank für das Angebot, Miss Mahoney. Wenn ich mich hier so umsehe, ist das wirklich verführerisch. Aber ich bin Verpflichtungen eingegangen, die ich erfüllen muss. Und um ehrlich zu sein, ich spüre eine gewisse Unruhe und möchte gern wieder losfahren und diese Berge aus der Nähe sehen.“
Er stellte sich vor, wie er Mademoiselle Véronique Girard in diesen Bergen zu den verschiedenen Bergbausiedlungen begleitete, von denen die meisten immer noch unerschlossene Gebiete für ihn waren. Die Vorstellung, dass sie auf dem Wagensitz neben ihm saß, war zwar nicht völlig unangenehm, aber er wünschte sich unwillkürlich, sie besäße ein wenig mehr von Miss Maudies Energie und wäre ein bisschen weniger vornehm. Er hatte seine Zweifel, wie gut sie unter so primitiven Bedingungen zurechtkäme. Andererseits hatte sie ihm schon mehrmals bewiesen, dass er sich in ihr getäuscht hatte. Vielleicht würde sie ihn auch in Bezug auf ihre Zähigkeit überraschen.
Er hatte sie heute Morgen in der Kirche gesehen, wo sie zwischen Hannah Carlson und dem jungen Mädchen, das im Kolonialwarenladen bei ihr gewesen war, gesessen hatte. Das Mädchen war die Tochter der Carlsons, Lilly. Sie war eine jüngere Version ihrer Mutter, und er fragte sich, wie ihm am Tag zuvor im Kolonialwarenladen ihre starke Ähnlichkeit hatte entgehen können. Aber er war an diesem Nachmittag natürlich mit anderen Dingen beschäftigt gewesen.
Als Pfarrer Carlson ihn heute bei seiner Predigt, von den anderen unbemerkt, erwähnt und diese freundlichen Dinge über ihn gesagt hatte, war Jack das Wirken Gottes in seinem Leben so deutlich wie nie zuvor bewusst gewesen. Vielleicht hatte er aber auch nur noch nie emotional so stark darauf reagiert. Wie dem auch sei, es war gleichzeitig eine unangenehme Erfahrung für ihn gewesen und eine Erfahrung, die er gern wiederholen würde.
Während Jack Stewartson half, Miss Maudie in ihr Schlafzimmer zu bringen, wurde ihm bewusst, dass es eine schwere Aufgabe war, wieder für einen anderen Menschen mit verantwortlich zu sein. Die Last der letzten dreizehn Jahre, als er Familien in den Westen geführt hatte, hatte er im letzten Herbst nach seinem Treck nach Oregon gerne abgegeben. Jetzt lag sie wieder auf seinen Schultern, und die Last war dieses Mal nicht leicht. Besonders wenn er daran dachte, wie enttäuschend Véronique Girards Suche nach ihrem Vater enden konnte. Was war, wenn sie den Mann nie fand? Oder wenn sie ihn zwar fand, aber feststellen musste, dass der Mann nicht der Vater war, den sie erwartete?
Oder noch schlimmer, wenn Pierre Gustave Girard wie viele ausländische Pelzjäger, die er kennengelernt oder von denen er gehört hatte, seine Frau und Tochter vor so vielen Jahren mit der Absicht in Paris zurückgelassen hatte, nie von ihnen gefunden zu werden?
Kapitel 14
Zum dritten Mal blieb Véronique auf dem Gehweg stehen und stellte ihre Stofftasche mit einem dumpfen Schlag ab. Das Dämmerlicht lag über der erwachenden Stadt, und ihr angestrengter Atem war in der gedämpften Stille des frühen Morgens laut zu hören.
Der lederne Verschlussriemen der Tasche blieb nicht zu, was es noch anstrengender machte, die Tasche zu tragen, die auch noch ziemlich schwer war. Monsieur Brennan hatte gesagt, dass sie abends wieder zurück wären, deshalb hatte sie nur das Allernötigste eingepackt.
Nach seinen Berechnungen würden sie die Bergarbeiterstadt Jenny’s Draw kurz nach Mittag erreichen. Wenn ihre Fahrt wie geplant verliefe, würden sie ihre Waren an einen Ladenbesitzer namens Scoggins verkaufen und sich bei ihm über Bergarbeiter
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