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Land der Sehnsucht (German Edition)

Land der Sehnsucht (German Edition)

Titel: Land der Sehnsucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamera Alexander
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zu sein, war sehr reizvoll. Sie vereinbarten eine Zeit und einen Treffpunkt.
    Als Véronique im Mietstall ankam, musste sie feststellen, dass Monsieur Sampson gerade sehr viele Kunden hatte. Die Werkstatt war voller Männer und sie beschloss, draußen zu warten.
    Die warme Sommersonne schien vom wolkenlosen blauen Himmel und ihr fiel auf, dass sie vergessen hatte, ihren Sonnenschirm mitzunehmen. Aber sie vermisste ihn nicht. Sie legte den Kopf zurück und genoss die Wärme der Sonnenstrahlen in ihrem Gesicht und kam sich dabei ein wenig rebellisch vor. Sie war erst so kurz in diesem Land und ließ sich schon deutlich davon beeinflussen. Madame Marchand hatte sie immer getadelt, wenn sie ihren Schirm vergessen hatte, und gesagt, es sei ein Fauxpas, der genauso schlimm sei, wie wenn man seine Handschuhe vergaß. Véronique sah auf ihre nackten Hände hinab, wackelte mit den Fingern und dachte daran, was für ein Skandal das in Paris gewesen wäre. Aber keine der Frauen, die sie in Willow Springs traf, hatte je …
    „Sie sollten Ihr hübsches Gesicht lieber vor der Sonne schützen, Madam. Und auch Ihre schönen kleinen Hände. Sonst bekommen Sie überall Sommersprossen.“
    Als Véronique den alten Mann sah, wich sie vorsichtig einen Schritt zurück und drückte ihr Handtäschchen an sich.
    Er zog einen Wagen auf zwei Rädern hinter sich her und erinnerte sie an die Bettler, die die Straßen vor dem Opernhaus in Paris säumten. Nach einer Opernvorstellung riefen viele den elegant gekleideten Männern und Frauen ihre Bitten zu, während diese zu ihren Kutschen zurückkehrten. Andere hingegen standen stumm da, mit ausgestreckten Händen und dunklen, leeren Augen. Diese jagten ihr immer die größte Angst ein. Ihre Gesichter waren ausgemergelt und gefühlsleer, als hätte der Tod sie bereits unbemerkt heimgesucht. Aber an solchen Abenden hatte Monsieur Marchand immer Münzen in den Taschen. Er warf die Münzen nicht auf den Boden, wie es viele andere taten, bevor sie eilig in ihr eigenes Leben zurückkehrten. Er verteilte jede Münze persönlich und schaute jedem Mann, jeder Frau und jedem Kind dabei in die Augen.
    Aber allein schon der Gedanke, diesen Mann berühren zu müssen, ließ Véronique erschauern. Seine Zähne – die wenigen, die er noch hatte – waren gelb. Sein Hemd hing schmutzig und fleckig über seinen dürren Schultern, und wenn er keine Hosenträger angehabt hätte, wäre seine Hose bis zu seinen Knöcheln hinabgerutscht. Ein starker unangenehmer Geruch stieg ihr in die Nase. Sie schluckte schwer und war dankbar, dass sie heute Morgen nicht gefrühstückt hatte.
    Ihr schlechtes Gewissen meldete sich schnell und deutlich.
    Ein Knoten bildete sich in ihrer Kehle. Obwohl sie wünschte, sie könnte sich umdrehen und verschwinden, war es ihr unmöglich wegzusehen.
    „Das ist ein sehr hübsches Kleid, das Sie da anhaben, Madam. Ich weiß nicht, ob ich so etwas Schönes schon einmal gesehen habe.“ Der alte Bettler grinste und ließ seinen Blick auffällig zu ihrem Rücken wandern, um betont die Turnüre an ihrem Kleid zu betrachten. „Das erinnert mich irgendwie an einen kleinen Handwagen, wenn ich das so sagen darf.“ Sein Lachen war hoch und pfeifend und endete in einem Hustenanfall.
    Véronique wich noch einen Schritt weiter zurück, obwohl sie ziemlich sicher war, dass dieser Mann ihr nichts tun würde. Wenn sie ihm eine oder zwei Münzen gäbe, würde er sie vielleicht in Ruhe lassen. Sie hielt ihr Handtäschchen immer noch fest in der Hand und kramte in ihrer Geldbörse nach Kleingeld.
    „Wollen Sie sich meine Waren anschauen? Ich habe einige ziemlich schöne Sachen dabei.“ Er begann, im Inhalt seines Wagens zu kramen. „Ich habe ein paar schöne Bilderbücher dabei oder vielleicht steht Ihnen eher der Sinn nach Schmuck?“ Er hielt ihr ein Paar Ohrringe hin mit Löchern an den Stellen, die früher die Edelsteine eingefasst hatten. „Sie sind bei weitem nicht so hübsch wie Ihre, aber an Ihnen würden sie zu neuem Glanz erstrahlen.“
    Véronique wünschte sich plötzlich, sie hätte ihre Handschuhe angezogen, und hielt zwei Fünf-Cent-Münzen zwischen ihren Fingerspitzen.
    Er schaute zuerst das Geld und dann sie an. Er runzelte seine faltige Stirn. „Aber Sie haben sich ja noch gar nichts ausgesucht. Außerdem – er schaute von links nach rechts, als lauerten gefährliche Spione in der Nähe. Seine Stimme wurde leiser – müssen Sie mich fragen, ob ich es Ihnen billiger gebe.“ Er

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