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Land des Todes

Land des Todes

Titel: Land des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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sie konnten Blitze in ihre Finger beschwören, um damit ein Tier oder ein Gebäude zu vernichten, oder jemandem eine Stimme in den Geist pflanzen, die niemand sonst hören konnte, bis derjenige davon in den Wahnsinn getrieben wurde. Einmal sah ich am Hof, wie ein Mann für einen Verstoß gegen das Brauchtum bestraft wurde. Der Zauberer des Königs verwandelte ihn vor unseren Augen in Nebel. Im einen Augenblick war er ein Mann, der nackt und in Ketten vor dem König stand, im nächsten landeten die leeren Ketten klirrend auf dem Boden, und er war eine flüchtige Rauchsäule, die nach wie vor die Gestalt eines Menschen aufwies. Ich erinnere mich noch, dass der Mann vor Grauen schrie, doch seine Stimme glich nur noch dem Flüstern eines Schreis, kaum hörbar trotz der Totenstille unter den Anwesenden. Der Zauberer lächelte und fuhr mit der Hand durch den Körper seines Opfers, dann beugte er sich vor und blies sanft, sodass sich der brüllende Kopf verflüchtigte. Zurück blieb der in der Luft wabernde Rumpf, bis auch dieser sich in Nichts auflöste.
    Nein, Zauberei war kein Schwindel. Sogar der König fürchtete die Zauberer. Doch während meiner Zeit im Palast hatte ich mich manchmal gefragt, ob nicht Ezras Macht mehr aus Betrügerei denn aus Magie bestand. Ihn hatte ich nie solche Zauber wirken gesehen, und die Dinge, die ich über ihn gehört hatte, stellten letztlich nur Gerüchte dar. Insofern lauschte ich Linas Schilderung mit einiger Neugier.
    Sie berichtete, wie Ezras Stummchen ihr die Tür geöffnet hatte, noch bevor sie klopfte, und dass Ezra mit untergeschlagenen Beinen auf einem Webteppich auf dem Boden des Hauses saß. »Ohne jegliche Überraschung schaute er auf, bedeutete mir, einzutreten, und gab mir zu verstehen, ich solle mich zu ihm auf den Teppich setzen. Zwischen uns befand sich eine große, flache Tonschüssel, bis obenhin mit Wasser gefüllt.«
    Sie seufzte und fuhr fort: »Er wirkte nicht im Mindesten überrascht, mich zu sehen. Und ich sah auch, weshalb. Er blies auf das Wasser, und es zeigte den Weg vor dem Haus. Auf der Oberfläche konnte ich ein Bild meiner selbst erkennen, wie ich dem Weg zu seiner Tür folgte, was ich ja gerade getan hatte. Da hatte ich größere Angst als je zuvor in meinem Leben. ›Ich weiß, warum du hier bist‹, sagte er. ›Und du hast richtig gehandelt. Jetzt kann ich dir endlich helfen.‹ Ich fragte ihn, wie, und er forderte mich auf, die Augen zu schließen. Dann legte er mir die Finger auf die Lider, und sie fühlten sich kalt an, Anna, so kalt wie Eis, und es tat mir weh, aber ich traute mich nicht, auch nur einen Muskel zu rühren.
    Ich weiß nicht, wie ich beschreiben soll, was als Nächstes geschah: Es war, als hätte ich einen Wirbelwind in mir, in meinem Kopf. Mein gesamter Leib schmerzte, und mich schauderte, als hätte ich ein fürchterliches Fieber. Aber es ging schnell vorbei, und dann hob er die Finger von meinen Lidern und sagte, ich könne die Augen öffnen. ›Deine Vermutung, dass du keine Hexe bist, war richtig‹, offenbarte er mir. ›Ich habe dich berührt, um die Magie in dir zu finden, und da ist keine. Wir haben uns geirrt. Ich werde es demUsofertera-Klan und dem König mitteilen. Du kannst gehen.‹ Ich erhob mich, konnte aber kaum stehen, und er wies sein Stummchen an, mich nach Hause zu geleiten. Als ich hier ankam, schlief ich über einen Tag lang. Aber ach, ich war so erleichtert, Anna. Ich unterscheide mich nicht von allen anderen. Es ist immer ein Irrtum gewesen.«
    Ich lauschte dieser Geschichte mit mehr als einem Funken Argwohn; und spätere Fragen, die ich so stellte, dass sie meine Absicht dahinter nicht verrieten, bestätigten, dass die Verschlechterung ihres Gesundheitszustands und ihre Schwächlichkeit etwa zu der Zeit begonnen hatten, als sie den Zauberer Ezra besuchte. Dennoch konnte ich ihr die Erleichterung nachfühlen, vom Verdacht der Hexerei freigesprochen worden zu sein, der ihr ganzes Leben lang nur ein Fluch gewesen war.
XVII
    Bald verbrachte ich einen Großteil meiner Zeit mit den Vorbereitungen für Linas Hochzeit, die für den Mittsommertag angesetzt war.
    Masko bot weder Geld noch Waren als Beitrag zu den Festlichkeiten an. Ihn verdross das Verlöbnis, da es nicht sein Werk gewesen war: Lina hatte die Freier, die er ihr geschickt hatte, ausnahmslos abgelehnt. In der örtlichen Schenke tönte er lauthals, dass sie zu ihrer Vermählung keinen Penny bekommen würde, ein Eid, den er besiegelte, indem er auf den

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