Land Spielen
Fahrzeug umrundet, der Förster spricht erneut davon, dass Brandbekämpfung anfange, bevor es brenne, dass Vorsicht besser sei als verkohlte Eigenheime. Interessanter ist es da, den Sohn des Sprechenden nicht aus den Augen zu lassen. Ralf versucht, in seiner Nähe zu bleiben. Er denkt, der Försterjunge müsste das hier alles kennen, müsste markig aufschneiden und kenntlich machen, dass alles hier sattsam bekannt sei. Aber dieser ist still, hört seinem Vater aufmerksam zu, gibt sich nicht als Sohn und nicht als Insider zu erkennen. Was um ihn herum geschieht, scheint er kaum wahrzunehmen, eine gute Gelegenheit, ihm näher zu kommen, sich im vermeintlichen Gedränge an ihn drücken zu lassen.
Der Förster präsentiert nun die Spielsachen, die man braucht, wenn man Feuerwehr üben will. Neben dem gut gewarteten und kaum benutzten Gefährt sind das Schläuche und Äxte, am spannendsten sind da noch die Gasmasken. Denn am schlimmsten sei nicht das Feuer, sondern der Rauch, sagt der Feuerwehrhauptmann, er bittet den Dorflehrer, eine der Masken aufzusetzen, erklärt, dass man ohne sie auf der Stelle ohnmächtig würde. Dass man kriechen müsse, wenn man Rauch rieche, dass man das Gebäude sofort verlassen müsse, dass der Dorflehrer einen ansonsten holen komme. Die größeren Kinder lachen über den Mann mit Maske, er sieht seltsam aus, die kleinere Ada nutzt den günstigen Augenblick, um sich zu fürchten und hinter dem Rücken des Försterssohns zu verstecken. Sie hält sich an seinem Hemd fest, bis er sie abschüttelt. Der Vater sieht die Bewegung in seiner Zuhörerschaft, bietet der Unruhestifterin an, ebenfalls so eine Maske aufzusetzen. Also muss sich auch unsere Kleinste kurz zum Gespött machen lassen: Die Maske ist viel zu groß, atmen kann man daher bestens, nur sehen kann man kaum etwas, zu hören ist hämisches Kinderlachen, dann darf Ada wieder zurück ins Gemenge, muss eine neue Chance abwarten, ihrem Liebsten nahe zu kommen.
Ralf verfolgt dieselbe Strategie wie seine Schwester, er hat mehr Anlass zur Hoffnung, denn er hatte schon öfter das Vergnügen, dem Schönen nahe zu sein. Immer wieder kommt dieser zu Besuch, Ralf und er verkriechen sich in Ralfs Zimmer, man schaut Comics an, spricht wenig, manchmal fummelt man aneinander herum, ängstlich, weil die Familienmitglieder nicht weit sind, fürchtend, der schöne Freund gebe sich am nächsten Tag in der Schulumgebung schon wieder nicht als solcher zu erkennen. Ralf versteht nicht, was er falsch macht. Nun ist er endlich der Vertraute des Schulhofanführers und dennoch gehört er kein bisschen mehr dazu. Weder ist er nun vor Prügeln sicher noch ist ihm der Respekt der Mitschüler gewiss. Er weiß nicht, was er noch tun müsste, weiß nicht, was der Försterssohn gegen ihn hat, wo er ihn doch unter anderen Umständen sehr zu mögen scheint. Je näher der Schulhofchef dem Außenseiter privat kommt, desto größer ist die Abgrenzung auf dem Pausenhof. Die anderen Schüler nutzen weiterhin jede Zielscheibe, die sich bietet, und jede Möglichkeit zur Keilerei, doch wenn sie wüssten, dass sie es mit dem Vertrauten ihres Anführers zu tun hätten, suchten sie sich schnell einen Ersatz. Und wenn der Freund ihn schon nicht als solchen präsentiert, dann muss Ralf eben den ersten Schritt tun und seine Zugehörigkeit offenbaren. Heimlichtuerei hat ihm bis jetzt nichts gebracht außer noch mehr Prügel.
Als Erstes gilt es also, in die Nähe des Freundes zu kommen, heute ein Leichteres als an normalen Schultagen.
Ada und Ralf sind also froh, als die Schülergruppe wieder in Bewegung kommt und gleich darauf enges Zusammenstehen gefragt ist, weil es heißt, die Führung sei gleich abgeschlossen und deswegen mache man jetzt noch ein Foto. Das hänge man dann zu den anderen: »Ihr habt das Anschlagbrett ja gesehen, und den einen oder anderen habt ihr bestimmt erkannt«, sagt der Förster.
Die Schulkinder zeigen sich weiter unbeeindruckt, lassen sich vom Dorflehrer und seinem Hauptmann dirigieren. »Ein bisschen nach links, ein bisschen enger zusammen, und du da, komm doch noch nach vorne, die Kleinen sollen sich nicht hinter den Großen verstecken.« Ada, die den Schulausflug und die Nähe des Fünftklässlers wieder genießt, lässt sich vom Förster und seiner Kamera nichts sagen, sucht und findet die linke Seite ihres Angebeteten. Ralf ist etwas kleiner als der Försterssohn, kommt rechts neben diesem zu stehen, findet die Gelegenheit, seinem unregelmäßigen
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